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Unbewältigte Vergangenheit
#2
Was da in Deutschland abgeht, ist ein generelles Versagen der Politik. Es ist klar, dass Seehofer hier Wasser auf die Muehlen der Populisten gibt, und ich bin mir nicht sicher, ob er davon selbst profitieren wird. Wobei ich jetzt nicht weiss, ob er sich nicht eventuell doch differenzierter aeussert, als die Medienberichte den Anschein geben. Dort beobachtet man oft, dass Politker-Aussagen entstellend verkuerzt werden, um einen gewissen Effekt zu verstaerken. Keine Ahnung, ob das bei Seehofer der Fall ist.

Allerdings wuerde ich hier das Versagen auf beiden Seiten sehen. Wenn dargestellt wird, dass die Genfer Konvention oder unser Grundgesetz Deutschland so quasi dazu verpflichtet, jeden Fluechtling bedingungslos aufzunehmen, so ist das schlicht falsch. Die Deutschen haben eine Verpflichtung zu helfen. Eine Verpflichtung, die Grenzen zu oeffnen und Hunderttausende von Leuten, die jetzt unregistriert irgendwo in Deutschland versackt sind, hereinzulassen, ist mit der Bestimmung im Grundgesetz definitiv nicht gemeint. Im Prinzip ergibt sich daraus nicht mal eine Verpflichtung, ueberhaupt auch nur eine einzelne Person hereinzulassen (wenn man den Text liest, laesst das GG eine moegliche "Obergrenze" von 0 zu). Diese maximalistische Falschdarstellung traegt im Prinzip genau so zum Hochkochen der Situation bei wie ein Herr Seehofer; der uebrigens auch 200.000 Fluechtlinge pro Jahr aufnehmen will, was ja nicht gerade nichts ist.

Insofern finde ich einige der Berichterstattungen hier auch nicht hilfreich. Als Ungarn Stacheldraht an der Grenze ausrollte, war der Aufschrei gross. Dabei ist Ungarn an der Schengen-Aussengrenze und vertraglich dazu verpflichtet, niemanden unkontrolliert ueber die Grenze zu lassen; was meist bei der Berichterstattung ausgelassen wurde und so erst recht polarisierend wirkte. Merkel hat ja diese Woche endlich mal darauf hingewiesen, dass Fluechtlinge kein Recht darauf haben, sich auszusuchen, wo sie hingehen duerfen. Dieses Recht haben sie in der Tat nicht.

Ansonsten kocht in Deutschland jetzt sowieso nur jeder sein politisches Sueppchen auf der Situation. Im Prinzip haben groessere Teile Europas laengst beschlossen, dass Deutschland unfaehig ist, mit dieser Angelegenheit auch nur annaehernd rational umzugehen, weshalb sie einfach Fakten geschaffen haben. Durch diese Fakten ergeben sich fuer Deutschland uebrigens rein praktisch Obergrenzen, zumindest bis die Fluechtlinge Alternativrouten ueber Italien oder sonstwo aufgemacht haben. Die Entscheidung ueber Obergrenzen ist Deutschland faktisch also laengst abgenommen. Deutschland muss jetzt entscheiden, wie viele Fluechtlinge es aktiv ins Land bringt. Ob man das nun Obergrenze nennt oder nicht ist dabei ziemlich belanglos.

Tl;dr: Ja, Deutschland hat eine historische und verfassungsmaessige Pflicht, Kriegsfluechtlingen zu helfen. Einfach die Grenzen aufzulassen ist damit nicht gemeint.
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Unbewältigte Vergangenheit - von Ekkard - 08-03-2016, 19:24
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Ulan - 09-03-2016, 11:45
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Ekkard - 09-03-2016, 21:10
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Ulan - 09-03-2016, 22:17
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Ekkard - 09-03-2016, 23:38
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Ulan - 10-03-2016, 09:07
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von d.n. - 10-03-2016, 13:32
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von petronius - 31-03-2016, 15:29
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RE: Unbewältigte Vergangenheit - von petronius - 31-03-2016, 15:40
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Gerhard - 17-04-2016, 18:48
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Gerhard - 17-04-2016, 19:21
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Sinai - 17-04-2016, 22:02
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Gerhard - 17-04-2016, 20:18
RE: Unbewältigte Vergangenheit - von Gerhard - 19-04-2016, 00:14

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