Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 1 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Vom Polytheismus zum Monotheismus
#7
(23-04-2016, 22:58)Sinai schrieb:
(23-04-2016, 21:43)recru443 schrieb:
Zitat:Das Opfern ist jedoch eine erregungsabführende Handlung, und vielen fiel es schwer, davon zu lassen; 

Wie ist das zu verstehen ?

Wer opferte, wollte sich von seelischer Unruhe „erleichtern“, die etwa durch unerklärliche Himmelserscheinungen oder einfach durch Sorge um Sicherheit, Nachwuchs und Wohlstand verursacht worden war. Sie führte - wie heute nicht anders - zu Stress, Anspannung (bis hin zu Schockstarre) oder Wut (bis hin zur Aggression). Beim Opfern verdampfte quasi diese innere Erregung, sie wurde mittels des Rituals ausagiert: die eigene Pein wurde am geopferten Lebewesen ausgelassen – und brachte dem Opferer psychischen Genuss ein. Deshalb wollten sich viele davon nicht lösen, auch weil die Alternative sehr viel anspruchsvoller war (und ist): Vergeistigung dessen, was einen seelisch so erregte. Zu dieser Alternative griffen die Juden, was ihr gewaltiges geistiges Erbe erklärt sowie ihren Ruf als „Volk des Buches“.


(23-04-2016, 23:19)Ulan schrieb:
(23-04-2016, 21:43)recru443 schrieb: Sie fanden genau genommen weniger den Polytheismus attraktiv, als vielmehr den Opferkult. Das Judentum ist im Kern eine Bewegung gegen das Opfer gewesen; zahlreiche Prophetenbotschaften fordern dazu auf, den Kult zu verwerfen (Jeremia 7:30–31, Jesaja 1:11–13 u. a.). Das Opfern ist jedoch eine erregungsabführende Handlung, und vielen fiel es schwer, davon zu lassen; obendrein brachte das Nichtopfern den Juden schon sehr früh den Groll der opfernden Umwelt ein.
Der juedische Opferkult endete erst mit der Zerstoerung des Tempels in Jerusalem im Jahre 70 AD, war also in der gesamten Makkabaeer-Zeit und noch danach sehr lebendig. Der Groll der Umwelt bezog sich lediglich darauf, dass den anderen Goettern der Respekt verweigert und damit der Allgemeinheit Schaden zugefuegt wurde. Auch waren die Opfer unterschiedlich. In den kanaanitischen Riten (also auch dem juedischen Kult) wurden die Opfer komplett verbrannt, waehrend es bei den Griechen ueblich war, nur Teile zu verbrennen und den Rest kultisch zu verspeisen; es war letzteres, was den Juden zuwider war.

Dass der im Jahre 70 zerstörte Jerusalemer Tempel eben der letzte war, zeigt, wie sehr der mit ihm verbundene Kult längst an Ansehen verloren hatte. Allein die aus dem Exil Zurückgekehrten fühlten sich ihm verbunden – die Diaspora folgte der opferkritischen Richtung. Daher war für das pharisäische Judentum die Zerstörung des Tempels keineswegs eine Katastrophe, wie es eine Anekdote über einen seiner wichtigsten Gelehrten ausdrückt: „Einmal, als Rabbi Jochanan ben Zakkai von Jerusalem kam, folgte ihm Rabbi Jehoschua und erblickte den Tempel in Trümmern. ,Wehe uns‘, rief Rabbi Jehoschua, ,daß der Ort, an dem die Ungerechtigkeiten von Israel gesühnt wurden, verwüstet ist.‘ – ,Mein Sohn‘, erwiderte Rabbi Jochanan, ,sei nicht betrübt. Wir haben eine andere Sühne, so wirkungsvoll wie diese. Und worin besteht sie? In den Taten der Liebe, wie gesagt ist: Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer.‘“

Ausführlich dazu siehe die oben genannte Literatur
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Vom Polytheismus zum Monotheismus - von Bion - 15-06-2015, 21:12
RE: Vom Polytheismus zum Monotheismus - von recru443 - 24-04-2016, 16:29

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Interreligiöse Dialoge Monotheismus/Polytheismus Völuspa 34 41831 03-05-2017, 00:25
Letzter Beitrag: Bion
  Echnaton und Monotheismus Koon 54 73752 09-07-2014, 21:34
Letzter Beitrag: Ekkard

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste