(04-09-2017, 23:52)Sören schrieb: ich bin grad neu dazugestoßen und wollte gleich vorweg schon einmal anbieten, dass ich gerne für alle Fragen bezüglich der Bahá'í-Religion ansprechbar bin, dalls welche auftauchen sollten. Ich weiß ja nicht, wie viele Bahá'í hier im Forum unterwegs sind und wie aktiv die sind, ich jedenfalls habe vor, mich hier längerfristig einzurichten, und bin absolut schmerzbefreit, was (kritische) Fragen angeht
Ok, dann stelle ich mal einige Fragen, die mich interessieren:
Wieso kritisieren Bahai die Vorstellung der einzelnen Religionen, dass die jeweilige Religion den letzten Propheten kennt und danach nichts mehr kommt, während sie selbst behaupten, Baha'u'llah wäre der letzte Prophet in einem bestimmten Zeitabschnitt. Die Historie hat doch gezeigt, dass Gott immer einen neuen Propheten schickt und meistens anders als die Erwartungen der jeweiligen Religion. Wenn in 500 Jahren ein neuer Prophet kommt, würden die Bahai ihn genauso ablehnen wie das Judentum Jesu, das Christentum Mohammed und der Islam den Baha'u'llah.
Wie kommt es, dass die Bahai Religion den Eindruck erweckt, dass sie eigentlich in allen Religionen Eine Religion sehen, eben nur zeit- und kulturbedingt anders geformt, gleichzeitig aber für die administrativen Rechte verlangt, dass jemand aus seiner alten Religion austritt. Damit zeigt sich auch hier das "meine Wahrheit vs. deine Wahrheit" Denken. Wenn Bahai wirklich überzeugt davon sind, dass alle Religionen Religionen des einen Gottes sind, stellt sich die Notwendigkeit eines Austritts gar nicht.
Wieso weichen in manchen Bahai-Videos zum langen Pflichtgebet die Gesten von den Beschreibungen ab, die man zum langen Pflichtgebet findet; wurden die Gesten nicht vom Religionsstifter eindeutig offenbart?
Nimmt die Bahai Religion das Selbstverständnis der anderen Religionen als solches an oder strickt sie einen eigenen Mythos zu diesen Religionen, um eine eigene Historie zu konstruieren? Ich denke da nur an die armseligen Versuche seitens des Islam, das Christentum völlig umzudeuten, mit etlichen theologischen Fehlern im Hinblick auf die Dreifaltigkeit. Die Frage ist also: nimmt das Bahaitum die anderen Religionen an oder bastelt es seinen eigenen Mythos über die Religionen?
Wieso haben Bahais die gleichen Probleme mit Homosexuellen wie jede andere Religion, während viele Bahais gleichzeitig die Einführung der sog. "Homo Ehe" gefeiert haben? Wäre es nicht sinnvoll, auch weil Bahai immer Wissenschaft und Glaube in Einklang bringen wollen, die rigide Untersagung der Homosexualität abzuschaffen? Damit meine ich jetzt nicht, dass Homosexualität hinreichend erforscht ist, aber zumindest ist es wissenschaftlicher Konsens, dass jemand, der seine Sexualität unterdrückt, damit seiner Psyche nicht langfristig etwas Gutes tut.
Wieso sind in einer Religion, die sich der Gleichberechtigung von Mann und Frau verschrieben hat, nur Männer im Leitungsorgan? Das wäre doch der Ort, wo gezeigt werden könnte, dass man Gleichberechtigung wirklich lebt.
Mir scheint, die Bahai Religion war in dieser Form ein Befreiungsschlag von alten religiösen Denkmustern im islamisch geprägten Iran, ähnlich wie das Christentum das für das Judentum war, aber letztlich ist es dann doch in diesem Denken noch verblieben. Man könnte also meinen: so wie Jesus kam, um Nord- und Südreich Israel zu verbinden und die Gottesbeziehung in den Mittelpunkt zu rücken, kam für die Schiiten der Baha'u'llah, um viele Zwänge des Islam aufzuheben - dennoch sind die Bahai darin noch verwurzelt. Es fehlt also quasi ein Prophet für alle Menschen, der eben nicht in diesem Kontext steht. Der kann aber lt. Bahai Auffassung nicht kommen, weil die 1000 Jahre noch nicht rum sind. Verrückt, oder?