Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Konversion
#30
(13-09-2017, 09:32)sanctus schrieb: Schau doch mal in den Osten Deutschlands, wo durch die DDR der Glaube größtenteils unterdrückt wurde. Das Christentum ist den Menschen dort genauso fremd wie jede andere Religion.

Und doch feiern sie Weihnachten.

Ich glaube, wir reden hier ein wenig aneinander vorbei. Auch die meisten Glaeubigen haben im allgemeinen keine Details ihrer Religion im Hinterkopf, wenn sie sich zu dieser bekennen. Das Spektrum reicht da vom Glauben an die versprochene Auferstehung wegen der Erloesungstat Jesu durch seinen Opfertod bis hin zum "Bergpredigts-Christen", woran dann letztlich auch weitergehende Sozialvorstellungen geknuepft sind. Jesus als Kaempfer gegen Ungerechtigkeit und fuer Barmherzigkeit ist eine Pop-Figur, die weit ueber den Kreis der Glaeubigen hinaus wirkt.

(13-09-2017, 09:32)sanctus schrieb: Klar, wenn ich mir irgendwas ausdenke, ist mir das nicht fremd.
Aber wenn mal den Menschen versuchst, die theologischen Erklärungen (die ja völlig uneinheitlich sind) nahezubringen, werden die meisten das ziemlich exotisch finden. Für viele ist es ja bereits ziemlich exotisch und unverständlich, wieso ein Menschenopfer in einer Religion, die sich dem guten Gott verschrieben hat, eine Glaubensgrundlage darstellt und wie ein Gott, der seinen Sohn opfert, ein guter Gott sein kann.

Das ist es, was ich mit "aneinander vorbei Reden" meinte. "Exotisch" ist es nicht, was Du da beschreibst. Ich wuerde, ganz im Gegenteil, mal schlicht behaupten, dass diese Geschichte vom Opfertod Jesu rein gar nichts Exotisches an sich hat, weil sie so gut wie jeder kennt. Sie ist Allgemeingut. Was Du hier beschreibst ist, dass die ethischen Vorstellungen unserer Zeit und diejenigen in den christlichen Schriften schon seit einiger Zeit auseinanderklaffen, was unter anderem dazu fuehrt, dass viele Menschen dem Glauben den Ruecken kehren. Nur, exotisch ist daran gar nichts; dies ist geteiltes Allgemeinwissen. Wie sehr wir diese Dinge verinnerlicht haben, sieht man doch daran, dass fast niemand das im Prinzip kannibalistische Ritual, das im Zentrum des Gottesdiensts steht, thematisiert; das wird nicht einmal mehr wahrgenommen, oder falls es doch wahrgenommen wird, als symbolisch wegerklaert (fuer Lutheraner theologisch korrekt, fuer Katholiken falsch).

Diese Selbstverstaendlichkeit im Umgang mit, wenn man darueber nachdenkt, ziemlich abstrusen Kern-Details des Glaubens zeigt doch gerade, wie verinnerlicht die ganze Sache in unserem Kulturkreis ist.

(13-09-2017, 09:32)sanctus schrieb: Natürlich ist es ein Wesen der kirchlichen Dogmatik, dass sie einen inhaltslosen Rahmen bietet, der dann beliebig mit Inhalt gefüllt wird. Im allgemeinen werden die konkreten Glaubensinhalte auch gar nicht thematisiert, sondern Kirche beschränkt sich auf seine caritative-soziale Funktion. Wenn man mit Christen dann ins Gespräch kommt, stehen die wenigsten sowieso hinter ihrer Kirche, sondern sind eher Mitglied, weil sie mal als Kind getauft wurden oder aufgrund sozialer Aspekte nicht aussteigen wollen.

Sicher. Wenn es den Menschen gut geht, laesst die Bindung nach. In den USA ist die Bindung an Kirchen unter anderem deshalb staerker, weil sie dort zum Teil fehlende Sozialleistungen ersetzen. Bei uns haben zwar viele Kindergaerten auch kirchliche Traeger, in den USA wird aber erwartet, dass man Gemeindemitglied ist oder wird, wenn man den Kindergarten in Anspruch nehmen will.

(13-09-2017, 09:32)sanctus schrieb: Diese Beschreibung trifft es glaube ich nicht. Kein Mensch sucht für seine religiöse Orientierung nach irgendeiner Abspaltung in einer möglichst abgelegenen Religion.
Das Bahaitum ist genauso wie jede andere Religion auch in unserer Kultur präsent. Durch Menschen, Literatur, Religionswissenschaft, Angebote. Darüber kommen Menschen in Kontakt - und damit spielt sich erstmal alles in unserem Kulturkreis ab.

Wieviele Bahai gibt es in Deutschland? Wikipedia nennt 5600 fuer 2012. Meinetwegen koennen wir das auf 10000 aufrunden. Mein kleines Heimatkaff war groesser. Von "praesent" kann man da nur bedingt sprechen. In Zeiten des Internets werden natuerlich auch winzige Splittergruppen etwas sichtbarer, aber ich denke nicht, dass die meisten Menschen ueberhaupt wahrnehmen, dass diese Glaubensgemeinschaft existiert.

(13-09-2017, 09:32)sanctus schrieb: Man kann zudem inhaltlich leichter mit den Baha'i's in Berührung kommen, weil sie sich kulturell anpassen: die Schriften in Deutsch verfügbar, die Gebete sind in Deutsch usw usf. Es gibt keine kulturellen Spezialitäten, die mit dem Leben hier kollidieren würden, was beispielsweise anders als der Islam ist, der seine kulturell und zeitbedingten Normen immer noch für Gottes Wort hält und sie hier durchsetzen will.
Das Bahaitum ist also am Ende gar nicht so exotisch, bestenfalls etwas unbekannt. Gerade auch weil die Bahai's nicht missionieren.

Die Anerkennung einer zweiten Wiederkunft Christi in Form eines Manns aus Persien ist fuer mich ein exotischer Gedanke. Wer schon Christus ablehnt, obwohl der noch den Vorteil hat, dass aufgrund der fehlenden Quellen seine Existenz nicht unter die Lupe genommen werden kann, der wird gewiss nicht auf den Glauben an so etwas umschwenken. Missionierung funktioniert uebrigens selten ueber die Vermittlung von Glaubensgrundsaetzen. Wer sehen will, wie man so etwas erfolgreich durchzieht, kann sich die Tricks der Mormonen in Lateinamerika anschauen; da werden Glaubensgrundsaetze bewusst ausgespart. (Nicht dass ich hier Bahai mit Mormonen vergleichen will; es geht hier nur um den Konversionsaspekt).

Was Du hier als nicht exotisch beschreibst, gilt wohl fuer die Soziallehre der Bahai. Mit den Schriften einer Religion kann man sich natuerlich gerne befassen.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Konversion - von layken - 20-04-2017, 13:22
RE: Konversion - von Sinai - 20-04-2017, 13:58
RE: Konversion - von layken - 20-04-2017, 16:16
RE: Konversion - von Sinai - 20-04-2017, 19:12
RE: Konversion - von Ekkard - 21-04-2017, 00:46
RE: Konversion - von Sinai - 23-04-2017, 08:38
RE: Konversion - von Ulan - 23-04-2017, 14:50
RE: Konversion - von Sinai - 23-04-2017, 16:39
RE: Konversion - von Bion - 21-04-2017, 10:37
RE: Konversion - von Sören - 05-09-2017, 00:07
RE: Konversion - von Ulan - 06-09-2017, 14:05
RE: Konversion - von aion - 07-09-2017, 05:54
RE: Konversion - von Ekkard - 07-09-2017, 19:12
RE: Konversion - von Sören - 08-09-2017, 15:40
RE: Konversion - von Ulan - 09-09-2017, 13:40
RE: Konversion - von aion - 10-09-2017, 09:46
RE: Konversion - von Ulan - 10-09-2017, 10:56
RE: Konversion - von aion - 10-09-2017, 12:32
RE: Konversion - von Ulan - 10-09-2017, 13:11
RE: Konversion - von Sören - 11-09-2017, 18:39
RE: Konversion - von Ulan - 11-09-2017, 19:55
RE: Konversion - von aion - 12-09-2017, 06:37
RE: Konversion - von Ulan - 12-09-2017, 09:02
RE: Konversion - von Sören - 12-09-2017, 09:50
RE: Konversion - von Ulan - 12-09-2017, 10:55
RE: Konversion - von aion - 13-09-2017, 09:32
RE: Konversion - von Ulan - 13-09-2017, 11:36
RE: Konversion - von Sören - 10-09-2017, 13:08
RE: Konversion - von Ulan - 12-09-2017, 10:21
RE: Konversion - von aion - 13-09-2017, 10:58
RE: Konversion - von Ulan - 13-09-2017, 11:46
RE: Konversion - von Sören - 13-09-2017, 21:50
RE: Konversion - von Ulan - 13-09-2017, 22:23
RE: Konversion - von Sören - 13-09-2017, 23:38

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste