(25-10-2018, 18:20)Ekkard schrieb: Es geht um die Teilnahme an der Eucharistie (Abendmahl) von wiederverheirateten Geschiedenen
Ich kann mir schwer vorstellen, daß dieses Thema dazu führen kann, daß ein Kollektiv von 62 Gläubigen einem Papst öffentlich den Vorwurf macht, "Häresien" (pl.) zu verbreiten.
Häresie ist ein extremer Vorwurf gerade in der Katholischen Kirche, wo traditionell der Scheiterhaufen darauf stand
Der Vorwurf, Häresien zu verbreiten, ist so ziemlich der schwerste Vorwurf, dem ein Papst von katholischen Gläubigen gemacht werden kann.
Da muß wohl ein tiefer Konflikt dahinter stecken
Nun habe ich mir die Mühe gemacht, im Wikipedia eine Übersicht über das päpstliche Schreiben zu lesen (der Originaltext ist mir zu lange)
"Sechstes Kapitel
. . . es sei aber nicht möglich, „Verbindungen zwischen homosexuellen Personen der Ehe gleichzustellen“. Bestrebungen internationaler Organisationen, „die Finanzhilfen für arme Länder von einer Einführung der ‚Ehe‘ unter Personen des gleichen Geschlechts in ihrer Gesetzgebung abhängig“ machen, werden als unannehmbar zurückgewiesen.
Achtes Kapitel
. . . die Eucharistie sei „nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen“. Eine Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion wird hier weder explizit befürwortet noch ausgeschlossen."
Amoris laetitia - Wikipedia
Im Achten Kapitel hat der Papst tasächlich zum Thema der wiederverheirateten Geschiedenen Stellung bezogen, aber offenbar mit sehr diplomatischer (zweideutiger) Wortwahl ohne explizite Meinung. Die Wertung der Aussage des Papstes durch die Brille eines Autors dieses Wikipedia Artikels scheint mir allerdings zu vage zu sein, nun werde ich mir halt schon die Mühe machen müssen, die Aussage des Papstes im Originaltext zu lesen.
Ganz abgesehen davon ist doch einem Geistlichen gar nicht bekannt, wer unter den Kommunionsbesuchern "wiederverheiratete Geschiedene" sind - die tragen ja kein sichtbares Kennzeichen um den Hals. Es wäre früher um 1900 in einer katholischen Landgemeinde möglich gewesen, diese Leute zu kennen und ihnen die Kommunion zu verweigern, aber damals gab es übrigens keine Ehescheidung in katholischen Staaten. Somit stellte sich damals die Frage nicht. Heute gehen aufgrund der Mobilität durch das Automobil Menschen gerne am Ort des Ausflugsziels in die Messe wo sie keiner kennt und wo der Geistliche keine Ahnung hat, wer von den Kommunionsbesuchern ein wiederverheirateter Geschiedener ist - somit ist das leeres Stroh dreschen
Das Sechste Kapitel ist schon ein konfliktreicheres Thema. Da aber der Papst gegen die Homosexualität Stellung nimmt, vertritt er doch meines Erachtens die katholische Position.
Somit vermute ich, es geht gar nicht um Amoris laetitia - es ist ein Stellvertreterkrieg
Es kann ja sehr gut sein, daß es in Wahrheit um das Thema Migration geht
Die jesuitische Position ist hier sehr weltoffen; in der Tat waren es die Jesuiten die mit der Mission Chinas, Südamerikas, Afrikas begannen.
Der Jesuit Jorge Bergoglio (Papst Franziskus) hat das Jahrhundertthema Migration zu einem der Pfeiler seines Pontifikats gemacht:
"Merkel hingegen hat im Jesuiten Jorge Bergoglio einen Verbündeten und eine moralische Stütze für ihre Politik ausgemacht. ( . . . )
Es ist in erster Linie die Realität, die Merkel und Franziskus zusammengebracht hat. Er hat das Jahrhundertthema Migration zu einem der Pfeiler seines Pontifikats gemacht, sie handelt als Kanzlerin und Weltpolitikerin politische Lösungen in der Flüchtlingskrise aus."
Angela Merkel und Papst Franziskus: Viva Frangela! | ZEIT ONLINE
25.06.2017
Der General der Jesuiten schrieb:
"Ich bin nicht überrascht, dass Angela Merkel in dieser Zeit der riesigen Zwangsmigration der mutigste und visionärste Führer in Europa war. Sie hatte das Mitleid, jene zu betrachten, die in Not waren, und die Vision zu sehen, dass diese Leute einen Beitrag für Deutschland und Europa leisten würden."
Der General der Jesuiten über Angela Merkel – gloria.tv
09.03.2017
Doch sehen wir in die Geschichte.
Jedenfalls ist es erstaunlich, daß in all den Jahrhunderten kein einziger Jesuit Papst wurde.
Warum eigentlich nicht?
Bisher vermutete ich immer, daß zwischen 1600 und 1900 eine Handvoll Päpste Jesuiten waren - nun lese ich zu meinem Erstaunen, daß der jetzige Papst der erste Jesuit ist
Und daß die Jesuiten aus den katholischen Königreichen Portugal und Spanien vertrieben wurden, ist ebenfalls sehr auffällig
Daß die Jesuiten von den Protestanten angegriffen wurden, ist eigentlich uninteressant da selbstverständlich.
Aber Vertreibungen in kath Königreichen und Heräsievorwürfe von katholischen Gläubigen sind alarmierende Zeichen
Noch nie seit 500 Jahren hatten Katholiken gegenüber einem Papst eine Zurechtweisung ausgesprochen. Der letzte Katholik der etwas in dieser Art tat, war der Mönch Martin Luther. Schon die Wortwahl "Zurechtweisung" ist auffällig und eigentlich eine gezielte Provokation. Zurechtweisen kann nur der Ältere das Kind, der Vorgesetzte den Untergebenen, der Ranghöhere den Rangniedrigeren. Niemals kann ein gläubiger Katholik einen Papst zurechtweisen, denn dessen religiöse Meinung gilt laut kirchlichem Dogma als unfehlbar
Da muß er erst aus der Kirche austreten um dadurch nicht mehr an das Dogma gebunden zu sein; dann ist aber seine religiöse Meinung als Außenstehender betreffend die religiöse Meinung des Papstes nicht mehr relevant.
Was beabsichtigten diese 62 Gläubigen wirklich?
A) Ist es eine Auflehnung gegen das Dogma der Unfehlbarkeit,
B) Ist es ein verdeckter Angriff auf das Jahrhundertthema Migration,
C) Ist es ein prinzipieller Angriff gegen die Jesuiten,
C) Ist es wirklich nur eine Auflehnung gegen das päpstliche Schreiben Amoris laetitia,
Eine Kombination aus B+C erscheint mir am wahrscheinlichsten.