(23-03-2020, 04:46)Ulan schrieb: Das "Mainstream"-Judentum wurde auch zu Zeiten Jesu und auch schon in der Makkabaeer-Zeit von den Pharisaeern vertreten. Die Sadduzaeer - meist wohl Vertreter der Oberklasse - waren wohl immer in der Minderheit und mussten, ausser unter einigen Herrschern, auf pharisaeische Positionen, die im Volk grossen Rueckhalt hatten, Ruecksicht nehmen.
Zur Zeit des Tempels regierten die Hohepriester und damit die Sadduzäer !
Dass die Sadduzäer ein zahlenmäßig kleiner Priesteradel waren, tut nichts zur Sache.
In einem hierarchischen Gottesstaat spielt die Mehrheit (die offenen und heimlichen Anhänger der Pharisäer) keine Rolle.
Daß die Masse der Juden mit den Pharisäern liebäugelte, mag schon richtig sein (obwohl die Pharisäer mit ihren überbordenden Speisevorschriften sehr vielen Juden auf die Nerven gingen).
Aber der Tempel war sadduzäisch und der Sanhedrin wurde von den Sadduzäern beherrscht (gleichwohl einige Pharisäer im Sanhedrin saßen)
Natürlich nahmen die den Tempel Beherrschenden Rücksichten auf einzelne pharisäische Positionen, um das Faß nicht zum kochen zu bringen. Dem Volk wurde der Glaube an Auferstehung und Engel gelassen (geduldet), obwohl die Sadduzäer dies ablehnten
Erst nach der Zerstörung des Tempels durch die Römer im Jahre 70 waren die Sadduzäer entmachtet und spielten wenig Rolle im Diasporajudentum. Denn die Sadduzäer hatten - auch um ihr Machtmonopol zu sichern - generationenlang gepredigt, dass der Tempelkult ausschließlich im Tempel von Jerusalem nöglich ist.
Mit dem Ruin der Sadduzäer wurden die Pharisäer relativ wichtiger - und nach einigen Jahrhunderten waren sie die Herren der Diaspora
Ein jahrhundertelanger Kampf im Untergrund zwischen Pharisäern und Sadduzäern begann.
Dieser intellektuelle Kampf spiegelt sich in den berühmten Responsen des RaMBaM wider
Schon zur Zeit des RaMBaM hatten die Sadduzäer den Kampf um die Hegemonie im Judentum längst verloren, aber sie kritisierten gerne die Lehre der Pharisäer, die in den Talmud gemündet war
Es war ein intellektueller Kampf, der immer leiser wurde

