(11-04-2020, 11:13)Davut schrieb: Das Urchristentum ist historisch gut erforscht. Danach gab es bis zur Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch Titus (70 n. Chr.) zwei etwa gleichstarke Gruppen: Die Petrus/Jacobus Gruppe der Judenchristen - und die Paulus-Gruppe der Heidenchristen außerhalb Jerusalems.
Eh, nicht ganz. Erstens heisst "historisch erforscht" meist "ich habe die Apg und die Paulusbriefe gelesen", auch bei Neutestamentlern. Ausserdem war die Gemeinde in Antiochien, der alten Hauptstadt der Seleukiden, anscheinend eine Petrus-Gruendung. Zumindest waren da wohl auch laut Apg beide taetig, und das dortige Patriarchat (oder besser: die drei Nachfolgepatriarchate) fuehrt seine Gruendung auf Petrus zurueck.
Was Urchristen tatsaechlich glaubten, ist ein wenig kompliziert zu erschliessen, wenn man der Apg nicht traut - was ich nicht tue. Wenn man z.B. dem Teil der Neutestamentler folgt, die die Didache fuer ein sehr fruehes christliches Zeugnis halten, so finden wir darin eine Eucharistiefeier, die ganz ohne die Blut- und Fleisch-Symbolik auskommt und einfach ein formelles Mahl mit Brot und Wein darstellt, sowie eine Christusverehrung ohne Kreuzestod und ohne Auferstehung. Das laesst also auch hier durchaus Platz fuer eine "Kunstfigur".


