04-10-2020, 21:32
(04-10-2020, 17:00)Ulan schrieb: Nun, ich gehe mal davon aus, dass die Frage sich an Leute richtete, die erst einmal grundsaetzlich daran glauben, dass die Texte wahre Begebenheiten schildern.
Der Threadsteller richtet sich an Gläubige wörtlicher Bibeltreue, das ist richtig. Aber er räumt selber ein, dass die Bibel grundsätzlich "selektiv" wahrgenommen wird und nennt auch so sein Thema:
Zitat:Günter schreibt: "Selektive Bibelauslegung " ist unter vielen Christen, Gemeinden und Hauskreisen sehr weit verbreitet.
Das allein ist schon das Todesurteil jedes unbefangenen Umgangs mit den Texten. Der Mensch ist psychologisch prädestiniert
- selektiv zu sehen (Der Müllwerker sieht auf der Strandpromenade z.B. in erster Linie Mülleimer, nicht die schönen Villen),
- selektiv zu lesen (der Wissenschaftler überfliegt einen fremden Text und liest dabei intensiv und bewußt nur Fakten seines eigenen Fachgebiets)
- selektiv zu hören: der sogenannte Cockailparty-Effekt. In einer geräuschvollen vielstimmigen Kulisse hört er nur auf die gesprochenen Passagen seines Interesses. Dafür hat uns die Natur sogar mit zwei Ohren ausgerüstet, die unterschiedlich intensiv hören und Unerwünschtes unterdrücken können. Beispiel: Man redet über mich und ich filtere mit einem Ohr alles andere heraus. Beachte die Lauschrichtung von Pferdeohren! "Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand."
Zitat:Günter schreibt: Das läuft dann sehr oft nach folgendem beschriebenen Muster ab: Ich vertrete eine bestimmte Meinung und suche einen passenden Bibelvers, der meine Meinung bestätigt, zur Begründung heraus.
Und daraus resultiert dann die Überzeugungsarsarbeit des "Bibelsachverständigen", der in beharrlicher Fleißarbeit reihenweise passende Bibelfundstellen auf Punkt und Komma genau präsentieren kann. Dabei weiß er nicht oder verdrängt, dass die Texte, auf die er sich beruft, in sich schon keine echte Autorität haben. Das kann auch durch "Exegese" nicht kompensiert werden. Der Mensch braucht keine Exegese, die andere Texte (dazu noch voreingenommen) "erklärt". Sonst müsste er sich ständig zwei Bücher kaufen: eines, das er liest und ein anderes, das das gelesene erklärt.
MfG
