(14-07-2021, 18:28)petronius schrieb: gut gesagt!
nur bleiben dann natürlich auch die neutestamentlichen verweise darauf unverständlich
Soll es ja im Prinzip auch. Sinais Reaktion da ueber mir ist in gewisser Hinsicht symptomatisch dafuer, dass gewisse Wurzeln systematisch gekappt wurden. Das Christentum hat ueber die fruehchristlichen Vorstellungen dann seine eigenen gestuelpt, die erst im Laufe der nachchristlichen Jahrhunderte entwickelt wurden und die frueheren Vorstellungen ersetzten. Bei einigen Texten reichte die Einfuegung eines oder nur weniger Worte, um die Interpretation in die "richtige" Richtung zu lenken. Gerade der Beginn und das Ende der Texte sind da immer etwas suspekt in dieser Hinsicht. Das ist auch bei juedischen Texten so (siehe Kohelet).
(14-07-2021, 18:28)petronius schrieb: auch interessant
wie generell die frühchristliche entwicklung bis zum trinitätsdogma von nikaia sicher einer eingehenderen betrachtung wert wäre
Ja sicher. Ich habe mich nur schon vor so langer Zeit damit ausfuehrlicher beschaeftigt, dass mich das Thema eher langweilt. Im Endeffekt ist die Trinitaetsformel ein politischer Kompromiss. Das Ziel war, die vollkommen unterschiedlichen und sich widersprechenden Christusvorstellungen der vier kanonischen Evangelien unter einen Hut zu bekommen, also eine Formel zu finden, unter der jedes dieser vier Evangelien gerade noch so den Stempel "orthodox" aufgedrueckt bekommen kann. Das funktioniert bei den meisten von uns zu einem gewissen Grad, was ich, denke ich, auch in Deinen Antworten zum Teil gesehen habe.
Die schwurbeligen Formulierungen sind zum Teil gewollt. Der Logos zu Beginn des Johannesevangeliums ist im Prinzip ein separater Gott (manche christlichen Richtungen legen ja auch auf das Erwaehnen des unbestimmten Artikels wert, der da im Original steht, was uns dann mit "und das Wort war ein Gott" konfrontiert). Das Trinitarische an der Formulierung haengt wieder mal stark von Interpretation ab. Die Debatten darueber werden auch heutzutage noch heftig gefuehrt. Wer da Recht hat? Wer weiss.
Du hattest Dich auch an meiner Formulierung gestossen, dass Jesus der praeexistente Logos war, da Jesus ja erst bei der Fleischwerdung des Logos zum Gott wurde; das ist aber auch schon trintarisch interpretiert. Der Evangelist Johannes legt wert darauf, die Taufe durch Johannes aus dem Gedaechtnis zu tilgen (Johannes der Taeufer dient nur als Bestaetiger der Goettlichkeit), da das seiner Idee von Jesus als dem praeexistenten Schoepfergott vollkommen zuwiderlaeuft. Es kann schon interessant sein, die Evangelien zu lesen, ohne dass man die von Kindheit an erlernte Gesamtinterpretation der vier Texte als "das Evangelium" beim Lesen gleich hineinsteckt. Vor allem beim ersten und beim letzten Evangelium kann man da einiges entdecken. Und Lukas ist dann noch eine ganz andere Geschichte. Aber das gehoert dann nicht mehr hier hin.

