12-12-2021, 00:17
@Reklov: Ich nenne die Vorstellung von einem irdischen Paradies kitschig, weil sie - genau betrachtet - auf der Idee beruht, dass der Mensch die existierende Natur (insbesondere seine eigene Natur) abschafft und durch eine nach seinen Vorstellungen maßgeschneiderte ersetzt. Hier geht es nicht mehr darum, dass er sich einen Schöpfergott vorstellt, sondern er selbst macht sich zum Schöpfergott und schafft sich eine neue Natur nach seinen Wünschen. Beginnend damit, dass er erst mal sich selbst gleich milliardenfach als quasi "neuen Menschen" neu erschafft, per Willensakt, einfach so. Ist er noch ambitiöser, so ersetzt er den real existierenden Löwen durch einen vegetarischen Löwen nach seinem Geschmack, wie es Jesaja explizit getan hat, usw. Veganer wollen die Raubtiere Hund und Katze, die sie als Haustiere halten, strikt vegan ernähren - die Natur hat sich gefälligst anzupassen. Das alles, besonders deutlich bei Jesaja, ist die kindische Weigerung, die Natur so wie sie ist zur Kenntnis zu nehmen und ernst zu nehmen. Nichts gegen süße Träume, solange man nicht vergisst, dass es Träume sind. Gegen solches Vergessen wandte sich Heraklit. Man braucht seinen sehr polemischen Geist nicht zu mögen, aber wo er Recht hat, hat er Recht.
Selbstverständlich ist es angebracht, anderen nicht schaden zu wollen. Aber du schreibst - als Voraussetzung fürs "Paradies" - vom "unbedingten Willen, seinen Mitmenschen in keiner Weise zu schaden". Und da ist er schon, der utopische Geist, der die komplexesten Probleme mit simpelsten Formeln bewältigen will: "Leute, seid einfach gut, dann wird alles gut." Einen unbedingten Willen gibt es nicht. Alles in dieser Welt ist bedingt, und der menschliche Wille ganz besonders. Wer glaubt, unbedingt wollen und unbedingt handeln zu können, der verkennt die prinzipielle Bedingtheit allen menschlichen Tuns. Wenn der Mensch ins Unbedingte strebt, muss er erst die Augen vor der Wirklichkeit verschließen.
@Petronius: Wenn ich hier den Ausdruck Krieg verwendet habe, dann nur als verkürzende Wiedergabe von Heraklits sehr weitem Begriff Polemos, der insbesondere, aber keineswegs ausschließlich Krieg beinhaltet.
Selbstverständlich ist es angebracht, anderen nicht schaden zu wollen. Aber du schreibst - als Voraussetzung fürs "Paradies" - vom "unbedingten Willen, seinen Mitmenschen in keiner Weise zu schaden". Und da ist er schon, der utopische Geist, der die komplexesten Probleme mit simpelsten Formeln bewältigen will: "Leute, seid einfach gut, dann wird alles gut." Einen unbedingten Willen gibt es nicht. Alles in dieser Welt ist bedingt, und der menschliche Wille ganz besonders. Wer glaubt, unbedingt wollen und unbedingt handeln zu können, der verkennt die prinzipielle Bedingtheit allen menschlichen Tuns. Wenn der Mensch ins Unbedingte strebt, muss er erst die Augen vor der Wirklichkeit verschließen.
@Petronius: Wenn ich hier den Ausdruck Krieg verwendet habe, dann nur als verkürzende Wiedergabe von Heraklits sehr weitem Begriff Polemos, der insbesondere, aber keineswegs ausschließlich Krieg beinhaltet.