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Auffälligkeiten in alten Kirchen!
#41
(17-02-2022, 00:38)Helmut-Otto Manning schrieb: Die offizielle Geschichtsschreibung der Kirchengeschichte wurde echten Historikern entzogen durch die Pfaffen-Unterabteilung Kirchengeschichte!
Man könnte hier natürlich fragen, warum die echten Historiker sich das einfach so bieten lassen, dass ihnen ihr eigenes Fach komplett entzogen und von Scharlatanen gekapert wird. Das ist in der Wissenschaft ja - vorsichtig ausgedrückt - höchst unüblich. Aber das ist nebensächlich. Wichtiger ist anderes:

Die Unterscheidung zwischen "offizieller" Geschichtsdarstellung und derjenigen "echter Historiker" (sofern bei letzteren der Plural angebracht ist) sollte näher angeschaut werden. Sie ist nämlich hochgradig manipulativ, da sie eine Terminologie einführt und zu etablieren versucht, die eine petitio principii ist und Begriffe stillschweigend zweckentfremdet, um den angestrebten Effekt zu erzielen (so wie auch bei "Gott ist ein Amt"). Laut Duden bedeutet "offiziell": "in amtlichem Auftrag; dienstlich; von einer Behörde/Dienststelle ausgehend/bestätigt; amtlich". Mit der Behauptung, es gebe eine "offizielle" Geschichtsdarstellung, wird unmissverständlich suggeriert, es gebe eine Institution, eine Behörde, die verbindlich festlegt, was die an Hochschulen tätigen promovierten und habilitierten Historiker zu lehren haben, und diese gehorchen brav. Demnach gibt es keine Forschungsfreiheit, sondern eine vorgegebene Linie, der sich alle ohne zu murren fügen, auch wider besseres Wissen. Da Kirchengeschichte keine eigene Wissenschaft ist, sondern ein Teil der Geschichtswissenschaft und als solcher aufs engste verwoben mit politischer Geschichte, Militärgeschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Kulturgeschichte und auch Kunstgeschichte, muss sich die These, es gebe eine offizielle Lehre, deren Produkte nur Schrott und keiner Beachtung wert seien, zwangsläufig auch auf alle diese Bereiche erstrecken. Das ist eine klassische Verschwörungstheorie - ein zwar missglückter Begriff, aber hier trifft er mal zu. Es müssen sich nämlich, damit es eine "offizielle" Geschichtsdarstellung geben kann, fast alle Historiker - darunter viele Agnostiker, Atheisten, Marxisten, religiös Indifferente - weltweit verschworen haben, die Öffentlichkeit mit einer grob verfälschenden Darstellung der Geschichte des Christentums hinters Licht zu führen, ad maiorem gloriam dei. Da hat dann auch beispielsweise Karlheinz Deschner gern mitgemacht, der hat ja einen dicken Band über antikes Christentum verfasst, statt darüber aufzuklären, dass es das gar nicht gibt.

Ja, es gab vor langer Zeit zumindest ansatzweise so etwas wie eine offizielle Darstellung, nämlich die der RKK. Geringfügige Relikte davon sind das Imprimatur und bekenntnisgebundene Lehrstühle. Beides ist heute nur noch ein Witz. Für das Imprimatur interessiert sich kein Mensch, und dem unkündbaren Inhaber eines bekenntnisgebundenen Lehrstuhls kann nichts Besseres passieren als ein Verfahren, durch das er als Häretiker aus der theologischen Fakultät entfernt und einer anderen eingegliedert wird, bei unveränderten Bezügen und Institutsmitteln. Das Verfahren ist Gratiswerbung und ermöglicht ihm, seine Ideen noch besser unters Volk zu bringen. Aus solchen kuriosen Nachwirkungen der Vormoderne auf eine allgemeine Historikerverschwörung zugunsten des Christentums zu schließen ist absurd. 

Fazit: Nicht die promovierten und habilitierten Historiker an den Hochschulen manipulieren, sondern der "echte" tut das, und zwar schon durch seinen manipulativen Sprachgebrauch, der eine nicht existierende mysteriöse Institution suggeriert, die angeblich die Macht hat, den Historikern eine "offizielle" Linie vorzuschreiben.
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RE: Auffälligkeiten in alten Kirchen! - von Apollonios - 18-02-2022, 23:33

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