(19-06-2022, 22:41)Ekkard schrieb: Und Authoritäten wie ein Herr Steiner sind grundsätzlich keine Quelle des Wissens sondern nur des Behauptens.
Steiner ist schon ein faszinierendes Phaenomen. Wissenschaftlich war er ja eigentlich mehr oder weniger gescheitert; er bekam die Stellen, die er wollte, nicht, weil er dafuer nicht gut genug war. In den Geisteswissenschaften nahm ihn damals niemand ernst, und heute ist das ausserhalb von Religionswissenschaften wohl auch nicht anders. Dass ihn das zeitlebens wurmte, kann man daran sehen, wie sehr er sich bemuehte, seine Anthroposophie als "Geisteswissenschaft" zu bezeichnen; aber eine Wissenschaft ist sie garantiert nicht.
Sein Talent lag ja wohl hauptsaechlich im Reden. Da er mit seinen ernsthaften Versuchen nicht reuessieren konnte und oft genug am Rande des Verhungerns lebte, muss ihm der ploetzliche Geldsegen durch die reichen Theosophie-Kreise wohl wie ein Geschenk des Himmels vorgekommen sein. Folgerichtig hat er das dann zu seinem Beruf gemacht. Das erinnert mich so ein bisschen an den originalen Flat Earther Samuel Rowbotham, der es auch immer wieder vermochte, ganze Saele zu fuellen und dafuer Eintritt zu nehmen, wobei sein rednerisches Talent es sogar erlaubte, mit seinen eigentlich absurden Thesen in den Augen des Publikums Debatten gegen gestandene Wissenschaftler zu gewinnen, so gut war sein Redetalent.
In beiden Faellen ist es uebrigens nicht ganz klar, ob sie an die Thesen, die sie verbreiteten, selbst glaubten. Wobei man natuerlich immer das Phaenomen im Hinterkopf behalten muss, dass Menschen auch Dinge, von denen sie wissen, dass sie sie eigentlich selbst in nicht ganz ernsthafter Absicht erfunden haben, anfangen selbst zu glauben, wenn sie sie nur oft genug wiederholen. Wiederholung ist ein sehr maechtiges "Lern"instrument.