21-06-2022, 18:21
(04-06-2022, 15:54)Reklov schrieb: Im zweiten Schritt argumentiert Anselm wie folgt: Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, könne nicht nur im Verstand existieren, da sonst gedacht werden könne, dass es auch in Wirklichkeit existiere (esse in re), was größer wäre. Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, wäre dann nicht das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Daraus folgert Anselm, dass das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, auch in Wirklichkeit existieren muss.
Das Problem an dieser These ist, dass sie davon ausgeht, dass der Mensch in seinem Denken die Grenzen des Verstandes erreicht und damit ein darüber hinaus Denken das Denken in Richtung einer Wirklichkeit übersteigt.
Das Problem des Menschen ist, dass er seltener an die Grenzen seines Denken gelangt, sondern weit unter seinen denkerischen Möglichkeiten bleibt. Das bedeutet, es gibt einen Bereich des eigenen Verstandes, der noch gar nicht erreicht wird, auch wenn der Mensch glaubt, dass er schon an der Grenze dessen angelangt wäre, über die hinaus nichts Größeres gedacht werden könne. Die meisten Menschen verbleiben immer noch weit unter den Grenzen ihrer Gedanken, auch wenn sie glauben, diese Grenze schon erreicht zu haben.
Das, worüber nichts Größeres gedacht werden kann, ist oft sehr klein.