(02-03-2023, 00:41)Ulan schrieb:(02-03-2023, 00:10)petronius schrieb:(01-03-2023, 15:55)Reklov schrieb: Überdauert menschliches Bewusstsein, da es an materielle Strukturen (wie Elektronen) gebunden ist, so auch den physischen Tod?
ist bewußtsein denn überhaupt "an materielle Strukturen (wie Elektronen) gebunden"? nicht etwa an biologische funktionen, welche sich freilich auf materieller ebene abspielen und eben nicht im luftleeren raum?
Das Tragische an diesem ewig gleichen Wortschwall ist ja, dass Reklov diese esoterische Idee mit dem beim Tod als Elektronenwolke entweichenden Bewusstsein schon bei seinem Einstand hier vorgetragen hat und das alles schon bis ins Detail diskutiert wurde. Ich hatte z.B. damals schon angemerkt, wie denn eine solche Wolke negativer Ladungen getrennt vom Substrat existieren sollte, oder dass ein Elektron allen anderen so gleich ist, dass es sogar eine Hypothese gibt, dass eh nur ein einziges Elektron real existiert.
Quantenmystik ist fuer mich bestenfalls als psychologisches Phaenomen interessant; zumindest ueber menschliche Denkstrukturen kann man hier etwas lernen. Reklovs unstillbares Leiden an der Leere bei seiner Suche nach diesem mythischen "Urgrund" verspuere ich nicht. Bewusstsein ist fuer mich als emergentes Systemphaenomen vollkommen ausreichend umschrieben; dass eine Ansammlung simpler Elemente, die sich miteinander austauschen koennen, mehr ist als die Summe ihrer Teile, ist ja nicht nur in diesem Fall erkennbar. Auch der Computer, auf dem ich gerade schreibe, ist nur eine Ansammlung von Metallatomen und organischen Verbindungen, und er vermag es trotzdem, "meine" Ideen mit Euch zu teilen.*
Warum ausgerechnet die Physik dafuer missbraucht werden soll, die eigenen religioesen Vorstellungen zu fuettern, erschliesst sich mir nur in solcher Weise, dass Religion irgendwie als obsolet erkannt wird (Reklov lehnt religioese Institutionen ab, da er zumindest soweit geht, dass er die ihnen immanente Ueberlebtheit mythologischer Konzepte erkannt hat; was seine biblische Wunderglaeubigkeit umso erheiternder macht), weshalb eine Anknuepfung religioeser Ideen an Naturwissenschaften versucht wird. Dabei wird aber das Pferd von hinten aufgezaeumt. Philosophie ist nicht die Weiterentwicklung von naturwissenschaftlichem Denken, wie Reklov es erst neulich mal wieder dargestellt hat, sondern umgekehrt: Naturwissenschaften sind aus der Philosophie hervorgegangen als ein erfolgreicher Versuch, die Gewinnung von Erkenntnis auf eine solide, wiederholbare und nachpruefbare Grundlage zu stellen. Das darf aber nicht sein, da Nachpruefbarkeit der Feind absurder Fantasien ist. Und an dem Punkt enden wir dann doch wieder bei Psychologie.
Groundhog Day. Wie jeden Tag.
*Reklov koennte natuerlich einwenden, dass die Elektronen, die durch meinen Computer fliessen, das Bewusstsein meiner verstorbenen Grossmutter ausmachen, das heute im Netz von Wien Energie die Aufgabe uebernommen hat, unsterbliche und perfekte Ideen - bzw. den typisch menschlichen Abklatsch derselben - fuer einen Teil der Menschheit zu verbreiten. Da hoffe ich doch, dass - sollte sie doch noch in irgendeiner Form existieren - sie etwas besseres zu tun hat.
Hallo Petronius,
Deine Zeilen sagen zwar manches über Dein materiell geprägtes Denken aus, können aber auch nicht übertünchen, dass z.B. Dein Computer weder Seele, noch Ethik, noch Moral in sich birgt. Das ist der große Unterschied, der nun mal mein Weltbild beeinflusst! Dein Computer ist u.a. lediglich ein "Schreibwerkzug", mit dem Du hier im Forum Deine persönlichen Weltbilder vorstellen, sie zur Diskussion stellen kannst.
Wie Du aber auf den widersprüchlichen Begriff "Quantenmystik" kommst, ist mir unverständlich, dennoch will ich diesen nicht als Geschwurbel abwerten, denn ich akzeptiere die Grammatikakrobatik der anderen user, wenngleich ich sie nicht in allen Punkten teile!
Die "leeren Richtigkeiten" menschlicher Vermessungen und wissenschaftlicher Prüfungen erzeugen bei mir kein Leid, auch wenn ich sie (nach Karl Jaspers) gerne anführe! Und - spekulativ auf Unbekanntes hinzuweisen, bedeutet ja keinesfalls, zu leiden! Ansonsten müssten ja alle wissenschaftlichen Thesen und Theorien von Leid geprägt sein. Religiöse Theorien beinhalten z.B. große Teile von Hoffnung und Zuversicht, was die Zukunft der Menschheit angeht. Dabei steht Freude und nicht Leid an erster Stelle!
Den Aufbau religiöser Konzepte habe ich erkannt, dennoch unterliege ich keiner "Wundergläubigkeit", habe aber spezielle persönliche Erfahrungen gemacht, welche anderen usern, zumindest auf diese Weise, fehlen könnten? Wenn man allerdings von anderen Erlebnissen liest, weiß man, dass nun mal manche Person von Erlebnissen begleitet wird, welche nichts mit einem normalen 8-Std.-Arbeitstag zu tun haben. - Logik wird bei solchen Erlebnissen zur Psycho-Logik. Wer nichts dergleichen erlebt, kann dazu eigentlich auch nichts sagen. Immer noch gilt also: "Walk a mile in my shoes..."
Wer die Wort-Chiffre "Gott" in sein Leben zumindest "nicht ausblenden" will (und ich spreche hier nicht von belegbarem Wissen), muss zunächst in der Lage sein, seinen Weg nach innen zu gehen. - Nur dort findet er dann, jeweils auf seine Weise!, Anregungen zur weiteren Ideen-Findung. Wenn er dies nicht vermag oder will, bleibt ihm nur der Blick auf das Materielle und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber. Ist ja immerhin auch eine erhebliche Menge!
Gruß von Reklov

