03-04-2007, 14:30
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-04-2007, 15:28 von Alanus ab Insulis.)
Hallo Mandingo,
ich kann grundsätzlich deines Skepsis zu diesem Thema verstehen. Gerade auch in dieser postmortualen "Heiligsprechunghsysterie", sehe ich jene angeblichen Wunderheilungen mit sehr viel Vorsicht.
In der Tat ist die Kirche daher gut beraten, wenn sie, wie sonst üblich, die mindest Wartezeit von 5 Jahren bis zur Eröffnung eines solchen Verfahrens, einhält.
Mir scheint vor allem eines wichtig zu sein, wenn wir über dieses Thema diskutieren wollen.
Wir müssen uns im klaren sein, dass die Selig- und Heiligsprechungen der kath. Kirche keinen repräsetativen Charakter aller in Christus Vollendeten darstellt, d.h. nicht nur die offiziell kanonisierten Heiligen sind heilig.
Denn grundsätzlich gilt für jeden getauften Christ, der Zuspruch des hl. Paulus im Sinne des Evangeliums: "Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen." (Kol 3, 12)
Daher haben die Heiligsprechungsverfahren in Rom auch gar nicht den Anspruch alle in Christus Geheiligten heilig zu sprechen, sondern nur jene die in vorbildlicher Weise dem Volk Gottes gedient haben. Diese Tradition geht auf die uralten Märtyrerakten der Christenverfolgung zurück, in jener Zeit, da das Blutzeugnis des Glaubens (die Erduldung der Verfolgung, nicht das Suchen der Verfolgung) der höchste Akt christlicher Liebe war. Die hl. Märtyrer waren Vorbilder des Glaubens, da sie selbst in ihrem Leben und Glauben Christus gleich wurden, ihm nachfolgten und wie er gerhorsam bis zum Tod waren.
Nach dem Abebben der Christenverfolgung bzw. endgültig mit dem Beginn der Reichskirche nahmen die Zahlen der Märtyrer ab und das christliche Volk suchte ihre Vorbilder in jenen Christgläubigen, die das Evangelium standhaft bezeugten, verteidigten und predigten. Und so wurden alljene als heilige Bekenner verehrt, die ohne Rücksicht auf Wirdigkeiten das Evangelium verkündeten, es gegen Irrlehren (wie die Gnosis) verteidigten, aber nicht den Martertod starben.
Diese Entwicklung ist wichtig, da sich aus der Bekenner Verehrung alle heutigen Hauptregeln der Kanonistation ableiten.
1. Einwandfreies christliches, moralisches Leben.
2. Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche (keine Häresien wie z.B. Gnosis, Manichäismus, usw.).
3. Herausragendes Zeugnis für das Evangelium (in Schrift und/oder Tat).
Diese 3 Punkte waren die charakteristischen bzw. chraismatischen Eigenschaften aller Heiligen, die offiziell verehrt wurden. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt. Zwar zählen in der Tat alle Christgläubigen zu den von Gott auserwählten Heiligen, doch ist es seit jeher üblich (übrigens in allen Kulturkreisen), dass nur die hervorragenden und besonders vorbildhaften Persönlichkeiten auch öffentlich verehrten werden dürfen.
Die 3 Merkmale, obgleich in der alten Kirche nicht von einer zentralen Institution geprüft, erlaubten es Einheit und Bestand in die Verehrung besonders glaubwürdiger Christen zur Ehre des Evangeliums zu bringen. Nicht zuletzt wurde damit auch der spätantike Volkseifer gebremst, die Heiligenverehrung über die Christusverehrung zu stellen. Denn in der Tat, Johannes Paul II. wäre vor 1500 Jahren jetzt schon heilig und zwar durch die vox populi dei.
Die nächste Etappe in der Heiligenverehrung ist die, besonders im lateinischen Mittelalter, aufkommende Wunderfrömmigkeit. In der Tat berichtet zwar das Evangelium von allerlei Wunderhandlungen Christi und auch die Zusage der eschatologischen Zeichen im beginnenden Reich Gottes, für das die Kirche exemplarisch steht, ist der alten Kirche bewusst, doch eine ausgeprägte Wunder- oder Reliquienfrömmigkeit kennt sie nicht. Zwar wurden die alten heiligen Bekenner und Märtyrer auch zur Ehre der Altäre erhoben, da sie durch ihr Opfer anteil am Opfer Christi haben (vgl. Röm 12, 1), für das der christliche Altar symbolisch steht, aber nicht im Sinne einer mittelalterlichen Schaufrömmigkeit.
Gerade durch das Überhandnehmen dieser Verehrung durch das Volk Gottes (populus dei), sahen sich die Bischöfe dazu gedrängt die Kanonisierungen diesem Frömmigkeitspopulismus zu entreisen und einheitliche Verfahren zu bestimmen, die über die Jahrhunderte zur der heutigen Form der Congegatio de causis sanctorum führten.
Und eben jene harten Normen für "übernatürliche" Wunder, die nocheinmal verschäft wurden nach der reformatorischen Kritik, sind bis heute ein immanenter Bestandteil des Verfahrens zur öffentlichen Heiligsprechung und zur Erlaubnis der öffentlichen Verehrung des Heiligen zur Ehre des Evangeliums.
Und damit wären wir glaube ich beim eigentlichen Thema.
Die Wunderfrömmigkeit im Bezug auf die Heiligenverehrung sehe ich auch eher skeptisch. Nicht weil nicht an Wunder glaube, sondern weil jene Frömmigkeit nur allzu leicht vom eigentlichen Zeugnis des Heiligen für das Evangelium ablenkt und weil hier Wunder als etwas ausserordentliches gedacht werden.
"Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: [...] Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben." (Mt 10, 5.7f)
Wenn wir diese Zusage Christi ernst nehmen, als eine der Verheissungen des Reiches Gottes, die uns schon hier auf Erden geschenkt ist, dann tun wir dem nicht genüge, in dem wir vermeintlich wissenschaftlich überprüfte, übernatürliche Phänomene und Heilung kausal einem Heiligen unterstellen. Sondern nur, wenn wir jene Sendung in unserem eigenen Leben verwirklichen.
"[Zeig] mir deinen Glauben ohne die Werke und ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke." (Jak 2, 18)
So fordert schon Jakobus uns auf, die in Christus beginnenden Wunder und Werke seines göttlichen Erbarmens nicht einfach zu bekennen, sondern durch unsere im Glauben getragene Sendung zu verwirklichen.
In diesem Sinne kann ich deine Skepsis verstehen Mandingo, denn nur allzu oft werden die Wunder, selbst wenn wir sagen können, dass es Wunder sind, als Beweis Gottes missverstanden werden und nicht als Aufforderung und Sendung zum Heil der Armen, Schwachen und Kranken im Sinne des Evangeliums.
In diesem Sinne würde der Wunderkult die eigentliche Bedeutung jener Heilszusage verdunkeln und druch eine fromme Verehrung ersetzen, die zwar dem persönlichen Glauben nicht unbedingt vermindern muss, aber leicht zu einer Überdeckung der christlichen Sendung führen kann.
Daher sehe ich in den Wundern, die auch durchaus "übernatürlichen" Charakter haben können, keine Blasphemie, sondern das barmherzige Handeln Gottes, dass uns in sein himmlisches Reich führen will.
Not tut in diesem Sinne aber ein altkirchliches Verständnis von Heiligung, nämlich, dass jeder Christ und die ganze Schöpfung hineingenommen ist in die Erlösung und das die kanonisierten Heiligen nur exemplarisch für die Heiligung aller stehen. Not tut vor allem, dass Wunder nicht als ein unserer Wirklichkeit immanenter Beweis Gottes verstanden werden, sondern als Heilszusage und Sendung im Aufbau des Reiches Gottes, als Dienst in Christus, als Evangelium für die Welt.
ich kann grundsätzlich deines Skepsis zu diesem Thema verstehen. Gerade auch in dieser postmortualen "Heiligsprechunghsysterie", sehe ich jene angeblichen Wunderheilungen mit sehr viel Vorsicht.
In der Tat ist die Kirche daher gut beraten, wenn sie, wie sonst üblich, die mindest Wartezeit von 5 Jahren bis zur Eröffnung eines solchen Verfahrens, einhält.
Mir scheint vor allem eines wichtig zu sein, wenn wir über dieses Thema diskutieren wollen.
Wir müssen uns im klaren sein, dass die Selig- und Heiligsprechungen der kath. Kirche keinen repräsetativen Charakter aller in Christus Vollendeten darstellt, d.h. nicht nur die offiziell kanonisierten Heiligen sind heilig.
Denn grundsätzlich gilt für jeden getauften Christ, der Zuspruch des hl. Paulus im Sinne des Evangeliums: "Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen." (Kol 3, 12)
Daher haben die Heiligsprechungsverfahren in Rom auch gar nicht den Anspruch alle in Christus Geheiligten heilig zu sprechen, sondern nur jene die in vorbildlicher Weise dem Volk Gottes gedient haben. Diese Tradition geht auf die uralten Märtyrerakten der Christenverfolgung zurück, in jener Zeit, da das Blutzeugnis des Glaubens (die Erduldung der Verfolgung, nicht das Suchen der Verfolgung) der höchste Akt christlicher Liebe war. Die hl. Märtyrer waren Vorbilder des Glaubens, da sie selbst in ihrem Leben und Glauben Christus gleich wurden, ihm nachfolgten und wie er gerhorsam bis zum Tod waren.
Nach dem Abebben der Christenverfolgung bzw. endgültig mit dem Beginn der Reichskirche nahmen die Zahlen der Märtyrer ab und das christliche Volk suchte ihre Vorbilder in jenen Christgläubigen, die das Evangelium standhaft bezeugten, verteidigten und predigten. Und so wurden alljene als heilige Bekenner verehrt, die ohne Rücksicht auf Wirdigkeiten das Evangelium verkündeten, es gegen Irrlehren (wie die Gnosis) verteidigten, aber nicht den Martertod starben.
Diese Entwicklung ist wichtig, da sich aus der Bekenner Verehrung alle heutigen Hauptregeln der Kanonistation ableiten.
1. Einwandfreies christliches, moralisches Leben.
2. Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche (keine Häresien wie z.B. Gnosis, Manichäismus, usw.).
3. Herausragendes Zeugnis für das Evangelium (in Schrift und/oder Tat).
Diese 3 Punkte waren die charakteristischen bzw. chraismatischen Eigenschaften aller Heiligen, die offiziell verehrt wurden. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt. Zwar zählen in der Tat alle Christgläubigen zu den von Gott auserwählten Heiligen, doch ist es seit jeher üblich (übrigens in allen Kulturkreisen), dass nur die hervorragenden und besonders vorbildhaften Persönlichkeiten auch öffentlich verehrten werden dürfen.
Die 3 Merkmale, obgleich in der alten Kirche nicht von einer zentralen Institution geprüft, erlaubten es Einheit und Bestand in die Verehrung besonders glaubwürdiger Christen zur Ehre des Evangeliums zu bringen. Nicht zuletzt wurde damit auch der spätantike Volkseifer gebremst, die Heiligenverehrung über die Christusverehrung zu stellen. Denn in der Tat, Johannes Paul II. wäre vor 1500 Jahren jetzt schon heilig und zwar durch die vox populi dei.
Die nächste Etappe in der Heiligenverehrung ist die, besonders im lateinischen Mittelalter, aufkommende Wunderfrömmigkeit. In der Tat berichtet zwar das Evangelium von allerlei Wunderhandlungen Christi und auch die Zusage der eschatologischen Zeichen im beginnenden Reich Gottes, für das die Kirche exemplarisch steht, ist der alten Kirche bewusst, doch eine ausgeprägte Wunder- oder Reliquienfrömmigkeit kennt sie nicht. Zwar wurden die alten heiligen Bekenner und Märtyrer auch zur Ehre der Altäre erhoben, da sie durch ihr Opfer anteil am Opfer Christi haben (vgl. Röm 12, 1), für das der christliche Altar symbolisch steht, aber nicht im Sinne einer mittelalterlichen Schaufrömmigkeit.
Gerade durch das Überhandnehmen dieser Verehrung durch das Volk Gottes (populus dei), sahen sich die Bischöfe dazu gedrängt die Kanonisierungen diesem Frömmigkeitspopulismus zu entreisen und einheitliche Verfahren zu bestimmen, die über die Jahrhunderte zur der heutigen Form der Congegatio de causis sanctorum führten.
Und eben jene harten Normen für "übernatürliche" Wunder, die nocheinmal verschäft wurden nach der reformatorischen Kritik, sind bis heute ein immanenter Bestandteil des Verfahrens zur öffentlichen Heiligsprechung und zur Erlaubnis der öffentlichen Verehrung des Heiligen zur Ehre des Evangeliums.
Und damit wären wir glaube ich beim eigentlichen Thema.
Die Wunderfrömmigkeit im Bezug auf die Heiligenverehrung sehe ich auch eher skeptisch. Nicht weil nicht an Wunder glaube, sondern weil jene Frömmigkeit nur allzu leicht vom eigentlichen Zeugnis des Heiligen für das Evangelium ablenkt und weil hier Wunder als etwas ausserordentliches gedacht werden.
"Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: [...] Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben." (Mt 10, 5.7f)
Wenn wir diese Zusage Christi ernst nehmen, als eine der Verheissungen des Reiches Gottes, die uns schon hier auf Erden geschenkt ist, dann tun wir dem nicht genüge, in dem wir vermeintlich wissenschaftlich überprüfte, übernatürliche Phänomene und Heilung kausal einem Heiligen unterstellen. Sondern nur, wenn wir jene Sendung in unserem eigenen Leben verwirklichen.
"[Zeig] mir deinen Glauben ohne die Werke und ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke." (Jak 2, 18)
So fordert schon Jakobus uns auf, die in Christus beginnenden Wunder und Werke seines göttlichen Erbarmens nicht einfach zu bekennen, sondern durch unsere im Glauben getragene Sendung zu verwirklichen.
In diesem Sinne kann ich deine Skepsis verstehen Mandingo, denn nur allzu oft werden die Wunder, selbst wenn wir sagen können, dass es Wunder sind, als Beweis Gottes missverstanden werden und nicht als Aufforderung und Sendung zum Heil der Armen, Schwachen und Kranken im Sinne des Evangeliums.
In diesem Sinne würde der Wunderkult die eigentliche Bedeutung jener Heilszusage verdunkeln und druch eine fromme Verehrung ersetzen, die zwar dem persönlichen Glauben nicht unbedingt vermindern muss, aber leicht zu einer Überdeckung der christlichen Sendung führen kann.
Daher sehe ich in den Wundern, die auch durchaus "übernatürlichen" Charakter haben können, keine Blasphemie, sondern das barmherzige Handeln Gottes, dass uns in sein himmlisches Reich führen will.
Not tut in diesem Sinne aber ein altkirchliches Verständnis von Heiligung, nämlich, dass jeder Christ und die ganze Schöpfung hineingenommen ist in die Erlösung und das die kanonisierten Heiligen nur exemplarisch für die Heiligung aller stehen. Not tut vor allem, dass Wunder nicht als ein unserer Wirklichkeit immanenter Beweis Gottes verstanden werden, sondern als Heilszusage und Sendung im Aufbau des Reiches Gottes, als Dienst in Christus, als Evangelium für die Welt.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)

