05-03-2024, 15:48
(29-02-2024, 17:14)petronius schrieb:Gut, aber die klassischen empirischen Naturwissenschaften haben ja alle so ihre jeweiligen Untersuchungsgegenstände, deren Realität niemand ernsthaft bezweifeln würde. Die Biologie beschäftigt sich mit den Lebewesen, die Chemie handelt von den Stoffen, die Physik befasst sich mit den grundlegenden Phänomenen der Natur usw., während die Untersuchungsgegenstände der Mathematik hingegen scheinbar nur abstrakter Natur sind. Oder anders ausgedrückt: Lebewesen, Stoffe und diverse Naturphänomene finden sich überall in der Natur, über Zahlen oder Dreiecke ist bis dato noch niemand gestolpert. Nichtsdestotrotz ist eine eine uralte philosophische Frage (mindestens seit Platon), ob und inwieweit denn auch den Untersuchungsgegenständen der Mathematik eine reale Existenz zukommt. Darauf wollte ich hinaus. Dein Standpunkt war ja:(29-02-2024, 16:32)Noumenon schrieb: Wobei sich hier nur leider die Frage aufdrängt, wie es sich denn bspw. mit logisch-mathematischen Sachverhalten verhält. Zählen sie mit zur Realität...?es ist einerseits real, daß wir diese aufgestellt haben, und sie beschreiben ggf., warum etwas real vorgefunden wird
(29-02-2024, 17:14)petronius schrieb: realität ist schlicht, was istUnd man könnte an dieser Stelle halt auch ganz konkret und direkt nach dem sog. Diskursuniversum deiner Aussage fragen. Was genau gehört also überhaupt zu all dem, was ist...?
(29-02-2024, 17:14)petronius schrieb:Da wirst du schon bei den sog. Atomen etwas Schwierigkeiten haben, um vielleicht ein etwas einfacheres und anschaulicheres Beispiel zu nehmen als die von mir genannten. Der empirische Nachweis von Atomen erfolgte im Prinzip vor allem nicht via direkte Wahrnehmung oder Beobachtung derselbigen, sondern als indirekter und deduktiver Schluss basierend auf Untersuchungen zur sog. Brown'schen Molekularbewegung, wo man jedoch nicht mehr wahrnimmt als umherzappelnde Partikel in Flüssigkeiten und Gasen, wofür die Existenz kleiner Moleküle, die ständig und zufällig gegen die Partikel stoßen, vor dem Hintergrund diverser anderer empirischer Befunde dann eben die beste Erklärung sind. Selbst mit den modernen Elektronenrastermikroskopen ist es nicht möglich, Atome direkt zu "sehen". Wer sich dafür interessiert... der nachfolgende Artikel ist diesbezüglich sehr ausführlich und mit schicken Bildchen gespickt:(29-02-2024, 16:32)Noumenon schrieb: Schon einmal virtuelle Teilchen, Quarks oder Higgs-Bosonen gesehen?ich persönlich nicht, aber mit entsprechender ausrüstung könnte ich es
*https://www.faz.net/aktuell/wissen/physik-mehr/was-genau-man-auf-bildern-von-atomen-sieht-17627543.html
Aber es ist natürlich richtig, dass viele Dinge zumindest indirekt über Messinstrumente zugänglich sind (der Klassiker auch die sog. "radioaktive Strahlung", für welche der Mensch ja keine Sinnesorgane hat, oder etwa auch Magnetfelder...). Nichtsdestotrotz ist dieser Zugang immer nur mittelbar gegeben, weshalb man um eine Wirklichkeitskonstruktion nicht drum herum kommt, wie es sich im Falle der sog. "Atome" bspw. in den zahlreichen Atommodellen widerspiegelt. Auch bis heute ist die Frage, was genau Teilchen eigentlich sind, alles andere als einfach zu beantworten. Gehören (Elementar-)Teilchen zur Realität? Und was genau meint man dann überhaupt, wenn man von "(Elementar-)Teilchen" spricht...? Was genau ist es, das da real existiert? Sind es kleine, runde und feste Kügelchen? Anregungen von Feldern? Oder abstrakte Wellenfunktionen, die Auftrittswahrscheinlichkeiten irgendwelcher Observablen widerspiegeln? Aber was genau sind dann Felder, Wellenfunktionen und Observablen...? Was genau ist es, das da - nicht zuletzt auch mit Blick auf die Widerlegung des sog. "lokalen Realismus" - real existiert? (eher rhetorisch gefragt)
(29-02-2024, 17:14)petronius schrieb: die annahme allerdings, realität existiere nur beobachtungsabhängig, ist nicht zu entscheiden.Da bin ich nicht ganz so pessimistisch. Die Frage nach den sog. "verborgenen Variablen" hielt man einst wohl ebenfalls für nicht entscheidbar.
(29-02-2024, 17:14)petronius schrieb: sie überhaupt zu treffen, bringt keinen epistemischen oder gar praktischen mehrwert - zumal es dafür ja nicht das geringste indiz gibt, daß dem so seiSehe ich ein wenig anders. Was sich prinzipiell jeglicher Möglichkeit zur Beobachtung (und auch der Erkenntnis) entzieht, von dem kann man nicht in sinnvoller Weise sagen, dass es auch existiert. Carl Sagan's unsichtbarer Drache in der Garage, der Feuer speit und schwebt, sich letztendlich jeglicher Möglichkeit zur Beobachtung entzieht, ist ja vielleicht bekannt. Und dieser (epistemische) Umstand sollte sich vernünftiger Weise auch ontologisch widerspiegeln.
(29-02-2024, 17:14)petronius schrieb: ersetze also die nur beobachtungsabhängige existenz durch "gott" oder "wrdrlbrmpft" - und du hast den gleichen erkenntniswertFalls es um einen insbesondere transzendenten Gott geht, so ist der vermutlich genauso real wie eine transzendente Bratwurst.
(29-02-2024, 17:49)Ekkard schrieb: Den beiden voran gehenden Beiträge von Noumenon und Petronius stimme ich gerne zu. Sie passen auch zu dem, was ich weiter vorne schon geschrieben hatte.Hab's mal überflogen, will nicht auf jede einzelne Aussage eingehen, aber es klingt fast durchgängig ein bisschen so, als würdest du (fast) nur den sog. Observablen eine Realität zusprechen...?