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Blasphemie bei der Seligsprechung
#6
Mandingo schrieb:Wie sehr die Kirche
mit ihrem Wunder-Zirkus den Kern christlichen "Heiligseins" entstellt,
zeigt sehr schön deutlich der Fall von Erzbischof Oscar Romero, des vorletzten Erzbischofs von El Salvador, der wegen seines Einsatzes für die armen und entrechteten Campesinos seines Landes am Altar erschossen wurde.
Die Indios verehren ihn wie einen Heiligen, fordern seine Seligsprechung seit Jahrzehnten vergeblich, weil es in Rom Gegner gibt, die im Einklang mit den reichen Familien des Landes alles Politische im christlichen Engagement ablehnen, die sich eher neben Pinochet fotografieren ließen als neben Romero.

Du hast und ja oben schon, Mandingo, und nicht zuletzt mit dem Titel dieses Threads deutlich gemacht, dass du nicht viel für die Heiligsprechungen übrig hast. Das sollte aber nicht dazu führen, dass du hier mit Polemik um dich schmeist.
Denn erstens wurde der Seligsprechungsprozess für Erzbischof Oscar Romero am 24. März 1994 begonnen und befindet sich immer noch am Laufen.

Hierzu ein Beitrag von Radio Vatican nach einem Interview mit Erzbischof Fernando Sáenz Lacalle:

"Das Seligsprechungsverfahren für den ermordeten salvadorianischen Erzbischof Oscar Arnulfo Romero steht nach wie vor in einem Anfangsstadium. Das sagte Romeros heutiger Nachfolger im Amt, Erzbischof Fernando Sáenz Lacalle von San Salvador, anlässlich der Gedenkfeiern zum Jahrestag der Ermordung Romeros heute vor 27 Jahren. Das Erzbistum San Salvador hatte das Seligsprechungsverfahren vor genau zehn Jahren eröffnet.
Der Grund für die Verzögerung liegt laut Sáenz Lacalle darin, dass derzeit noch die Glaubenskongregation die Unterlagen prüfe und sie noch nicht zur Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse gelangt seien. Die beste Art, das Verfahren zu beschleunigen, bestehe darin, Romero aus jeder politischen Diskussion herauszuhalten und zu vermeiden, dass sein Name für politische Zwecke missbraucht werde. Oscar Arnulfo Romero fiel heute vor 27 Jahren einem Mordkomplott zum Opfer. Ein Scharfschütze der rechtsgerichteten salvadorianischen Todesschwadrone erschoss den Erzbischof am 24. März 1980 während eines Gottesdienstes. Tags davor hatte Romero den Terror und die Unterdrückung des Volkes durch Armee, Nationalgarde und Polizei öffentlich angeprangert. Papst Johannes Paul II. setzte den salvadorianischen Erzbischof im Heiligen Jahr 2000 auf die Liste der Märtyrer, die bei der Jahrtausendfeier im römischen Kolosseum namentlich erwähnt wurden."


Von einer Verzögerung kann gar keine Rede sein. Da der Prozess erst 1994 eröffnet wurde liegt er noch gut in der Zeit, denn ist nicht unüblich, dass solche Prozesse mehrere Jahre in anspruchnehmen, oft sogar mehr als 10 Jahre. Aber gerade das Johannes Paul II. ihn auf die Liste der Märtyrer setze, dürfte den Prozess zumindest nach der Prüfung durch die Glaubenskongregation für die Seligsprechungskongregation einfacher machen, da für die Kanonisierung eines Märtyrer kein Wunder gebraucht wird.

Zweitens ist es völlig daneben gegriffen zu behaupten, dass Rom sich Pinochet anbiedere. Die Verurteilung einiger Aspekte der Befreiungstheologie auf doktrinärer Ebene hat relativ wenig mit dem Engagement für die Armen der Welt zu tun, auch wenn dies immer wieder von radikalen Befreiungstheologen propagiert wird.
Völlig wider die christliche Lehre ist nämlich der radikal marxistische Ansatz dieser Theologie und nicht der Einsatz für Unterdrückte. Gerade die Verwischung von weltanschaulichen Marxismus (und wo hin dieser führte dürfte uns allen noch bekannt sein) und christlicher und katholischer Soziallehre hat zu dem völlig unhaltbaren Denken geführt man könne die Erlösungs und ihre Theologie (Soteriologie) als eine durch und in Christus geschenkte Gnade durch die Manifestation sozialpolitischer Befreiungsideale ersetzen. Letztlich behauptet man damit man könne das Reich Gottes, dass zwar in der Tat schon in Christus begonne hat, hier auf Erden mit Revolution und (eventuell auch mit Gewalt, als derren Konsequenz) aufbauen.
Und genau dagegen wendet sich der Einspruch Roms und der Glaubenkongregation in der Schrift: Instruktion über einige Aspekte der "Theologie der Befreiung" (1984). Die Verheißungen Christi lassen sich nämlich nicht durch sozialpolitischen Umsturz und revolutionären Aktivismus, sondern allein durch das Handeln der radikalen Nächsten- und Feindesliebe verwirklichen. Die erlösende Befreiung von Sünde, Schuld, Trauer und Leid im Eschaton sind eben nicht indentisch mit der innerweltlichen Realisierung von Freiheit und Friede. Wenn gleich der Anspruch des Menschen auf Frieden und Freiheit ein fundamentaler Aspekt des Evangelium ist, ist die Gewaltlosigkeit das bestimmende Prinzip der christlichen Botschaft.
Daher sind auch gerade die Einflüsse marxistischer Dependeztheorien auf die Befreiungstheologie mit Vorsicht zu genießen, da besonders jene sich für eine revolutionäre Herauslösung der eigenen Umgebung (Peripherie) aus dem System starkmachen. Besonders die Grundlagen jenes weltanschaulichen Marxismus bzw. Trotzkismus geraten immer wieder in den Konflikt mit den Wurzeln und dem Kern christlicher Wahrheiten.
Daher ist die Einschränkung der Befreiungstheologie und Abwehr fundametaler marxistischer Inhalte aus der kirchlichen Verkündigung eine notwendige Maßnahme. Dabei allerdings zu unterstellen, dass man sich faschistoiden System anbiedere ist aber mehr als ungenau und grenzt fast schon an politischen Populismus.

Wer sich dagegen einen Überlick über die wirkliche Soziallehre der Kirche machen will, dem empfehle ich die Enzykliken: Rerum Novarum (1891), Quadragesimo anno (1931), Pacem in terris (1963), Populorum Progressio (1967), Laborem Exercens (1981), Sollicitudo Rei Socialis (1987) und Centesimus Annus (1991).
Dort wird nämlich sehr deutlich Bezug auf die Probleme der dritten Welt genommen und Ungerechtigkeiten angeprangert, sowie die Verheißungen des christlichen Glaubens dargestellt!
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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RE: Blasphemie im Seligsprechungs-Zirkus - von Alanus ab Insulis - 09-04-2007, 15:58

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