(27-04-2025, 17:03)subdil schrieb: Ich finde es halt trotzdem unbefriedigend, weil wir ja nie wissen, was als nächstes kommt. Das aktuelle Wissen könnte mehr oder weniger irgendwie stimmen oder eben auch nicht.
Du siehst das zu negativ. Die empirisch belegten Zusammenhaenge sind fuer die Bedingungen, unter denen sie ermittelt wurden, nachgewiesen, und daran wird sich auch nichts aendern. Die klassische Erklaerung der Gravitation durch Newton ist durch Einsteins Relativitaetstheorie nicht widerlegt worden, sondern schlicht erweitert; die klassische Erklaerung reicht immer noch fuer viele, auch anspruchsvolle, Anwendungen aus, da sie einen Grenzfall der Relativitaetstheorie beschreibt. Auch die Relativitaetstheorie ist belegt, aber wer weiss, vielleicht ist sie auch nur ein Grenzfall einer komplexeren Beziehung. In dieser Hinsicht schauen wir also auf Erweiterung unseres Wissens.
(27-04-2025, 17:03)subdil schrieb: Dazu kommt noch, dass die Wissenschaft im Laufe des 20. Jahrhunderts so viele abgefahrene Theorien aufgestellt hat - Quantenphysik, Stringtheorie, Paralleluniversen usw... - dass sie im Grunde von Mystik nicht mehr zu unterscheiden ist. Wer soll all das noch rational nachvollziehen können? Und Paralleluniversen wären ja auch eine Art Jenseits.
Nun, von den drei von Dir genannten Themen ist ja nur eins durch Wissenschaft gesichert, naemlich die Quantenphysik, die uns solide Berechnungen erlaubt und auch in technischen Anwendungen vielerlei Bedeutung hat. Die Stringheorie ist immer noch ein Erklaerungsversuch, der des Nachweises seiner Daseinsberechtigung harrt und insofern eigentlich in eine andere Kategorie gehoert. Paralleluniversen sind dagegen reine Fiktion; dass Dir das wie Mystik vorkommt, trifft es eigentlich ganz gut.
(27-04-2025, 17:03)subdil schrieb: Eigentlich ist Wissenschaft nur dazu zu gebrauchen, das Leben der Menschen durch technologische Entwicklungen zu erleichtern. Andererseits aber führt auch das wieder zu vielen negativen Nebeneffekten von Umweltverschmutzung bis zu Überbevölkerung und sozialer Isolation vieler Individuen im modernen Industriestaat, in dem das Leben keinen spürbaren Sinn mehr hat. Ich frage mich mehr und mehr, ob nicht gerade die Wissenschaft mehr Probleme erschafft als sie löst.
Wissenschaft ist eine Methode, also ein Werkzeug, um aussagekraeftige Schluesse zu ziehen. Was man mit einem Werkzeug anstellt, ist Sache der Menschen, die das Werkzeug benutzen. Ich hatte schon oft gesagt, dass ich Deine Lebenssicht als zu negativ empfinde.
(27-04-2025, 17:03)subdil schrieb:(20-04-2025, 18:25)Ulan schrieb: Dass wir ueberhaupt eine Idee haben was vor Milliarden von Jahren abging, oder dass wir ueberhaupt auch nur igendetwas ueber die Galaxie, in der wir wohnen, wissen, finde ich immer noch erstaunlich.
Ich auch. Ich bin ja kein Wissenschaftsfeind, auch wenn das aufgrund mancher meiner Aussagen vielleicht so scheinen mag. Ich frage mich eben nur, ob die Kosten/Nutzen Rechnung aufgeht. Ich hätte zum Beispiel lieber im 18./19. Jahrhundert gelebt. Ja, damals war das Leben vor allem im Winterhalbjahr noch härter und es gab viele innerdeutsche und innereuropäische Kriege usw... aber selbst diese Argumente können mich nicht davon überzeugen, heutzutage besser dran zu sein. Wir sind materiell verwöhnt, ja, und wir können auch im Dezember Tomaten im Supermarkt kaufen, aber erfüllt uns all das seelisch? Ich denke, seelisch und spirituell sind wir heutzutage schlechter dran als im 18./19. Jahrhundert, wahrscheinlich sogar schlechter als im Mittelalter.
Ach weisst Du, das Gras ist immer gruener auf der anderen Seite

Ich halte das also fuer ein Problem unseres Blickwinkels. Ich bin mir sicher, dass wir heute einen viel hoeheren "spirituellen" Output haben als frueher, nur dass niemand mehr die Zeit hat, diese Masse an "spiritueller Produktion" durchzuarbeiten; das ging bei dem doch sehr ueberschaubaren Output frueherer Jahrhunderte viel einfacher. Da gab's halt ein paar Leute, die was veroeffentlichten, und nur unwesentlich mehr Leute, die so etwas rezpierten. Aus Dir spricht die Nostalgie der ueberschaubaren Einfachheit.
(27-04-2025, 17:03)subdil schrieb: Ich würde gerne unser Wissen über Galaxien, welches sicherlich erstaunlich ist, eintauschen gegen mehr seelisches und spirituelles Wohlbefinden der Menschen und der Gesellschaft. Die beste Möglichkeit, sich diese vergangene Zeit vor Augen zu führen, ist übrigens meines Erachtens das Lesen von Biographien und persönlichen Aufzeichnungen aus dieser Epoche. Besser als in jedem Geschichtsbuch wird einem in solchen individuellen Texten vor Augen geführt, wie sehr sich eigentlich das Wesen und Befinden der Menschen in den letzten paar hundert Jahren geändert hat.
Siehst Du, da denke ich, faellst Du einfach dem "selection bias" zum Opfer. Du hast ueberhaupt keine Basis fuer einen solchen Schluss.
(27-04-2025, 17:03)subdil schrieb: Niemals wird es dem Materialismus gelingen, die Möglichkeit der Transzendenz auszuschließen. Dazu reicht ein Blick ins Innere, die Introspektion, und schon ist das direkte Erleben des Bewusstseins wieder etwas, was so traumartig und spirituell ist, dass alle Möglichkeiten offen scheinen.
Immer diese absoluten Aussagen. Der erste Satz ist zweifellos richtig - auch wenn eine Transzendenz ohne Belang fuer unser diesseitiges Leben reichlich belanglos ist - aber der Blick auf das Bewusstsein? Da bin ich optimistisch, dass wir auch das noch entschluesseln werden, wie das arbeitet.