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Wie der Mitgliederschwund die Kirche verändert - katholisch.de
#73
Hallo Farius

1.) Dieses Zitat ist nicht 300 Jahre alt, es wird dem Philosophen Nietzsche zugeschrieben. Dieser war ein scharfer Kritiker der organisierten Religion, insbesondere des Christentums und er bezeichnete das Christentum in seinen Werken als "Platonismus für das Volk" und er warf dem Christentum vor, das Leben und die natürlichen Instinkte des Menschen zu unterdrücken.
Nietzsche wurde irgendwann psychisch krank:
Friedrich Nietzsche - Wikipedia
"In geistiger Umnachtung (1889–1900)
Kleine Schriftstücke, sogenannte „Wahnzettel“ bzw. „Wahnbriefe“, die er an enge Freunde, aber zum Beispiel auch an Cosima Wagner oder Jacob Burckhardt und sogar Umberto I. von Italien sandte, waren von einer psychischen Erkrankung gezeichnet."

Ein direktes Zitat in dieser Form wie von Dir erwähnt findet sich nicht wortwörtlich in seinen Werken. Vielmehr schrieb Nietzsche in "Der Antichrist" (1888):

"Ich verurteile das Christentum, ich erhebe gegen die christliche Kirche die furchtbarste aller Anklagen, die je ein Ankläger auf die Lippen genommen hat. ( . . . ) Ich nenne das Christentum den einen großen Fluch, die eine große innerlichste Verderbnis, den einen großen Instinkt der Rache, für den keine Mittel giftig, heimlich, unterirdisch, klein genug sind – ich nenne es den einen unsterblichen Schandfleck der Menschheit."
Diese extreme Formulierung zeigt, wie tief seine Ablehnung des Christentums war. Dein Zitat würde gut in Nietzsches Denkweise und Stil passen - auch wenn es sich nicht um ein belegtes wörtliches Zitat handelt. Es scheint eher ein populäres Missverständnis oder eine Übertreibung zu sein – vielleicht eine freie Paraphrase antikirchlicher Polemik, ohne echte Quelle
Damals fand der "Kulturkampf" statt: Kulturkampf in Preußen und im Deutschen Reich - Wikipedia


2.)
(27-06-2025, 06:35)Farius schrieb: leider hat die katholische Kirche sich mit dem Dogma der 'Unfehfehlbarkeit des Papstes' jede Möglichkeit genommen, sich zu erneuern.

Dies wird von vielen Katholiken unterschiedlicher Strömungen so gesehen. Nicht wenige sind mit der derzeitigen Linie des Vatikan und des Papstes nicht völlig einverstanden. Fühlbare innerkirchliche Unzufriedenheiten gibt es seit dem Tod des polnischen Papstes und werden immer stärker. Es ziehen nicht mehr alle am selben Strang.
Im Ersten Vatikanischen Konzil wurde 1870 das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes beschlossen, um sich gegen eine Minderheit von Abweichlern zu wehren. Seit aber diese bekämpfte Strömung dann knapp hundert Jahre später im Jahre 1965 die Mehrheit errang, gilt deren Meinung als "unfehlbar"

Es gibt in der Tat neuerdings Traditionalisten in der Katholischen Kirche, die meinen dass das Dogma der Unfehlbarkeit zum Schaden wurde und daher das Erste Vatikanische Konzil als schädlich und ungültig zu sehen sei

Es ist noch ein feiner Haarriss in der Katholischen Kirche, kaum sichtbar, aber wenn einmal so ein feiner Sprung in einem Porzellan ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit, dass dieser Haarriss bei einer schweren Belastung zu einem sichtbaren Sprung - den man nicht mehr bestreiten kann - und in der Folge zu einem Riss führt

Bereits 1871 kam es zur Abspaltung der Altkatholiken, die das Dogma der Päpstlichen Unfehlbarkeit nicht akzeptierten.

Wie gesagt, hört man bisweilen von modernen Katholiken, dass sie das Unfehlbarkeitsdogma nicht mehr innerlich mittragen (wenn man mit den Menschen spricht und ihnen genau zuhört; klar getraut sich niemand, dies öffentlich zu äußern) und auch so manche konservative Katholiken tragen das Unfehlbarkeitsdogma nicht mehr innerlich mit

Wäre es denkbar, dass das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes des Ersten Vatikanischen Konzils des Jahres 1870 als Fehler erkannt und aufgehoben wird?

Aber welcher Mechanismus soll das erkennen? Kein Papst wird je ein derartiges Konzil zu einer solchen Frage einberufen. In Europa ist so eine spontane Massenbewegung innerhalb der Katholischen Kirche derzeit nicht zu erwarten - aber in Südostasien und in Afrika sieht es schon anders aus, wenn man genau schaut. Klar wird das von Rom unter den Teppich gekehrt, aber immer wieder sieht man derartige Signale, die alsbald zum Verstummen gebracht werden.

Die Katholische Kirche lebte sehr lange bis 1870 ohne das Unfehlbarkeitsdogma und so manche stellen sich - aus völlig unterschiedlichen Motiven - die Frage, ob dieses Dogma in der heutigen Zeit vorteilhaft oder schädlich sei, denn es gibt dem jeweiligen Papst angeblich zu viele Rechte

Kann man derzeit schwer abschätzen - jedenfalls wäre es ein Schritt weg vom Gedanken der Absoluten Monarchie in Richtung zu einer Aufgeklärten Monarchie

Der Vatikanstaat oder die Vatikanstadt ist laut Wikipedia eine absolute Monarchie
"Die Vatikanstadt ist damit die letzte absolute Monarchie Europas." Vatikanstadt - Wikipedia

Allerdings betrifft der Absolutismus nicht nur die Untertanen dieses Kleinstaats, sondern 1,4 Milliarden Katholiken auf der ganzen Welt

Päpste sind so klug, die Karte der Unfehlbarkeit nur selten auszuspielen
"Nur einmal hat ein Papst, Pius XII., seither davon Gebrauch gemacht, als er 1950 mit dem Schreiben Munificentissimus Deus die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel verkündete." Päpstliche Unfehlbarkeit - Wikipedia
Aber dennoch ist das Dogma der Päpstlichen Unfehlbarkeit ein Trumpf in der Hand der Päpste der alle potentiellen Kritiker von Vornherein - wegen Aussichtslosigkeit - von der Äußerung von Kritik abhält
Eine freie Diskussion ist so nicht möglich - Weltsynode hin oder her



________




3.) Am Gefährlichsten für die Einheit der Katholischen Kirche wird in baldiger Zukunft die Frage der weiblichen katholischen Priesterinnen sein

Entweder entschließt sich der Papst für weibliche katholische Priesterinnen, dann hat er massive Probleme mit Südostasien und Afrika
Den Gläubigen dort könnte er das nicht verheimlichen, die sehen ja zur Ostermesse in Rom die vielen Geistlichen im Fernsehen
Oder der Papst beharrt auf dem Status Quo, dann wird es bald massive Opposition in den nördlichen Ländern Westeuropas (Deutschland, Nordfrankreich, Belgien usw) geben


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RE: Wie der Mitgliederschwund die Kirche verändert - katholisch.de - von Sinai - 27-06-2025, 11:50

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