(27-06-2025, 06:35)Farius schrieb: diese 'Unfehlbarkeit' betrifft ja nicht den jetzigen Papst, sondern und vor allem alle vergangenen Päpste und somit alle Dogmen und Beschlüsse der Vergangenheit.
Du meinst, dass das Unfehlbarkeitsdogma rückwirkend gelte? Interessante Frage.
Sehen wir uns das genau an:
Welches Formerfordernis muss eine päpstliche Aussage erfüllen, um als unfehlbar zu gelten?
Alltagsäußerungen des Papstes von der Art "spanischer Rotwein ist viel besser als italienischer" fallen selbstverständlich nicht darunter - nur wenn die päpstliche Aussage "ex cathedra" erfolgt, gilt sie als unfehlbar.
"Im Jahr 1854, also bereits vor der Konzilsdefinition, gab es bereits eine Verkündung, die dessen Bedingungen erfüllte, nämlich die von der „Unbefleckten Empfängnis Mariae“." Päpstliche Unfehlbarkeit - Wikipedia
Dennoch wurde diese Aussage des damaligen Papstes Pius IX. NICHT rückwirkend als unfehlbar angesehen und wohl aus diesem Grund war es dann im Jahre 1950 erforderlich, dass Papst Pius XII. die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel als unfehlbare Lehre verkündete
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Kirchenrecht ist eine schwierige Sache, es geht auf das frühe Christentum zurück und erst mit dem alten Decretum Gratiani von 1140 beginnt die Zeit der "klassischen Kirchenrechts" obgleich bereits im Konzil von Nicäa (325) der Beginn systematischer kirchlicher Normenerzeugung (zu Themen wie Häresie und Disziplin) zu sehen ist.
Aber erst das erwähnte Decretum Gratiani ordnet erstmals das gesamte Kirchenrecht.
Dann kamen weitere Texte dazu: Liber Extra (1234), Liber Sextus (1298) und andere
Diese Sammlungen (pl.) bildeten den damaligen Corpus Iuris Canonici, wie er bis 1917 in Gebrauch war.
1917 trat der erste systematische Codex Iuris Canonici (CIC) in Kraft, der dann 1983 durch den aktuelle Codex Iuris Canonici (CIC) ersetzt wurde.
Wie ist der Instanzenzug bei Rechtsfragen zum Codex Iuris Canonici (CIC) ?
Vermutlich ist der Papst die oberste Instanz, die dann letztinstanzlich zu entscheiden hat, ob das Unfehlbarkeitsdogma rückwirkend gelte und warum die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel von zwei Päpsten verkündet wurde, einmal 1854 vor dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit und dann nochmals im Jahre 1850
Eine interessante kirchenrechtliche Frage