30-06-2025, 14:58
(30-06-2025, 02:32)Noumenon schrieb: Der Materialismus ist längst tot und entspricht schon lange nicht mehr dem Stand moderner Wissenschaft.Der klassische Materialismus, ja.
(30-06-2025, 02:32)Noumenon schrieb: Die fundamentale physikalische Realität ist nicht "Materie" im Sinne klassischer Stofflichkeit (Masse, Ausdehnung, Undurchdringlichkeit, Lokalisation...), sondern ein Zusammenspiel von Feldern, Zuständen, Wechselwirkungen und Information. "Materie" ist eine emergente Erscheinung innerhalb dieses dynamischen Gefüges, nicht dessen Fundament.Gut gesagt, solange hier nicht jemand ankommt und dann davon redet, Materie sei nicht "real" oder "existiere nicht", was ich immer als eine unglueckliche Ausdrucksweise empfinde. Was heisst hier schon "real"? Wenn man vor eine Betonwand faehrt, interessiert die das wenig, ob man sie fuer real haelt oder nicht. Aber ist schon klar, wir bewegen uns hier in dem Raum emergenter Phaenomene, und so hat Licht verschiedener Wellenlaengen halt verschiedene Eigenschaften, und "gewechselwirkt" wird halt nur zwischen gleichen Groessenordnungen. Was wir als "Materie" bezeichnen, hat halt sehr kurze Wellenlaengen, und ein durchschnittlicher Mensch, der zuegig geht, hat dann eine Wellenlaenge unterhalb der Planck-Laenge, ist also nicht mal mehr fuer die Quantenphysik interessant; was natuerlich nicht unbedingt fuer seine "Einzelteile" gelten muss.
(30-06-2025, 02:32)Noumenon schrieb: Eine klassische Ansicht des Materialismus ist auch, dass der Mensch aus materiellen Bausteinen bestünde.Was soll jetzt daran falsch sein?
(30-06-2025, 02:32)Noumenon schrieb: Nur macht allein eine bloße Ansammlung von Protonen, Neutronen und Elektronen noch keinen Menschen.Richtig, denn diese Ansammlung von Protonen, Neutronen und Elektronen bildet diverse Molekuele und Ueberstrukturen, die dann alle miteinander wechselwirken (der Hauptaspekt, wuerde ich sagen) als ein Gesamtsystem, dem wir dann einen neuen Namen geben. Auch ein Wald besteht nicht nur aus Baeumen, sonst haetten wir nicht ein neues Wort dafuer. Und Systeme haben immer emergente Eigenschaften. Ein gutes Beispiel ist ein Wassermolekuel: das ist nicht nass, sondern "nass" ist eine Eigenschaft, die erst durch die Interaktion von Wassermolekuelen miteinander und mit ihrer Umgebung entsteht.
(30-06-2025, 02:32)Noumenon schrieb: Damit ist zwar deine Frage nicht abschließend beantwortet, aber ich denke, wir Menschen dürfen ruhig anerkennen, dass wir keine allmächtigen Götter sind, sondern unser Wissen begrenzt ist, wie es auch schon für die Generationen vor uns galt. Auch die moderne Wissenschaft hat zwar schon viele Erkenntnisse zutage gefördert, aber nicht auf alles eine Antwort. Gerade in Bereichen wie Bewusstsein, Quantenphysik oder der Frage nach dem Verhältnis von "Geist" und "Materie" gibt es noch viele offene Fragen, auf die wir zum Teil zwar abschließende Antworten zu haben glauben, aber das kann sich eines Tages - bspw. in hundert oder tausend Jahren - rückwirkend ganz anders darstellen, wie "schlau" wir derzeit wirklich sind, was diverse Dinge angeht.Oh, mit Sicherheit. Aber manch einer hier macht aus dieser simplen Tatsache gleich eine Religion und bastelt sich seinen "Lueckengott".
(30-06-2025, 02:32)Noumenon schrieb: Sehr metaphorisch ausgedrückt. Aber wenn ich deinen Gedanken aufgreifen darf: Mir gefällt die Idee, dass es so etwas wie eine Art übergeordnetes Weltbewusstsein geben könnte - etwas, das man vielleicht auch "Gott" nennen kann, manche würden vielleicht auch "Weltseele" dazu sagen. Und wenn diese Entität die Welt hervorgebracht hat, dann erscheint es mir nur folgerichtig, dass es auch in ihr präsent ist. Es wäre doch paradox, wenn "Gott" eine Welt erschafft, ohne in irgendeiner Weise an ihr teilzuhaben. Vielleicht ist es ja so, dass dieses Weltbewusstsein in unzähligen Lebewesen inkarniert ist - also nicht außerhalb von uns steht, sondern sich durch uns ausdrückt, gestaltet, erlebt und bewertet. So wie alle meine Sinneszellen ein Teil von mir sind und mir ermöglichen, die Welt wahrzunehmen, könnten auch wir Teil eines größeren Bewusstseins sein, das durch uns die Welt erfährt - nur mit dem Unterschied, dass wir ein eigenes Bewusstsein haben und als (vermeintlich) eigenständige Individuen begreifen.Ja, Pantheismus ist eine schoene Idee. Nur bin ich mir nicht sicher, dass uns eine solche Weltseele ueberhaupt bemerken wuerde, genausowenig, wie uns Menschen das Schicksal der zig Billionen Mikroben nahegeht, die in uns leben. Ich wuerde auch annehmen, dass ein solch gigantisches Bewusstsein ein ganz anderes Zeitgefuehl hat und wir fuer so etwas nicht mal Eintagsfliegen waeren.

