(08-07-2025, 22:27)Ekkard schrieb: Sinn (und ähnliche Begriffe) beruhen auf zwischenmenschlichen Vereinbarungen, auf dem Zusammenspiel innerhalb einer Partialgesellschaft
Es ist eine atheistische Sicht, dass Gesellschaften mittels zwischenmenschlicher Vereinbarungen derartige Punkte bestimmen dürften, dies endete noch immer in Barbarei und Chaos
Man denke etwa an die Radbruchsche Formel
Die Radbruchsche Formel wurde vom Rechtsphilosophen Gustav Radbruch formuliert, sie beschreibt die Beziehung zwischen Recht und Gerechtigkeit, insbesondere in Bezug auf die Frage, wann ein Gesetz als so ungerecht angesehen werden kann, dass es nicht mehr als Recht gelten sollte. Sie besagt zwar, dass positives Recht, also das von der durch gesellschaftliche Konvention gesetzte Recht, grundsätzlich Vorrang hat, auch wenn es inhaltlich allem Anschein nach ungerecht ist, es sei denn, der Widerspruch zur Gerechtigkeit wird "unerträglich". In diesem Fall, in denen das Gesetz in extremer Weise gegen grundlegende Gerechtigkeitsprinzipien verstößt, verliert es seinen Rechtscharakter und darf nicht angewendet werden.
Gustav Radbruch veröffentlichte die als "Radbruchsche Formel" in die Rechtswissenschaft eingegangene Textpassage erstmals im Jahr 1946 im Aufsatz Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht in der Süddeutschen Juristen-Zeitung (SJZ)
Die Radbruchsche Formel wurde mehrfach von der bundesdeutschen höchstrichterlichen Rechtsprechung angewandt und gilt seither als einflussreiche rechtsphilosophische Schrift
Sie zeigt, dass Gesetze auch dann ungültig sein können wenn sie durch zwischenmenschliche Vereinbarung entstanden sind.
Dies kann insbesondere bei Sterbehilfe und Abtreibungsgesetzen schlagend werden - und zwar rückwirkend!
Da hilft es dem Täter nicht, sich darauf zu berufen, dass er ja gültiges Recht angewendet hat
Man denke an die Anwendung der Radbruchschen Formel in den Mauerschützen-Prozessen
Ehemalige DDR-Grenzsoldaten und deren Vorgesetzte wurden angeklagt und verurteilt, weil sie vor 1989 DDR-Staatsbürger auf der Flucht von der DDR in die Bundesrepublik Deutschland erschossen hatten
Obwohl es nach DDR Recht richtig war, auf die Flüchtenden zu schießen, wertete dann der Bundesgerichtshof der BRD das Handeln der ehemaligen Grenzsoldaten und ihrer Vorgesetzten als Totschlag
Auch Konvention, zwischenmenschliche Vereinbarung, Zusammenspiel innerhalb einer Gesellschaft haben ihre Schranken
Der Mensch kann also nicht Gesetze beschließen, so wie er will
Später kann dann die Rechnung dafür kommen. Und er kann sich dann nicht darauf ausreden, im Namen der Gesetze gehandelt zu haben