(16-07-2025, 21:32)subdil schrieb: Das beste Argument gegen die materialistische Weltanschauung ist......suprise, suprise: Die moderne Teilchenphysik.
Während der Materialismus traditionell davon ausging, dass die Welt aus festen, ausgedehnten Stoffen besteht, hat sich dieses Bild mit dem Fortschritt der Physik hin zur modernen Teilchenphysik grundlegend gewandelt. In der Quantenmechanik zeigt sich, dass sogenannte "Teilchen" wie Elektronen oder Quarks keine kleinen, harten Kügelchen mehr sind, sondern als Anregungen zugrunde liegender Felder verstanden werden, deren Verhalten sich nur noch durch mathematische Strukturen wie Wellenfunktionen oder Zustände in einem abstrakten Raum beschreiben lässt. Was ein "Teilchen" ist, hängt dabei vom physikalischen Kontext und vom Beobachtungsrahmen ab. Es ist kein in sich stabiles Ding, sondern ein Ereignis oder ein Zustand in einem dynamischen Gefüge. Selbst Masse ist nicht einfach eine inhärente Eigenschaft eines Körpers, sondern eine emergente Erscheinung von Wechselwirkungen innerhalb des sog. Higgs-Feldes und basierend auf dem gleichnamigen Mechanismus.
Dieses veränderte Verständnis stellt den klassischen Materialismus vor ein grundlegendes Problem: Wenn Materie nicht mehr als "harte Substanz" existiert, sondern nur noch über Felder, Wechselwirkungen und abstrakte Strukturen beschrieben werden kann, verliert die Vorstellung einer stofflich fundierten Welt an Plausibilität. Was früher als anschaulicher Stoff erschien, entpuppt sich heute als ein Netz von Relationen, Zuständen und Wechselwirkungen - begrifflich gefasst in mathematischen Modellen. Damit stellt sich die Frage, worauf ein materialistisches Weltbild überhaupt noch gründen soll, wenn der Begriff der Materie selbst zunehmend durch formale und feldtheoretische Konzepte ersetzt wird.
Hinzu kommt die nichtlokale Verschränkung in der Quantenmechanik, die nahelegt, dass die Realität nicht durch lokale materielle Ursachen vollständig erklärbar ist. Solche Phänomene sprechen dafür, dass Beziehungen, Informationszustände oder systemische Ganzheiten grundlegender sein könnten als das, was man früher als stoffliche "Bausteine" der Welt betrachtete. In dieser Hinsicht erscheint ein rein materialistisches Weltbild als zu kurz gegriffen, da es den relationalen und formalen Charakter der physikalischen Grundstruktur nicht angemessen berücksichtigt.
Auch der zunehmende Grad der Mathematisierung in den modernen Theorien - etwa in der Quantenfeldtheorie oder der Stringtheorie - verstärkt diesen Befund. Die Welt erscheint nicht mehr als aus "Dingen" bestehend, sondern als formal-logisches Gefüge, das sich am besten durch abstrakte Gleichungen beschreiben lässt. So gesehen führt ironischerweise also ausgerechnet die moderne Physik, die der Materialismus lange als Verbündeten betrachtete, zu seiner Überwindung.
Was genau das aber mit Gott zu tun haben soll, bleibt ein Rätsel.

(16-07-2025, 21:32)subdil schrieb: Das selbe gilt natürlich auch für die Kunst im weitesten Sinne. Alles, was mit Schönheit, Harmonie und Ästhetik zu tun hat hat keinerlei evolutionären Nutzen und wäre somit schon längst aus unserer Wahrnehmung verschwunden, wenn das Universum rein materialistisch und mechanistisch wäre. Insofern ist die Existenz an sich von Ästhetik, Schönheit und Harmonie das beste Argument gegen den Materialismus und darüber hinaus auch für Gott. Denn die Existenz dieser Dinge macht plötzlich Sinn und erklärt sich von selbst, wenn man einen Schöpfergott annimmt, der eine ästhetische, harmonische und schöne Welt erschaffen wollte.Ich sehe hier nicht mehr als subjektive Bewertungskategorien. Nehmen wir den Leichengeruch: Für Aasfresser ist das der Duft eines Festmahls. Für den Menschen löst er Brechreiz aus. Ist das jetzt "schön" oder "hässlich"...? Und was sagt das über die Wirklichkeit an sich?
Oder ist bspw. ein symmetrischer Haufen Exkremente unter Kunstlicht in einer Galerie "schön", nur weil jemand einen Preis dafür bekommen hat?
Wenn Ästhetik, Schönheit und Harmonie wirklich ein Gegenargument zum Materialismus wären, müssten diese Dinge objektiv, konstant und von biologischen sowie kulturellen Prägungen unabhängig sein, sind sie aber nicht. Sie sind so wandelbar wie Modetrends, so beliebig wie Geschmack und so launisch wie das Wetter.

