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Das beste Argument gegen den Materialismus und für Gott?
#27
(20-07-2025, 14:21)Ulan schrieb: Ach na ja, weisst Du, das Etikett ist mir jetzt egal. Ich sehe jetzt nicht warum dem Materialismus nicht das gleiche widerfahren sollte wie dem Idealismus, der sich in zig verschiedene Zweige aufgespalten hat. Wenn wir die "Materialisten" hier auf dem Forum betrachten, dann beziehen diese doch all die unmittelbar und mittelbar erfahrbaren Elemente der Natur mit ein, also Wellen, Felder, etc., im Unterschied zu Geist. Wenn Du dafuer einen anderen Begriff finden willst, sei's drum, aber dabei geht's doch jetzt nur noch um das Etikett auf der Schublade. 

Oder anders ausgedrueckt: wenn wir "Materialismus" unbedingt klassisch, wie in "klassische Mechanik", definieren wollte, dann gibt's hier keine Materialisten, und wir brauchen uns darueber nicht weiter zu unterhalten. Reden wir doch lieber ueber das, was die Leute hier auch vertreten, sonst reden wir nur aneinander vorbei. Der Gegensatz, den subdil hier aufgestellt hat, ist ja anscheinend im Denken durchaus da, denn er sprach von Evolution als Beispiel fuer materialiistisches Gedankengut.

Was waere Dir denn lieber anstelle von "Materialismus"? Wissenschaftlicher Realismus?
Stimmt schon, wenn es nur um Etiketten ginge, wäre die Debatte wohl schnell beendet. Aber ich denke, es geht letztlich um mehr, nämlich um die Frage, mit welchen Begriffen und Konzepten wir die Wirklichkeit überhaupt fassen und verstehen können. In diesem Sinne steht der Begriff "Materialismus" eben nicht einfach neutral für "all die unmittelbar und mittelbar erfahrbaren Elemente der Natur", sondern ist historisch mit bestimmten ontologischen Vorstellungen verbunden - etwa Substanz, Ausdehnung, Kausalität im klassischen Sinne, Lokalität, mechanistisches Weltbild und letztendlich vor allem eine naive Dingontologie.

Und wenn sich nun die physikalischen Grundlagen, auf die sich dieser Materialismus stützt, tiefgreifend gewandelt haben - etwa hin zu Feldern, Prozessen, Wahrscheinlichkeiten, relationalen Strukturen - dann ist das aus meiner Sicht nur folgerichtig, auch die ontologischen Konzepte, mit denen wir die Welt deuten, zu überdenken. Dabei geht es nicht um Wortklauberei, sondern um die Frage, welche Grundbegriffe wir für angemessen halten, um die Realität zu konzeptualisieren: Sprechen wir von Dingen, Substanzen, Kräften? Oder eher von Prozessen, Strukturen, Beziehungen? Verschiedene Positionen wie Materialismus, Strukturenrealismus, Prozessontologie oder Informationsrealismus bieten hier jeweils ihre eigene Deutungsansätze.

Der klassische Materialismus hatte in einer bestimmten historischen Phase durchaus Erklärungskraft. Aber wenn er sich von seinen ursprünglichen Annahmen immer weiter entfernt, stellt sich irgendwann die Frage, ob er noch ein tragfähiger Deutungsrahmen ist, oder ob wir nicht vielleicht neue Konzepte brauchen, um uns die Wirklichkeit angesichts diverser Phänomene jenseits der alltäglichen Erfahrungswelt noch begreifbar zu machen.
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RE: Das beste Argument gegen den Materialismus und für Gott? - von Noumenon - 20-07-2025, 16:24

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