23-07-2025, 19:50
(21-07-2025, 16:18)petronius schrieb:Das Verständnis der klassischen Physik von Materie, worum es an dieser Stelle ja ging, ist eigentlich hinlänglich bekannt:(20-07-2025, 13:59)Noumenon schrieb: Die moderne Physik zeigt natürlich nicht, dass die Welt aus Mathematik besteht, aber sie zeigt zumindest sehr deutlich, woraus sie nicht besteht: Klassischer Materie im Sinne räumlich ausgedehnter, fester, nicht weiter teilbarer Substanzen. Und damit hat der Materialismus seine ursprüngliche Grundlage verlorenja klar - wenn du "materie" denn unbedingt so verstehen willst, wie du hier gerade beschrieben hast - als "nicht weiter teilbare Substanz". nur - wer hier (außer dir) - hat sie so definiert?
Zitat:Klassischer und alltäglicher Materiebegriff-
Der Begriff der Materie in der klassischen Physik stimmt weitgehend mit dem umgangssprachlichen Sinn von Materie oder materiell überein, sofern damit der Unterschied von körperlichen und nichtkörperlichen Dingen benannt werden soll. Ein Stück Materie hat dabei zwei allgemeine und grundlegende Eigenschaften: In jedem Moment besitzt es eine bestimmte Masse und eine bestimmte Form, mit der es ein gewisses Volumen ausfüllt. Um Materiemengen anzugeben, werden die Größen Masse (umgangssprachlich meist ausgedrückt als „Gewicht“) und Volumen verwendet.
Materie bildet damit in der klassischen Physik den Gegensatz zum leeren Raum oder absoluten Vakuum und zu den eventuell darin existierenden masselosen Kraftfeldern. Zur näheren Charakterisierung makroskopischer Materie gibt es zahlreiche spezielle physikalische und chemische Parameter und Materialeigenschaften. Solche Materie kann unseren Sinnen als vollkommen homogenes Kontinuum erscheinen, und sie wird in Teilen der Physik auch heute so behandelt. Dennoch ist Materie stets aus diskreten Materieteilchen aufgebaut, die die mikroskopische Struktur der Materie bilden. Für eine direkte Wahrnehmung mit unseren Sinnen oder auch mit dem Lichtmikroskop sind diese Teilchen um viele Größenordnungen zu klein und blieben daher auch lange hypothetisch. Die Angabe der Teilchenzahl ist die genaueste Möglichkeit, eine Menge an Materie zu bestimmen. Bei makroskopischer Menge wählt man hierzu eine eigens definierte physikalische Größe, die Stoffmenge. Die Angabe der Teilchenzahl muss stets mit der Information verbunden sein, um welche Art (oder Arten) von Teilchen es sich handelt.
In der klassischen Physik und Chemie sind die Teilchen, aus denen die Materie aufgebaut ist, die Atome oder die aus bestimmten Atomarten in festgelegter Weise zusammengesetzten Moleküle. Dabei wurden die Atome als unteilbare Körperchen von bestimmter Masse und bestimmtem Volumen angenommen. Sie sollten – im Einklang mit der damals in allen chemischen und physikalischen Umwandlungen beobachteten Erhaltung der Masse – auch absolut stabil sein und insbesondere weder erzeugt noch vernichtet werden können. Zusammen mit dem naturwissenschaftlichen Nachweis, dass es die Atome wirklich gibt, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts allerdings auch entdeckt, dass diese Annahmen über ihre Beschaffenheit nicht ganz zutreffen.
*https://de.wikipedia.org/wiki/Materie_(Physik)#Klassischer_und_allt%C3%A4glicher_Materiebegriff
(21-07-2025, 16:18)petronius schrieb:Ich glaube, wir reden hier aneinander vorbei, falls du meine Kritik am Materialismus als Verteidigung irgendeiner transzendenten "Geist-Welt" verstehst. Mein Punkt ist an dieser Stelle, dass sich der klassische Materiebegriff in der modernen Physik so weit aufgelöst bzw. gewandelt hat, dass er nicht mehr als konsistenter Substanzbegriff taugt - zumindest dann nicht, wenn man ihn ontologisch ernst nehmen will. Und wenn man heute unter "Materie" einfach alles versteht, was real ist und mit uns wechselwirkt, dann mag das begrifflich pragmatisch bzw. bequem sein, aber macht den Materialismus als ontologische Position inhaltsleer, denn er wird dadurch zur bloßen Absage an "das Geistige", ohne selbst noch eine positive begriffliche Grundlage zu liefern.(20-07-2025, 13:59)Noumenon schrieb: Und natürlich kann man versuchen, den Begriff des Materialismus mit Biegen und Brechen über die Jahrhunderte "mitzuschleifen" und all die neuen Konzepte der modernen Teilchenphysik einfach als Erweiterung des Materiebegriffs zu deuten. Doch dabei wird übersehen, dass der Begriff der Materie ursprünglich genau das meinte, was die moderne Physik längst hinter sich gelassen hat: Wer heute Felder, Zustände, Wechselwirkungen oder mathematische Relationen als "materiell" bezeichnet, betreibt eine bloße Etikettierung, ohne dass noch ein konsistenter Substanzbegriff dahinter stündewer aber materie nur als "Felder, Zustände, Wechselwirkungen oder mathematische Relationen" verstehen will, ist da nicht besser. auch wenn materie nicht alles ist bzw. all das nicht materie, so ist es doch (auch) materie, was mit uns wechselwirkt, also real existiert. und eben nicht irgendwelches transzendete "geistige"
(21-07-2025, 16:18)petronius schrieb:Wenn du ernsthaft bestreitest, dass sich der Materiebegriff in der Geschichte der Physik fundamental gewandelt hat, dann wird es schwierig, sinnvoll über Weltbilder zu diskutieren.(20-07-2025, 13:59)Noumenon schrieb: Wenn die Grundlage eines Weltbildes durch andere Begriffe ersetzt wird, handelt es sich eben nicht mehr einfach nur um eine "Ergänzung", sondern um eine Revision, um eine grundlegende inhaltliche Veränderung eines Begriffs oder Weltbilds, bei der zentrale Annahmen oder Kerndefinitionen aufgegeben und durch neue ersetzt werdenklar - aber das ist eben nicht der fall
(21-07-2025, 17:06)petronius schrieb:Gut, aber hier geht es ja nicht um persönliche Meinungen, sondern Fakten.(20-07-2025, 21:37)Noumenon schrieb: Die zentrale Erkenntnis ist: Materie ist ein emergentes Phänomendas sehe ich nicht so
(21-07-2025, 17:06)petronius schrieb: auch wenn man das waserstoffatom als materiewelle beschreiben kann, hat es doch auch eine masseMag schon sein, nichtsdestotrotz ist Masse lediglich ein emergentes Phänomen, welches im Falle der Elementarteilchen aus dem Higgs-Mechanismus hervorgeht. Genauer: Aus der spontanen Symmetriebrechung des Higgs-Feldes und der Wechselwirkung anderer Quantenfelder mit dessen Vakuumkonfiguration. In dem von dir genannten Fall (Wasserstoffatom) ist es sogar noch etwas vielschichtiger: Die Masse des Wasserstoffatoms bzw. Protons resultiert weniger aus der Masse der einzelnen Quarks, sondern vielmehr aus deren Bindungsenergie auf Basis der starken Wechselwirkung, also auch hier als emergentes Phänomen einer tieferliegenden Dynamik (Quantenchromodynamik).
(21-07-2025, 17:09)petronius schrieb:Müssen wir Quantenfeldtheorie jetzt eurythmisch vortanzen, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt? Wenn eine Argumentation erst mit Wachsmalstiften und Klatschspielen verständlich wird, ist vielleicht nicht die Argumentation das Problem, sondern das Bildungsniveau des Empfängers.(20-07-2025, 22:48)Ulan schrieb: muss man fehlende Physik- und Philosophiekenntnisse in einem spezifischen Argument nachliefern?wenn man auch verstanden werden will, wohl schon und sehr wohl