(08-08-2025, 17:01)Farius schrieb:(07-08-2025, 11:44)Ulan schrieb: Kohelet stammt aus einer Zeit, als im Judentum noch gesichert angenommen wurde, dass es so etwas wie eine "unsterbliche Seele" nicht gibt. Was es gab, war von Gott geborgtes "Lebenselixir" (normalerweise im Blut verortet), das aber nicht personalisiert gedacht wurde, sondern immer Teil Gottes blieb. Das Individuum erlischt endgueltig mit dem Tod.Lieber Ulan,
Sinai würde jetzt vermutlich entsetzt behaupten, das sei völlig unbiblisch. Hat nicht Jesus ganz klar gesagt: "Da wo ich hingehe - nämlich ins geistige Reich des Vaters - da sollst auch Du, Ulan hinkommen! Denn Gott, mein Vater hat da eine Wohnung für Dich erichtet - die Villa Ulan!"
Und soweit müsste ich Sinai natürlich auch Recht geben - so er es wirklich behaupten würde, denn mit Mt 10,28 - kennst Du vermutlich - ist zu erfahren, dass man die Seele nicht töten kann.
Dass NT-Texte den AT-Texten in diesem Punkt widersprechen, ist sicherlich richtig, aber wir sprachen hier ueber das Buch Kohelet. Und natuerlich haetten wir genausogut das Buch Ijob nehmen koennen. Gott gab seine Versprechen der "Wiedergutmachtung" entweder zu Lebzeiten der Person, mit der er sich auseinandersetzte, oder halt fuer deren Nachfahren. Fuer die Person selbst war mit ihrem Tod ansonsten alles vorbei. Wobei bei Kohelet Gott sowieso stumm bleibt und nicht einmal gerecht ist.
(08-08-2025, 17:01)Farius schrieb: 1942 schrieb Albert Camus in "Der Mythos des Sisyphos": "Ob die Erde sich um die Sonne dreht oder die Sonne um die Erde ist im Grunde eine gleichgültige Frage. Dagegen sehe ich zahlreiche Menschen sterben, weil sie das Leben nicht für lebenswert halten. Also schliesse ich, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens die dringlichste aller Fragen ist. Wie sie beantworten? Darüber urteilen, ob das Leben der Mühe wert ist, gelebt zu werden oder nicht, heisst auf die fundamentalste Frage der Philosophie antworten."
Ja, aber ich hoffe, Dir ist aufgefallen, dass die meisten der Leute hier, die meinen, mit dem Tod sei alles vorbei, ueberhaupt kein Problem damit haben, im Leben einen Sinn zu finden.
(08-08-2025, 17:01)Farius schrieb: Dass das Individuum nicht gänzlich mit dem Tod untergeht - wobei mit Tod hier Sterben gemeint ist - und mit 'untergehen' sowohl das Ende der Existenz des Körpers als auch der Seele gemeint ist - dass dies also nicht stimmen kann, beweist uns doch Jesus höchstpersönlich auf verschiedene Arten:...
Tja, "Beweis" ist ein grosses Wort. Das sind gewachsene, sprich erfundene Geschichten.
(08-08-2025, 17:01)Farius schrieb: - wäre Jesus mit dem Tod am Kreuz gänzlich untergegangen, hätte er den Seinen nicht erscheinen können
Im aeltesten kanonischen Evangelium, dem vom Markus, erscheint Jesus niemandem, wenn wir beruecksichtigen, dass alles hinter Mk 16:8 spaetere Hinzufuegungen sind, wie wir aus den aeltesten erhaltenen Bibelmanuskripten wissen. Und mit jedem Wiedererzaehlen wuchs die Erzaehlung...
(08-08-2025, 17:01)Farius schrieb: - Das Leiden Jesu zur Erlösung der Menschheit stünde in Widerspruch zur Tatsache, dass man nur lösen oder erlösen kann, was vorher gebunden war. "Frieden hinterlasse ich euch ..." heisst zwingend, dass der Mensch resp. dessen Seele vorgeburtlich in Unfrieden mit Gott und seinem Sohn war - will heissen, dass des Menschen Seele beim letzten Leben oder noch früher nicht untergegangen war.
Davon weiss wiederum das Evangelium von Lukas nichts.
(08-08-2025, 17:01)Farius schrieb: - dem Leben ist unter solchen so völlig unterschiedlichen Bedingungen kein höherer Sinn abzuringen - und dass Gott, sofern Du seine Existenz anerkennst, eine solch riesige Aufgabe mit der Schaffung des Kosmos, der Erde und des Menschen auf sich nimmt, nur um den Menschen wieder sang- und klanglos untergehen zu lassen, kann ja wohl Deine geschätzte Ansicht nicht sein.
Laesst er ja nicht. Ich weiss jetzt nicht, wie alt Du bist, aber ich sehe die naechste Generation von Menschen den Stab im Staffellauf des Lebens schon uebernehmen. Wie es immer war. Du oder ich haben wohl unseren Teil zu dieser Welt beigetragen, und nun sind andere dran. Wir koennen dafuer sorgen, dass wir ihnen etwas hinterlassen, mit dem sie etwas anfangen koennen. Das ist der Sinn des Lebens.
(08-08-2025, 17:01)Farius schrieb: Gott tut nichts Sinnloses.
Laut Bibel schon. Ansonsten ist das sowieso ein Glaubensbekenntnis auf ein anderes aufgepfropft.
(08-08-2025, 17:01)Farius schrieb: Der Mensch hat keine Seele! Die Seele nimmt von Zeit zu Zeit einen menschichen Körper an!
Falls es so etwas wie eine Seele ueberhaupt geben sollte - was ich bezweifele. Wir sehen ja an Texten wie Kohelet, dass sich hier Menschen Gedanken ueber den Atem gemacht haben; aber diese Uebereinstimmung von "Seele" mit "Atem", die im Hebraeischen oder Griechischen noch vollkommen gegeben ist, ist uns als Bild im Deutschen schlicht verloren gegangen. Und ja, Atem haben wir, solange wir leben. Nur geht der nicht irgendwo Bestimmtes hin, wenn wir sterben.

