22-08-2025, 09:34
(16-08-2025, 11:27)Ulan schrieb:Lieber Ulan,(16-08-2025, 10:57)Farius schrieb: Am Morgen kommt Jesus völlig erschöpft erneut vor den Rat. Als einem zum Tode verurteilten legt man ihm eine Kette um den Hals - dann geht es zu Pontius Pilatus, doch dieser verweist die Angelegenheit weiter zu Herodes. Pilatus wird von seiner Frau Claudia Pocle bestürmt, Jesus nicht zu verurteilen.
Herodes Antipass lässt den Angeklagten erst säubern und geht auf die wutentbrannten Sticheleien von Hannas und Kaiphas nicht ein. Seit er Johannes den Täufer hat enthaupten lassen ist ihm nicht mehr sehr wohl. Er schickt Jesus zu Pilatus zurück. Die Priester senden die Pöbelscharen aus, um das Volk mit Geld zu bestechen, den Tod von Jesus zu fordern.
Pilatus gibt Bar Abba frei und lässt Jesu geisseln, obwohl das bestochene Volk bereits seine Kreuzigung verlangt. Sechs stämmige Sklaven, immer je zwei zur gleichen Zeit geisseln Jesus am ganzen Körper unter johlendem Gelächter des Volkes. Die Schergen schleppen Jesus zum Wachhaus, bekleiden ihn mit einem alten Soldatenmantel und setzen ihm eine Dornenkrone auf und geben ihm ein Schilfrohr mit Kolben als Zepter und verhöhnen ihn.
Jesus wird erneut vor Pilatus gezerrt, wo die Hohenpriester in rasender Wur schreien, Jesus zu kreuzigen und die Volksmassen stimmen mit ein - da gibt Pilatus nach. Er malt auf eine Holztafel drei Zeilen in je einer Sprache : INRI
Natürlich kannst Du das als Hochverrat bezeichnen!!
Es ist interessant, dass Du Dir die Muehe machst, hier eine langatmige Harmonisierung der Evangelienberichte zu versuchen, dabei aber den Austausch, der die Verurteilung wegen Hochverrats begruendet - die religioesen Gruende des Sanhedrin sind fuer Pilatus egal - vollkommen ausklammerst. Was soll das?
Nehmen wir das mehrheitlich als aeltestes Evangelium anerkannte Markus-Evangelium zur Grundlage, das ohne die fantasievollen Ausschmueckungen der spaeteren Evangelien auskommt (alles aus Mk 15, EU):
Die Beweisaufnahme zur Anklage wegen Hochverrats:
Mk 15, EU schrieb:2 Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er antwortete ihm: Du sagst es.Hier bestaetigt Jesus die Richtigkeit der Anklage wegen Hochverrats. Judaea und Samaria waren Teile einer roemischen Provinz, und der Einzige, der berechtigt war, diesen Titel zu verleihen, war der Kaiser in Rom. Diesen Titel also zu beanspruchen, war Hochverrat.
Das Schuldeingestaendnis:
Mk 15, EU schrieb:3 Die Hohepriester brachten viele Anklagen gegen ihn vor.Nach roemischer Prozessordnung galt die Weigerung, sich zu verteidigen, als Schuldeingestaendnis. Hier legt es Jesus also bewusst darauf an, verurteilt zu werden. Dieser Punkt war aber nicht ausschlaggebend.
4 Da wandte sich Pilatus wieder an ihn und fragte: Willst du denn nichts dazu sagen? Sieh doch, wie viele Anklagen sie gegen dich vorbringen.
5 Jesus aber gab keine Antwort mehr, sodass Pilatus sich wunderte.
Der Verurteilungsgrund:
Mk 15, EU schrieb:25 Es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten.Also Hochverrat.
26 Und eine Aufschrift gab seine Schuld an: Der König der Juden.
Auch Markus legt hier dem Statthalter Roms unsinnige Worte in den Mund, dass dieser angeblich keine Schuld im Angeklagten finden wuerde, aber das in der Verhandlung ermittelte Vergehen wurde durch die Aufschrift am Kreuz bestaetigt.
Man sieht hier, wie in den Evangelien Geschichtsklitterung betrieben wird. Der grundlegende, noch vollkommen nach damals geltenden Gesetzen durchgefuehrte und zur Verurteilung fuehrende Prozess ist hier noch sichtbar, da die Hauptelemente der Schuldfindung noch da sind, aber hier wird trotzdem schon versucht, erstens, die roemische Christenheit nicht vor den Kopf zu stossen und, zweitens, die Erzaehlung vom schuldlos Gekreuzigten zu kultivieren.
Natürlich ging der offiziellen Verurteilung durch Pilatus die Verurteilung des Hohenpriesters voraus und diese basierte auf der Aussage Jesu, der Sohn Gottes zu sein - da behauptete der Hohenpriester, dies sei Gotteslästerung, worauf die Todesstrafe stand.
Die Aussage Jesu, König zu sein, war nicht falsch, aber Pilatus musste einen Grund haben, denn das bestochene Volk forderte die Todesstrafe und die Priesterschaft drohte, ihn an höherer Stelle zu verleumden.
Aber wenn Du gerne darauf beharrst, dass es Hochverrat war, dann stimmt das mindestens mit der offiziellen Lesart überein.