30-01-2008, 03:10
Lea schrieb:Ekkard,
schliesst ein Überarbeiten (automatisch) Authentisches aus? Dieses Argument kann ich momentan nicht ganz nachvollziehen. Meist du, es ist Stückwerk, willkürlich oder auch mit Bedacht/Absicht zusammengefügt? Wahrscheinlich kenne ich das Buch noch zu wenig. Dann allerdings, muß ich an der Stelle erstmal aus der Diskussion aussteigen und innehalten. Mir ging es um das Verständnis, den Begriff als solchen, was eine "wirkliche Vision" sein kann/oder ist, zu unterscheiden von den falschen. Zum Schluß die Frage, was konkret ist unübersehbar?
Noch einmal dazu:
Ich habe jetzt zumindest erst mal ein bisschen von der Offenbarung (wieder) gelesen, und ich muss da mal als erstes die Frage stellen:
Wie sehen "Visionen" genau aus? Zwar weiß ich nicht aus eigener Anschauung, dass es sie überhaupt gibt, aber zumindest weiß ich, was Halluzinationen sind, denn mein sterbender Vater hatte sie jede Menge. Er lebte in zwei Welten. Daraus kann ich in etwa schließen, wie Visionen sind, und ich sehe im Moment auch keinen Grund, deren Existenz anzuzweifeln. Schließlich träumen wir auch, und ein Wachtraum kommt vermutlich einer Vision nahe.
Nun entsteht die eintscheidende Frage: Wie kommt der Wachtraum aufs Papier?
Und wie läuft er ab, bevor er aufs Papier kam?
Die Halluzinationen meines Vaters bekam ich insofern mit, als er mit einem imaginären Gegenüber redete oder mich bat, etwas auszuführen, was nur in seiner Phantasie existierte.
Wie erlebt nun der Visionäre seine Vision? Spricht er dabei? Kann also ein Zweiter mitschreiben? Oder sieht er nur stumm Bilder? Oder hat er den Stift in der Hand und schreibt die Bilder mit?
Ich denke, dass ein Text eindeutig zeigt, ob er NACH oder WÄHREND einer Vision niedergeschrieben wurde. Da kann sich niemand drin irren.
Und in der Johannesoffenbarung ist das besonders eindeutig:
Offenbarung 1
1. Offenbarung Jesu Christi, welche Gott ihm gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in Bälde geschehen soll; und er hat sie kundgetan und durch seinen Engel seinem Knechte Johannes gesandt,
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Dieser erste Vers wurde NACH der "Offenbarung" geschrieben.
2. welcher das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi bezeugt hat, alles, was er sah.
3. Selig, wer liest und die da hören die Worte der Weissagung, und bewahren, was darin geschrieben steht! Denn die Zeit ist nahe.
4. Johannes an die sieben Gemeinden in Asien: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Throne sind,
5. und von Jesus Christus, dem treuen Zeugen, dem Erstgeborenen von den Toten und dem Fürsten über die Könige der Erde.
6. Ihm, der uns liebt und uns durch sein Blut von unsren Sünden gewa-schen und uns zu einem Königreich gemacht hat, zu Priestern für sei-nen Gott und Vater: ihm gehört die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit! Amen.
7. Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die, welche ihn durchstochen haben, und es werden sich seinet-wegen an die Brust schlagen alle Geschlechter der Erde! Ja, Amen.
8. Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.
9. Ich, Johannes, euer Mitgenosse an der Trübsal und am Reich und an der Geduld Jesu Christi, war auf der Insel namens Patmos, um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses Jesu willen.
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Bis hierhin ist dies eine Art Predigt.
10. Ich war im Geist am Tage des Herrn und hörte hinter mir eine gewaltige Stimme, wie von einer Posaune, die sprach:
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Und hier beginnt er von dem zu berichten, was er erlebt hat. Er hat eine Stimme gehört. Ob er gleich wörtlich mitgeschrieben hat, steht hier nicht. Aber es ist anzunehmen, dass er nicht "mitstenographiert" hat, denn um 100 nach Christus ging das nicht so einfach. Außerdem klingen die folgenden Sätze zu ausgefeilt. Wenn er also wirklich diese Stimme gehört hat, dann hat er die Worte wohl erst im Nachhinein so wohl gesetzt:
11. Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es den sieben Gemeinden, nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamus und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea!
12. Und ich wandte mich um, die Stimme zu sehen, die mit mir redete; und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter,
13. und inmitten der Leuchter Einen, der einem Menschensohne glich, angetan mit einem langen Gewande und um die Brust gegürtet mit einem goldenen Gürtel;
14. sein Haupt aber und seine Haare waren weiß, wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme,
15. und seine Füße wie schimmerndes Erz, im Ofen geglüht, und seine Stimme wie das Rauschen vieler Wasser.
16. Und er hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtet wie die Sonne in ihrer Kraft.
17. Und als ich Ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte
18. und der Lebendige; ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Toten-reichs.
19. Schreibe nun, was du gesehen hast, und was ist, und was darnach geschehen soll:
20. das Geheimnis der sieben Sterne, die du auf meiner Rechten gesehen hast, und der sieben goldenen Leuchter. Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind die sieben Gemeinden.
Offenbarung 2
1. Dem Engel der Gemeinde in Ephesus schreibe:
[...]
Und nun kommen sehr lange Texte, die jeweils ein Brief an sieben verschiedene Gemeinden sind.
Sie können unmöglich diktiert worden sein, denn das wäre nur mit "Stenographie" möglich gewesen. Im Gedächtnis kann Johannes sie auch nicht so wortwörtlich behalten haben. Eventuell kann er sie überhaupt nicht behalten haben. Falls er wirklich dieses Stimme, die ja eine halbe Stunde "diktiert" haben muss, gehört hat, muss er im Nachhinein das meiste selbst ersonnen oder nur ungefähr aufgeschrieben haben.
Ich kann festhalten:
1. Die Offenbarungstexte sind bis inklusvie Kapitel 3 vor allem sieben sehr ausführliche Briefe, die - falls sie wirklich visionär gehört wurden - im Nachhinein aus der Erinnerung aufgeschrieben wurden
2. Es wäre zu überprüfen, ob die starke Symbolik in diesen Texten übliche Schemata und Bilder bei prophetischen Visionen benutzen. Falls ja, ist anzunehmen, dass sie nicht wirklich gesehen, sondern zumindest hineingemengt wurden.
3. Weiter wäre zu überprüfen, ob diese intimen Kenntnisse über die Gemeinden, die hier ja wegen ihrer persönlichen Schwächen ermahnt werden, dem "Herrn" zuzutrauen wären. Lässt Gott sich herab, dem Johannes Visionen zu schicken und Briefe zu diktieren, um zu erreichen, dass die "Nikolaiten" (gnostische Sekte) auf Abstand gehalten werden?
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Wir sind aber erst bei Kapitel 3. Die "Vision" geht bis Ende Kapitel 22. Vorgelesen würde das alles vermutlich zwei Stunden oder länger dauern. Das alles soll sich Johannes gemerkt haben, mit genau der richtigen Anzahl aller Leuchten und Sterne?