08-03-2008, 00:39
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08-03-2008, 00:45 von Alanus ab Insulis.)
sunshine schrieb:die aufgabe war: schreiben sie einen lexikoneintrag über das himmelreich unter besonderer beobachtung der funktion jesu.
Ich finde diese Aufgabe absolut absurd. Wer auch immer sie gestellt hat, bezeugt damit, dass er wenig Feingefühl für Fragen des Glaubens und theologische Sachverhalte hat. Als ob sich das Reichgottes in eine Definition drückenlassen würde?
Die Gleichnisse der Evangelien, die Bildreden des johanneischen Evangeliums und der Apokalypse sind die besten Beispiele dafür, dass man Reich Gottes immer nur annäherungsweise umschreiben kann. Sie wollen uns ein Vorahnung und ein gewisses Bild von der Güte, Barmherzigkeit, aber auch der Gerechtigkeit, Heiligkeit Gottes geben, der bei alledem die Liebe in Person ist.
Es ist daher auch gänzlich unmöglich de-finitiv, also endgültig, zu beschreiben wie Gott und sein Reich ist, da Gott und alles reden von ihm immer unzulänglich ist.
Ich halte es daher eher mit Lk 17, 20f:
"Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch."
Das Reich Gottes ist nach urchristlicher Tradition und nach dem Zeugnis der Evangelien nicht etwas auf das wir uns vertrösten lassen müssten, sondern die Gegenwart Christi in unserer Mitte. Wir haben Gemeinschaft mit Gott (1 Joh 1, 3). Und wie diese Gemeinschaft mit Gott aussieht davon geben uns die Gleichnisse der Evangelien eine Ahnung. Sie bilden daher in gewisser auch eine Brücke zwischen dem begonnen und dem vollendenten Reich Gottes.
Gerade das Gleichnis vom Unkraut hat seine solche Bedeutung. Mit der Aussat des Weizens (dem Wort Gottes / dem Evangelium) unter die Menschen beginnt das Reich Gottes. Die Aussat des Unkrauts steht für die vielen Anfechtungen des Glaubens die man zu erleiden hat. Weizen und Unkraut stehen hier beispielhaft für jene die in Gemeinschaft mit Gott leben (mit allen nicht nur moralischen Konsequenzen) bzw. für jene die das nicht tun. Die Zeit der Ernte ist dabei jener Wendepunkt, an dem Gott tatsächlich richtet und bekräftigt wer wirklich Gemeinschaft mit Ihm hat (1 Joh 4, 16f). Aber nicht alles was wir für Unkraut halten ist Unkraut und nicht alles was wir für Weizen halten ist Weizen, daher gebietet dieses Gleichnis auch nicht darüber zu richten wer was ist.
"Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen ..." (Mt. 7, 21)
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)