05-08-2008, 00:31
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05-08-2008, 12:21 von Alanus ab Insulis.)
Waits schrieb:Ich bin 19 Jahre alt und würde mich selbst als liberalen Christ bezeichnen, auch wenn mir schon von manchen, radikaleren Zeitgenossen vorgeworfen worden ist, ich sei gar kein Christ, weil ich versuche, die einzelnen Bücher der Bibel als literarische Werke im historischen Kontext zu verstehn, anstatt einfach nur eine einzige theologische Interpretation zu adaptieren, weil irgendeine Glaubensrichtung mir diese als einzigen, richtigen Weg zu Gott preist.
Da machst du nichts anderes als die exegetische Theologie. Auch die veruscht die biblischen Bücher unter historisch-kritischer Methode zu analysieren und zu deuten. Wichtig ist hier nur, dass dies ein Zugang von vielen ist und dieser nicht zu verabsolutieren ist.
Waits schrieb:Aus persönlichen Interesse habe ich bereits in ein paar anderen Foren Beiträgen bezüglich der sogenannten Allversöhnung wie sie beispielsweise von Origenes im 2.Jhd nach Christi thematisiert wurde geschrieben. Dummerweise habe ich in einem Forum gepostet in dem allen Anschein nach nur sehr fundamentalistische Christen verkehrten, sodass man meinen Gedanken und Argumentationen lediglich mit aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelzitaten und Drohungen antwortete, dass ich doch schleunigst umkehren und zum wahren Glauben finden oder auf ewig verdammt sein würde.
Hinter solchen unbrauchbaren und unqualifizierten Antworten und Reaktionen verbirgt sich meist nicht mehr als eine große Unsicherheit, oftmals gerade mit dem eigenen Glauben. Solche Menschen sind unfähig den eigenen Glauben auch nur annähernd zu reflektieren und daher auch nicht fähig darauf zu antworten. Und da sie keine adäquaten Stellung beziehen können bleiben ihnen nur 2 Optionen: 1. Beleidigung und damit die Offenbarung keine Argumente zu haben. 2. Die Aufforderung ihre Überzeugung 1=1 zu übernehmen, da sie unfähig sind andere Vorstellungen zu akzeptieren.
Waid schrieb:So als sei es gerade das Idealbild, dass nur aufrichtige Christen erlöst werden während ihre andersgläubigen Mitmenschen ewig Qualen erleiden.
Die Frage der Allversöhnung ist in der Tat eine die sich schon in der Alten Kirche stellte. Welchen Rang und welche Bedeutung hat Erlösung und wen umfasst sie, vor allem wenn man bekennt, dass das Opfer Christi und seine Erlösungstat einen universalen Charakter haben, wie es die christliche Theologie bis heute immer noch betont? Origenes hat dazu auch eine theologische Position bezogen, die der Allerlösung. Origenes Schriften wurde 300 Jahre nach seinem Tod in Konstantinopel (543 Synode, 553 5. ökumenisches Konzil) verurteilt und dennoch war die Frage damitnoch nicht endgültig geklärt und es gibt auch erheblich Differenzen zwischen westkirchlichen, vorallem fränkischen, und ostkirchlichen Theologen, dennoch ist sie nach kirchlichem Verständnis - zumindest nach Katholischen; es gibt so glaube ich einige wenige orthodoxe oder altorientalsiche Kirchen, die kein definitives Urteil gefällt haben - Häresie, d.h. Irrlehre.
Die entscheidenden Fragen die sich bei der Allerlösung stellen sind die nach a) der Prädestination und b) nach der Freiheit des Menschen. Unbestritten ist die Universalität des Heilswillen Gottes, d.h. er will das jeder Mensch erlöst wird. Wenn es jedoch von vornherein feststeht, dass alle erlöst werden, d.h. wenn wir alle dazu bestimmt sind, dann wird uns das Heil aufgezwungen, ob wir wollen oder nicht. Die kirchliche Theologie hat jedoch immer betont, dass die Freiheit eine von Gott gegebene Würde des Menschen ist. Eine Freiheit die auch die Abkehr von Gott und damit von seiner Erlösung mit einschliest. Diese Abkehr nennen wir Sünde. Sünde ist theologisch gesehen nicht in erster Linie eine unsittliche Handlung, sondern die Abkehr, die Absonderung aus der Gemeinschaft mit Gott. Die Bibel beschreibt dies mit der Erzählung von Adam und Eva im Garten Eden. Die willentliche und freiwillge Übertretung des göttlichen Gebotes hat den Verlust der Gemeinschaft mit Gott, die Vertreibung aus dem Paradies zur Folge. Es ist daher auch kirchliche Überzeugung seit anbeginn, dass im Gegenzug das freiwillige Ja (der Glaube) zu Gott notwendig ist um erlöst zu werden.
"denn wenn du mit deinem Mund bekennst: «Jesus ist der Herr» und in deinem Herzen glaubst: «Gott hat ihn von den Toten auferweckt», so wirst du gerettet werden. Wer mit dem Herzen glaubt und mit dem Mund bekennt, wird Gerechtigkeit und Heil erlangen. Denn die Schrift sagt: Wer an ihn glaubt, wird nicht zugrunde gehen. Darin gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen. Alle haben denselben Herrn; aus seinem Reichtum beschenkt er alle, die ihn anrufen. Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden." (Röm 10, 9-13)
"Erinnert euch also, dass ihr einst Heiden wart und von denen, die äußerlich beschnitten sind, Unbeschnittene genannt wurdet. Damals wart ihr von Christus getrennt, der Gemeinde Israels fremd und von dem Bund der Verheißung ausgeschlossen; ihr hattet keine Hoffnung und lebtet ohne Gott in der Welt. Jetzt aber seid ihr, die ihr einst in der Ferne wart, durch Christus Jesus, nämlich durch sein Blut, in die Nähe gekommen. Denn er ist unser Friede. [...] Er kam und verkündete den Frieden: euch, den Fernen, und uns, den Nahen. Durch ihn haben wir beide in dem einen Geist Zugang zum Vater. Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes." (Eph 2, 11-14a.17-19)
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)

