13-08-2008, 21:43
Hier in Berlin, Fritz, hab`ich`s ja vergleichsweise gut - was Informationen von Juden für Nicht-Juden angeht. Die hiesigen jüdischen Gemeinden umfassen etwa 30.000 Mitglieder, aufgeteilt in orthodoxe, liberale und - wie der Rabbiner von Kreuzberg mit leichtem Lächeln sagte "russische" Juden. Da gibt`s einige bei, die ihre Wurzeln neu lernen müssen - die russische Oktoberrevolution hinterliess hier auch Spuren - einige andere vermischen das orthodoxe Judentum mit dem liberalen Judentum... alteingesessene Berliner Juden (es gibt tatsächlich traditionelle jüdische Familien, die zwischen 48 und 58 wieder zurück gekommen sind - leider viel zu wenige...) "wissen manchmal nicht, wo jetzt ihre Gemeinde ist"...
Hier kannste als Nicht-Jude jederzeit in die jüdischen Gemeindecafe`s reinlatschen und jederzeit jeden was fragen.... - oder zum Telefon greifen und "mal eben" einen Rabbiner anrufen.
Aus meiner Sammlung religionswissenschaftlicher Literatur such`ich Dir gerne mal ein paar Beispiele `raus. Im Übrigen bin ich absolut nicht "wissenschaftfeindlich"; ich bewerte manche Sachen anders (wie Du wohl weisst) und sehe manches aus anderen Blickwinkeln - aber ich lehne Wissenschaft und speziell Religionswissenschaft nicht generell ab. Ich hab`meine Schwierigkeiten damit, wenn man eine Religion - egal welche - in ihren Grundlagen auf die Sammlung von poetischen und mystischen Texten reduzieren will; nach meiner Überzeugung gibt es in jeder Religion einen durchaus auch "handfesten Kern" , dessen Lehre und Vermittlung letztlich die Menschheitsgesellschaften ein ganzes Stück mehr vom kulturellen Status der Jäger und Sammler wegführt(e). Zum Beispiel hat die gelehrte Ethik des Christentum nicht unerheblich die Gründung soziualer und sozial-politischer Organisationen mit beeinflusst; das Internationale Rote Kreuz, aber auch amnesty international sind nicht alleine auf humanistischen Idealen und Lehren entstanden...
Ich kann auch durchaus verstehen, wenn man die personale Existenz eines Religionsbegründers aufgrund einer allzulangen Zeitspanne zwischen dem "früher" und dem jetzt bezweifelt - gerade beim Christentum glaube ich aber nicht, das eine solcher Glaube sich hätte über 2000 Jahre halten können, wenn nicht in der Anfangszeit eine Mensch mit einem "sagenhaften Charisma" die christliche Lehre verkündet hätte. Es erscheint mir noch unwahrscheinlicher zu sein, wenn sich die christliche Lehre aus verschiedenen Persönlichkeiten mit verschiedenen, aber ähnlichen ethischen und moralischen Vorstellungen herausgebildet hätte. Und letztlich - kann ich nicht beweisen, nur vermuten - sowas wie ein "Fingerzeig Gottes" könnte schon hinter der Person Jesus gewesen sein - auch zur Zeit Jesu wird`eine Reihe von "Propheten" gegeben haben, deren Botschaften anscheinend im Staub der Geschichte versunken sind.... nur die Botschaft Jesu hat sich - auch über Muhammad hinaus - gehalten. Ich vergleich`s mal mit meiner Religion - und stelle einfach mal die kühne These in den Raum, das in 50 Jahren auch keiner mehr etwas mit Bhagwan,Sai Baba, San Mjung Moon, David Koresh oder Moses David anfangen kann.... die hat man bis dahin auch vergessen...(`s weiss ja heute schon kaum einer, was Bhagwan gelehrt hatte... und dabei war der in Poona genauso wie in Oregon mal "Weltgespräch"...).
Würden wir uns mit dem Hinduismus beschäftigen - könnten wir eher auf die Frage kommen: "Hat Krishna als tatsächliche Person gelebt? - und wie verhält sich unser Monotheismus zu den vielen indischen Göttern...." - das wäre m.E. wesentlich schwieriger zu klären, als die Frage ob Jesus als Person gelebt hat.
Es geht hier garnicht um die "kritische Auseinandersetzung", liebe Gudrun.
Ich kann`s mir durchaus erlauben, mich kritisch zum Christentum zu äussern - ich entstamme einer christlichen Kultur und bin zwar aus der Landeskirche ausgetreten, lebe aber mit meinem Glauben immernoch im traditionellen Einflussgebiet der beiden grossen Kirchen. Da aber die Nazi`s mit den bekannten Folgen dafür "sorgten", das meine Generation in ihrer Jugend so gut wie keine Kontakte zum gelebten Judentum hatte - tu`ich mich auch bei Diskussionen mit Juden über das Judentum ein wenig schwer... Mein Väterchen hat`s "besser" gehabt - sein bester Freund war Jude aus der Gemeinde in Frankfurt-Bornheim...
Ich kann`s mir auch erlauben, mich kritisch mit dem Islam auseinander zu setzen, weil ich den Islam als "Bindeglied, Bindereligion" zwischen dem Christentum und meiner Religion ansehe - und mich daher auch intensiv mit dem Islam befasste und immer noch befasse. Und von meiner Religion gibt`s auch Freunde die sich ebenso kritisch mit dem Judentum auseinanders setzen können - weil sie eben 10 Jahre oder länger an unserem administrativen Weltsitz in Haifa gearbeitet haben und von daher `ne ganze Menge jüdischer Freunde gewonnen haben. Nur - ich gehöre halt nicht dazu (man kann ja nicht alles haben....). Insoweit "prallen" auch Nadia und ich gelegentlich aufeinander - und im Prinzip ist das ja auch nicht schlimm; nur durch ein solches "Aufeinander-Prallen" ergeben sich auch spannende Diskussionen. Hierbei ist es natürlich auch wichtig, das in Israel unsere Leute eine grosse Hochachtung geniessen, u.a. auch deswegen, weil wir in Israel keinerlei Lehr- oder Missionstätigkeit machen. Und genau das schaft den Raum für ein freundliches aber auch durchaus kritisches Aufeinander-Zugehen.Christliche und muslimische Missionare - haben unsere jüdischen Freunde selbst im eigenen Land schon zuviele "vor der Tür stehen gehabt"...
Ein weitestgehend unbefangenes Aufeinander-Zugehen ist in Deutschland für Deutsche schwierig - egal ob es sich um jüdische oder christliche Deutsche handelt. Man darf mal nicht vergessen, das Hitler den Antisemitismus keineswegs "erfunden" hatte - den gab`s im Kaiserreich auch schon... und zur Zeit der Kurfürsten.... bis zurück zu Karl dem Grossen.... bis zurück nach Byzanz. Aber das wirklich Schlimme, das uns Deutsche von Franzosen, Spaniern, Osmanen unterscheidet: Wir haben uns unseren "Teufel" gewählt - und es nicht mal fertig gebracht, den braunen Vertreter auch wieder zurück in`s Fegefeuer zu schicken. Das haben die Allierten für uns gemacht.... Und das gleich hinter her kommende Mal: Wir haben die zweite Garnitur der Nazi`s je nach Systemlage entweder schwarz-rot-gold-demokratisch oder schwarz-rot-gold-sozialistisch "angemalt" - und als Aufbaufachmenschen für das zerstörte Land benutzt. Wir haben es noch nicht mal fertig gebracht, die zweite und dritte Garnitur dieser Verbrecher davon zu jagen..... und so wurde aus manchem Gauleiter ein Landrat, aus manchem Gestapomann ein Beamter der Verfassungsschutzes, aus manchem Marinerichter der Nazis sogar ein Ministerpräsident eines Bundeslandes.... Die Portugiesen haben ihren Diktator in der Nelkenrevolution zum Teufel gejagt, die Spanier haben nach 40 Jahren aus eigener Kraft Franco in die Wüste gerschickt, sogar die Italiener haben mitten in der dunklen Zeit Mussolini verjagt - zwar mit Hilfe der Allierten, aber immerhin auch durch eigene Kraft - nur wir Deutsche haben gerade mal eine Handvoll Widerstandskämpfer gehabt - die dann fast alle auch noch erschossen oder erhängt wurden...und kein Deutscher hat sich gerührt... Das politische Verhältnis zwischen Deutschland und Israel ist o.k., aber das menschliche Verhältnis zwischen Juden und Christen/Muslimen/Baha`i in Deutschland.... Es ist nichtz ganz so einfach wenn ein Jude einen Deutschen trifft - vor allen Dingen wenn der Jude seine Grosseltern in Ausschwitz verloren hat und die Grosseltern des Deutschen im Mütterbund und in der SA waren... (gut, einer meiner Grossväter ist 1932 mit dem Motorrad unter die Strassenbahn gekommen, der andere Grossvater stand 1944 selber kurz vor`m KZ - weil er die "Fremdarbeiter" genauso partnerschaftlich behandelt hat, wie seine deutschen Gesellen... aber diese Familiengeschichte ist wohl eher die Ausnahme...).
Es geht also wirklich nicht um "in Ehrfurcht erstarren"......
Hier kannste als Nicht-Jude jederzeit in die jüdischen Gemeindecafe`s reinlatschen und jederzeit jeden was fragen.... - oder zum Telefon greifen und "mal eben" einen Rabbiner anrufen.
Aus meiner Sammlung religionswissenschaftlicher Literatur such`ich Dir gerne mal ein paar Beispiele `raus. Im Übrigen bin ich absolut nicht "wissenschaftfeindlich"; ich bewerte manche Sachen anders (wie Du wohl weisst) und sehe manches aus anderen Blickwinkeln - aber ich lehne Wissenschaft und speziell Religionswissenschaft nicht generell ab. Ich hab`meine Schwierigkeiten damit, wenn man eine Religion - egal welche - in ihren Grundlagen auf die Sammlung von poetischen und mystischen Texten reduzieren will; nach meiner Überzeugung gibt es in jeder Religion einen durchaus auch "handfesten Kern" , dessen Lehre und Vermittlung letztlich die Menschheitsgesellschaften ein ganzes Stück mehr vom kulturellen Status der Jäger und Sammler wegführt(e). Zum Beispiel hat die gelehrte Ethik des Christentum nicht unerheblich die Gründung soziualer und sozial-politischer Organisationen mit beeinflusst; das Internationale Rote Kreuz, aber auch amnesty international sind nicht alleine auf humanistischen Idealen und Lehren entstanden...
Ich kann auch durchaus verstehen, wenn man die personale Existenz eines Religionsbegründers aufgrund einer allzulangen Zeitspanne zwischen dem "früher" und dem jetzt bezweifelt - gerade beim Christentum glaube ich aber nicht, das eine solcher Glaube sich hätte über 2000 Jahre halten können, wenn nicht in der Anfangszeit eine Mensch mit einem "sagenhaften Charisma" die christliche Lehre verkündet hätte. Es erscheint mir noch unwahrscheinlicher zu sein, wenn sich die christliche Lehre aus verschiedenen Persönlichkeiten mit verschiedenen, aber ähnlichen ethischen und moralischen Vorstellungen herausgebildet hätte. Und letztlich - kann ich nicht beweisen, nur vermuten - sowas wie ein "Fingerzeig Gottes" könnte schon hinter der Person Jesus gewesen sein - auch zur Zeit Jesu wird`eine Reihe von "Propheten" gegeben haben, deren Botschaften anscheinend im Staub der Geschichte versunken sind.... nur die Botschaft Jesu hat sich - auch über Muhammad hinaus - gehalten. Ich vergleich`s mal mit meiner Religion - und stelle einfach mal die kühne These in den Raum, das in 50 Jahren auch keiner mehr etwas mit Bhagwan,Sai Baba, San Mjung Moon, David Koresh oder Moses David anfangen kann.... die hat man bis dahin auch vergessen...(`s weiss ja heute schon kaum einer, was Bhagwan gelehrt hatte... und dabei war der in Poona genauso wie in Oregon mal "Weltgespräch"...).
Würden wir uns mit dem Hinduismus beschäftigen - könnten wir eher auf die Frage kommen: "Hat Krishna als tatsächliche Person gelebt? - und wie verhält sich unser Monotheismus zu den vielen indischen Göttern...." - das wäre m.E. wesentlich schwieriger zu klären, als die Frage ob Jesus als Person gelebt hat.
Es geht hier garnicht um die "kritische Auseinandersetzung", liebe Gudrun.
Ich kann`s mir durchaus erlauben, mich kritisch zum Christentum zu äussern - ich entstamme einer christlichen Kultur und bin zwar aus der Landeskirche ausgetreten, lebe aber mit meinem Glauben immernoch im traditionellen Einflussgebiet der beiden grossen Kirchen. Da aber die Nazi`s mit den bekannten Folgen dafür "sorgten", das meine Generation in ihrer Jugend so gut wie keine Kontakte zum gelebten Judentum hatte - tu`ich mich auch bei Diskussionen mit Juden über das Judentum ein wenig schwer... Mein Väterchen hat`s "besser" gehabt - sein bester Freund war Jude aus der Gemeinde in Frankfurt-Bornheim...
Ich kann`s mir auch erlauben, mich kritisch mit dem Islam auseinander zu setzen, weil ich den Islam als "Bindeglied, Bindereligion" zwischen dem Christentum und meiner Religion ansehe - und mich daher auch intensiv mit dem Islam befasste und immer noch befasse. Und von meiner Religion gibt`s auch Freunde die sich ebenso kritisch mit dem Judentum auseinanders setzen können - weil sie eben 10 Jahre oder länger an unserem administrativen Weltsitz in Haifa gearbeitet haben und von daher `ne ganze Menge jüdischer Freunde gewonnen haben. Nur - ich gehöre halt nicht dazu (man kann ja nicht alles haben....). Insoweit "prallen" auch Nadia und ich gelegentlich aufeinander - und im Prinzip ist das ja auch nicht schlimm; nur durch ein solches "Aufeinander-Prallen" ergeben sich auch spannende Diskussionen. Hierbei ist es natürlich auch wichtig, das in Israel unsere Leute eine grosse Hochachtung geniessen, u.a. auch deswegen, weil wir in Israel keinerlei Lehr- oder Missionstätigkeit machen. Und genau das schaft den Raum für ein freundliches aber auch durchaus kritisches Aufeinander-Zugehen.Christliche und muslimische Missionare - haben unsere jüdischen Freunde selbst im eigenen Land schon zuviele "vor der Tür stehen gehabt"...
Ein weitestgehend unbefangenes Aufeinander-Zugehen ist in Deutschland für Deutsche schwierig - egal ob es sich um jüdische oder christliche Deutsche handelt. Man darf mal nicht vergessen, das Hitler den Antisemitismus keineswegs "erfunden" hatte - den gab`s im Kaiserreich auch schon... und zur Zeit der Kurfürsten.... bis zurück zu Karl dem Grossen.... bis zurück nach Byzanz. Aber das wirklich Schlimme, das uns Deutsche von Franzosen, Spaniern, Osmanen unterscheidet: Wir haben uns unseren "Teufel" gewählt - und es nicht mal fertig gebracht, den braunen Vertreter auch wieder zurück in`s Fegefeuer zu schicken. Das haben die Allierten für uns gemacht.... Und das gleich hinter her kommende Mal: Wir haben die zweite Garnitur der Nazi`s je nach Systemlage entweder schwarz-rot-gold-demokratisch oder schwarz-rot-gold-sozialistisch "angemalt" - und als Aufbaufachmenschen für das zerstörte Land benutzt. Wir haben es noch nicht mal fertig gebracht, die zweite und dritte Garnitur dieser Verbrecher davon zu jagen..... und so wurde aus manchem Gauleiter ein Landrat, aus manchem Gestapomann ein Beamter der Verfassungsschutzes, aus manchem Marinerichter der Nazis sogar ein Ministerpräsident eines Bundeslandes.... Die Portugiesen haben ihren Diktator in der Nelkenrevolution zum Teufel gejagt, die Spanier haben nach 40 Jahren aus eigener Kraft Franco in die Wüste gerschickt, sogar die Italiener haben mitten in der dunklen Zeit Mussolini verjagt - zwar mit Hilfe der Allierten, aber immerhin auch durch eigene Kraft - nur wir Deutsche haben gerade mal eine Handvoll Widerstandskämpfer gehabt - die dann fast alle auch noch erschossen oder erhängt wurden...und kein Deutscher hat sich gerührt... Das politische Verhältnis zwischen Deutschland und Israel ist o.k., aber das menschliche Verhältnis zwischen Juden und Christen/Muslimen/Baha`i in Deutschland.... Es ist nichtz ganz so einfach wenn ein Jude einen Deutschen trifft - vor allen Dingen wenn der Jude seine Grosseltern in Ausschwitz verloren hat und die Grosseltern des Deutschen im Mütterbund und in der SA waren... (gut, einer meiner Grossväter ist 1932 mit dem Motorrad unter die Strassenbahn gekommen, der andere Grossvater stand 1944 selber kurz vor`m KZ - weil er die "Fremdarbeiter" genauso partnerschaftlich behandelt hat, wie seine deutschen Gesellen... aber diese Familiengeschichte ist wohl eher die Ausnahme...).
Es geht also wirklich nicht um "in Ehrfurcht erstarren"......
