23-10-2008, 03:32
Hallo Ekkard!
Ich treibe mich ja in allen möglichen und unmöglichen Foren rum, auch in esoterischen/verschwörerischen und christlich-fundamentalistischen. Dort kann ich den Leuten aufs Maul schauen, den Gegenstand ihres Hasses und ihres Hetzens an der Basis kennenlernen, auch mit der Qual ihrer Herzen sozusagen Bekanntschaft machen. Ich weiß zwar nicht, wie repräsentativ das ist, was ich da erfahre. Aber ich weiß, dass in den USA genau diese Mentalität tatsächlich einen hohen Prozentsatz hat, bis in die Politik wirkt.
Von dem, was Du aufgezählt hast, das erwähnt so gut wie keiner. Jedenfalls nicht so als Dinge. Das Gejammere über das Ozonloch und den sauren Regen kenne ich schon aus meiner Studentenzeit, und es gehörte zum guten Ton, zu jammern. Sonst war man politisch nicht korrekt. Wie weit das den Leuten wirklich an die Nieren ging, mag ich nicht sehr hoch ansetzen. Es war oft reines Getöne.
Die Menschen aber, die ich in diesen Foren kennenlerne, tragen meist einen konkreten Hass in sich, der an ihnen frisst. Und der treibt sie in alle möglichen Gruppierungen, wo sie lernen, ihren Hass zu kanalisieren und ein Feindbild zu finden. Es gibt Foren und Netzzeitungen noch und nöcher, die diesen Menschen die Welt erklären und ihnen aufzeigen, wo die Zukunft liegt.
So verschieden diese Gemeinschaften alle auch sind, so sehr sie sich auch gegenseitig selber hassen: in einem stimmen sie alle überein, eins ist ihr wirkliches und echtes Feindbild; die Naturwissenschaft und deren Erklärung der Welt. Ich verfolge das seit vier und mehr Jahren. Und hier liegt meines Erachtens der Dreh- und Angelpunkt. Du hast vollkommen Recht damit, dass eine Apokalypse und Katastrophe erwartet wird. Evangelikale und Verschwörungstheoretiker unterscheiden sich manchmal gar nicht mehr in ihrem Aberglauben: sie rechneten eine Weile fast täglich mit der Apokalypse, nicht wenige hatten ihren Reisekoffer ständig neben dem Bett, es wurden Empfehlungen ausgesprochen, wohin man flüchtet, wenn die Erde in ihren Fugen krachen wird. Die Evangelikalen sind da zwar nicht so punktgenau, aber die anderen haben 2012 fest im Auge. Die Offenbarung des Johannes ist für alle von mir genannten Richtungen das vielleicht meiststudierte Werk, neben den "Protokollen von Zion", ein schauderhaftes Werk.
Ich denke, man kann es sagen. Es ist eine Revolte in großem Stil, in fast globalem Stil gegen die Aufklärung und der daraus erwachsenen Vernunftherrschaft . Dass diese Revolte bald beendet sein wird, glaube ich jetzt nicht mehr. Sie wächst, und mit ihr die Irrationalität, das konsequente Ablehnen des Rationalen.
Den Grund DAFÜR sehe ich nicht im Ansteigen der Meeresspiegel und dergleichen, denn das sind allzu intellektuelle Erklärungen von etwas, das nicht zu solch heftigen Emotionen führen kann.
Was hingegen wirklich die Menschen auf die Barrikaden treibt, sie fanatisieren lässt, ist ihre Erkenntnis, dass sie als Menschen hohlgelassen werden von unserer durchrationalisierten Welt. DAS ist das, was ihnen bewusst geworden ist. Weder die Religionen vor ein paar Jahrzehnten noch sonst irgendwelche Institutionen konnten ihnen geben, was ihnen die Aufklärung genommen hat. Selbst das Christentum ist ja rational geworden und gibt Steine statt Brot.
Wenn ich irgendwas begriffen habe, dann ist es dieser Hunger, den sie haben. Hunger nach etwas, was diese rationale Welt übersteigt. Die Lösungen sind dann aber verschieden. Dass unter uns Außerirdische sind, ist die eine Variante. Das ist ein minutiös ausgearbeitetes Gebiet, man kennt deren Völker, deren Absichten, deren Herkunft. Nicht wenige Menschen haben "Kontakte", und sie schreiben darüber Bücher. Es bilden sich neue Orden, die in diesem Sinne nach der Wahrheit suchen.
Die Evangelikalen haben ebenfalls ihr Feindbild, den Satan. Der ist noch nie so lebendig gemalt worden, seit ich lebe, wie heute. An ihn wird fest geglaubt, er wird andauernd irgendwo ausgemacht. Das ist keineswegs mehr amüsant, es gehört zum festen Weltbild. Vor allem die Naturwissenschaft und deren Ergebnisse ist fest in Satans Hand. Bei den Verschwörungstheoretikern heißt der Typ anders, aber auch da ist die Naturwissenschaft zum Verderben der Menschheit eingerichtet.
Ich versuche es auf den Punkt zu bringen:
MITTELBAR, oder als Ergebnis, mögen die von Dir genannten Dinge wie Ozonloch etc. in das Problemfeld gehören. Das echte Problem aber scheint mir darin zu liegen, dass eine erfüllende Weltanschauung fehlt, jedenfalls nicht offiziell angeboten wird. Esoteriken werden verhöhnt, das fanatisiert die Anhänger.
Allbeherrschend hingegen ist das naturwissenschaftliche Denkmodell, das sogar meist von Materialisten als Ideologie erfasst wird.
Auch diese Materialisten, die ebenfalls nicht selten fanatisch die Meinung vertreten, dass die Naturwissenschaft den Atheismus bewiesen habe, sind neu auf dem Tapez. Diese treiben nun erst recht die, denen das naturwissenschaftliche Weltbild aus den Ohren steht, in den Kreationismus und zu einem Gott, der alles ganz anders gemacht hat, als diese Naturwissenschaftler, die ihnen die Seele absprechen, sie als Produkt einer ominösen Evolution erklären, sie mit einer Maschine vergleichen, sie für ein Zufallsprodukt erklären.
Der Angelpunkt also liegt für mich in der menschlichen Psyche, die aufbegehrt gegen ihre Vergewaltigung. Das naturwissenschaftliche Menschenbild ist menschenfeindlich. Ich kann es bestätigen, ich habe den Behaviorismus studiert. Er IST menschenfeindlich.
Die neuen Propheten sagen, dass dies alles Lüge ist und die Menschen nur unter ihre Kontrolle kriegen will. Es ginge nur darum, den Menschen zu mainpulieren, neuerdings genzumanipulieren - und das Schlimme ist, sie haben ja Recht. Die Naturwissenschaft hat die Seele getötet. Die Vernunftreligionen haben die Seele auch rausgeschmissen.
Die Menschen aber spüren eine Seele. Sie haben endlich Mut, sich und anderen das einzugestehen. Und weil sie von den Naturwissenschaftlern und deren Jüngern darüber nur ausgelacht werden, entfernen sie sich von unserer Realität und bauen sich eine neue.
Was ist da zu tun?
(23-10-2008, 00:37)Ekkard schrieb: Wir - um den Nordatlantik herum - leben meiner Meinung nach in einer Glaubenswelt, die wie eine auslaufende Maschine zwar noch rotiert, der aber keine Energie mehr zugeführt wird. Es ist - oder war bis vor kurzem - auch gar nicht notwendig. "Man" hatte sich arrangiert mit den Verhältnissen und lebte im Großen und Ganzen nicht schlecht dabei.
Einen festen Glauben braucht man nur, wenn sich die Lebensverhältnisse so dramatisch verändern, dass eine Sehnsucht nach "neuer Ordnung" besteht.
Wir können ja mal darüber nachdenken, welchem Umstand das Christentum seine Entstehung verdankt, oder der Islam, oder was der Auslöser der Unruhe vor der Reformation war.
[...]
Was wir heute bereits erkennen können: So geht es nicht weiter! Die apokalyptischen Reiter sind bereits aufgebrochen (und dies meine ich nicht religiös, sondern physisch: Ozonloch, Erwärmung der Polarregionen, Steigen der Meeresspiegel, weltweite Verarmung, Übervölkerung, stinkende, verlärmte Städte, beruflicher Stress bis zum Umfallen usw.)
Ich treibe mich ja in allen möglichen und unmöglichen Foren rum, auch in esoterischen/verschwörerischen und christlich-fundamentalistischen. Dort kann ich den Leuten aufs Maul schauen, den Gegenstand ihres Hasses und ihres Hetzens an der Basis kennenlernen, auch mit der Qual ihrer Herzen sozusagen Bekanntschaft machen. Ich weiß zwar nicht, wie repräsentativ das ist, was ich da erfahre. Aber ich weiß, dass in den USA genau diese Mentalität tatsächlich einen hohen Prozentsatz hat, bis in die Politik wirkt.
Von dem, was Du aufgezählt hast, das erwähnt so gut wie keiner. Jedenfalls nicht so als Dinge. Das Gejammere über das Ozonloch und den sauren Regen kenne ich schon aus meiner Studentenzeit, und es gehörte zum guten Ton, zu jammern. Sonst war man politisch nicht korrekt. Wie weit das den Leuten wirklich an die Nieren ging, mag ich nicht sehr hoch ansetzen. Es war oft reines Getöne.
Die Menschen aber, die ich in diesen Foren kennenlerne, tragen meist einen konkreten Hass in sich, der an ihnen frisst. Und der treibt sie in alle möglichen Gruppierungen, wo sie lernen, ihren Hass zu kanalisieren und ein Feindbild zu finden. Es gibt Foren und Netzzeitungen noch und nöcher, die diesen Menschen die Welt erklären und ihnen aufzeigen, wo die Zukunft liegt.
So verschieden diese Gemeinschaften alle auch sind, so sehr sie sich auch gegenseitig selber hassen: in einem stimmen sie alle überein, eins ist ihr wirkliches und echtes Feindbild; die Naturwissenschaft und deren Erklärung der Welt. Ich verfolge das seit vier und mehr Jahren. Und hier liegt meines Erachtens der Dreh- und Angelpunkt. Du hast vollkommen Recht damit, dass eine Apokalypse und Katastrophe erwartet wird. Evangelikale und Verschwörungstheoretiker unterscheiden sich manchmal gar nicht mehr in ihrem Aberglauben: sie rechneten eine Weile fast täglich mit der Apokalypse, nicht wenige hatten ihren Reisekoffer ständig neben dem Bett, es wurden Empfehlungen ausgesprochen, wohin man flüchtet, wenn die Erde in ihren Fugen krachen wird. Die Evangelikalen sind da zwar nicht so punktgenau, aber die anderen haben 2012 fest im Auge. Die Offenbarung des Johannes ist für alle von mir genannten Richtungen das vielleicht meiststudierte Werk, neben den "Protokollen von Zion", ein schauderhaftes Werk.
Zitat:Man kann zwar noch nicht sagen, wie diese neue Weltsicht (Weltanschauung, Religion) aussehen wird, aber die Menschheit wird neue und durchaus verschiedene Heilsbringer generieren. Einige davon werden sich etablieren können.
Ich denke, man kann es sagen. Es ist eine Revolte in großem Stil, in fast globalem Stil gegen die Aufklärung und der daraus erwachsenen Vernunftherrschaft . Dass diese Revolte bald beendet sein wird, glaube ich jetzt nicht mehr. Sie wächst, und mit ihr die Irrationalität, das konsequente Ablehnen des Rationalen.
Den Grund DAFÜR sehe ich nicht im Ansteigen der Meeresspiegel und dergleichen, denn das sind allzu intellektuelle Erklärungen von etwas, das nicht zu solch heftigen Emotionen führen kann.
Was hingegen wirklich die Menschen auf die Barrikaden treibt, sie fanatisieren lässt, ist ihre Erkenntnis, dass sie als Menschen hohlgelassen werden von unserer durchrationalisierten Welt. DAS ist das, was ihnen bewusst geworden ist. Weder die Religionen vor ein paar Jahrzehnten noch sonst irgendwelche Institutionen konnten ihnen geben, was ihnen die Aufklärung genommen hat. Selbst das Christentum ist ja rational geworden und gibt Steine statt Brot.
Wenn ich irgendwas begriffen habe, dann ist es dieser Hunger, den sie haben. Hunger nach etwas, was diese rationale Welt übersteigt. Die Lösungen sind dann aber verschieden. Dass unter uns Außerirdische sind, ist die eine Variante. Das ist ein minutiös ausgearbeitetes Gebiet, man kennt deren Völker, deren Absichten, deren Herkunft. Nicht wenige Menschen haben "Kontakte", und sie schreiben darüber Bücher. Es bilden sich neue Orden, die in diesem Sinne nach der Wahrheit suchen.
Die Evangelikalen haben ebenfalls ihr Feindbild, den Satan. Der ist noch nie so lebendig gemalt worden, seit ich lebe, wie heute. An ihn wird fest geglaubt, er wird andauernd irgendwo ausgemacht. Das ist keineswegs mehr amüsant, es gehört zum festen Weltbild. Vor allem die Naturwissenschaft und deren Ergebnisse ist fest in Satans Hand. Bei den Verschwörungstheoretikern heißt der Typ anders, aber auch da ist die Naturwissenschaft zum Verderben der Menschheit eingerichtet.
Ich versuche es auf den Punkt zu bringen:
MITTELBAR, oder als Ergebnis, mögen die von Dir genannten Dinge wie Ozonloch etc. in das Problemfeld gehören. Das echte Problem aber scheint mir darin zu liegen, dass eine erfüllende Weltanschauung fehlt, jedenfalls nicht offiziell angeboten wird. Esoteriken werden verhöhnt, das fanatisiert die Anhänger.
Allbeherrschend hingegen ist das naturwissenschaftliche Denkmodell, das sogar meist von Materialisten als Ideologie erfasst wird.
Auch diese Materialisten, die ebenfalls nicht selten fanatisch die Meinung vertreten, dass die Naturwissenschaft den Atheismus bewiesen habe, sind neu auf dem Tapez. Diese treiben nun erst recht die, denen das naturwissenschaftliche Weltbild aus den Ohren steht, in den Kreationismus und zu einem Gott, der alles ganz anders gemacht hat, als diese Naturwissenschaftler, die ihnen die Seele absprechen, sie als Produkt einer ominösen Evolution erklären, sie mit einer Maschine vergleichen, sie für ein Zufallsprodukt erklären.
Der Angelpunkt also liegt für mich in der menschlichen Psyche, die aufbegehrt gegen ihre Vergewaltigung. Das naturwissenschaftliche Menschenbild ist menschenfeindlich. Ich kann es bestätigen, ich habe den Behaviorismus studiert. Er IST menschenfeindlich.
Die neuen Propheten sagen, dass dies alles Lüge ist und die Menschen nur unter ihre Kontrolle kriegen will. Es ginge nur darum, den Menschen zu mainpulieren, neuerdings genzumanipulieren - und das Schlimme ist, sie haben ja Recht. Die Naturwissenschaft hat die Seele getötet. Die Vernunftreligionen haben die Seele auch rausgeschmissen.
Die Menschen aber spüren eine Seele. Sie haben endlich Mut, sich und anderen das einzugestehen. Und weil sie von den Naturwissenschaftlern und deren Jüngern darüber nur ausgelacht werden, entfernen sie sich von unserer Realität und bauen sich eine neue.
Was ist da zu tun?
