17-11-2008, 14:06
Wenn es innerhalb des damaligen und dortigen Gesellschaftssystems akzeptabel gewesen sein sollte, Neunjährige zu heiraten, dann kann ich dazu post festum nicht mehr viel sagen, außer daß es gut ist, wenn so etwas der Vergangenheit angehört.
Probleme bekomme ich, wenn unter manchen Muslimen grundsätzlich davon ausgegangen wird, daß die Realität zu Zeiten Muhammads und seiner Zeitgenossen prinzipiell die Grundlage für die heutige Lebenspraxis zu bilden habe. Um sich dann von dem zu befreien, was man selbst als anstößig empfindet, bleibt dann nur, die entsprechenden Berichte aus Muhammads Leben zu unhistorischen Lügenmärchen zu erklären.
Dagegen glaube ich, daß es eigentlich auf ganz andere Dinge ankommt: Welches Wertesystem liegt der frühislamischen Lebenspraxis zugrunde? Was hat Muhammad Neues gebracht, worauf kam es ihm an? Wie weit ist er damit gekommen, und wohin könnte der weitere Weg führen? Welche Abstraktionsleistungen gegenüber Koran und Sunna müßte man dazu erbringen?
Das sind (vor allem hermeneutische) Fragen, die unter Muslimen längst gestellt werden, z.B. von Leuten wie Nasr Hamid Abu Zaid oder Mohammad Mojtahed Schabestari. Und deren Bücher werden gelesen und diskutiert. Als Muslim muß man sich also schon lange nicht mehr auf Leute verlassen, die der Meinung sind - wie Schabestari es bildlich ausdrückt -, die jeweilige Kultur sei ein Körper und die Praxis der Salaf, der Altvorderen, sei ein Gewand, und wenn dieses Gewand nicht mehr passe, müsse eben der Körper passend gemacht werden. Es gibt andere Lösungen.
Gruß
Matthias
Probleme bekomme ich, wenn unter manchen Muslimen grundsätzlich davon ausgegangen wird, daß die Realität zu Zeiten Muhammads und seiner Zeitgenossen prinzipiell die Grundlage für die heutige Lebenspraxis zu bilden habe. Um sich dann von dem zu befreien, was man selbst als anstößig empfindet, bleibt dann nur, die entsprechenden Berichte aus Muhammads Leben zu unhistorischen Lügenmärchen zu erklären.
Dagegen glaube ich, daß es eigentlich auf ganz andere Dinge ankommt: Welches Wertesystem liegt der frühislamischen Lebenspraxis zugrunde? Was hat Muhammad Neues gebracht, worauf kam es ihm an? Wie weit ist er damit gekommen, und wohin könnte der weitere Weg führen? Welche Abstraktionsleistungen gegenüber Koran und Sunna müßte man dazu erbringen?
Das sind (vor allem hermeneutische) Fragen, die unter Muslimen längst gestellt werden, z.B. von Leuten wie Nasr Hamid Abu Zaid oder Mohammad Mojtahed Schabestari. Und deren Bücher werden gelesen und diskutiert. Als Muslim muß man sich also schon lange nicht mehr auf Leute verlassen, die der Meinung sind - wie Schabestari es bildlich ausdrückt -, die jeweilige Kultur sei ein Körper und die Praxis der Salaf, der Altvorderen, sei ein Gewand, und wenn dieses Gewand nicht mehr passe, müsse eben der Körper passend gemacht werden. Es gibt andere Lösungen.
Gruß
Matthias