19-11-2008, 15:08
(18-11-2008, 22:31)Epicharm schrieb: Den Islam gibt es nicht. Ebenso wenig wie das Christentum.Niemand hat hier versucht, alle Muslime über einen Kamm zu scheren. Keine Ahnung also, wen Du meinst. Und daß Anhänger von Religionen von ihrer persönlichen Lesart selbiger Religion sehr überzeugt sind und diese Überzeugung auch gegen Glaubensgeschwister vertreten, ist doch ziemlich normal. Das tun wir doch wahrscheinlich alle immer wieder mal. Wirf einfach mal einen Blick in dieses Forum.
Ich stelle mich also dagegen, wenn Einzelne versuchen, für den Islam (das Christentum, das Judentum) in seiner Gesamtheit zu sprechen und die eigene Sicht der Dinge als allgemein verbindlich und ausschließlich richtig darzustellen.
Wojciechs spezielles Problem ist, wenn ich ihn richtig verstanden habe, daß er sich dem immer wieder gern erhobenen islamophoben Vorwurf ausgesetzt sieht, der Religionsstifter des Islams sei - um mal Klartext zu reden - ein perverses Schwein gewesen. Man könnte sich damit aus der Affäre ziehen, daß man irgendwelche Retourkutschen fährt oder das Ganze irgendwie herunterspielt. Es ehrt Wojciech, daß er genau das nicht tut, sondern sich nach anderen Wegen umsieht, seinen Glauben vor sich selbst und vor anderen zu vertreten.
Ob dieser Weg funktioniert, daran habe ich Zweifel, und deshalb habe ich seit meinem ersten Beitrag in diesem Thread dafür plädiert, diese Geschichten selbstbewußt als wahrscheinlich geschehen anzunehmen und zu versuchen, sie in ihrem historischen und kulturellen Kontext zu verstehen und daraus Schlüsse zu ziehen, wie man sich hier und jetzt zu verhalten habe. Und da kommst jetzt Du, und anstatt daß Du meine Gedanken einfach mal aufmerksam liest, setzt bei Dir anscheinend so eine Art Schubladenreflex ein:
Zitat:Theologen lassen gerne durchblicken, dass die historische Wahrheit in der Religion keinen großen Wert hat. Ich habe das noch aus Diskussionen mit meinem Religionslehrer (einem geistlichen Herrn, den ich sehr mochte) in den Ohren.Theologenschublade auf, azad rein, Theologenschublade zu, so einfach ist das. Aber kapier es doch einfach mal: Ich bin nicht Dein Religionslehrer. Ich interessiere mich sehr wohl für historische Ereignisse und Abläufe, und das habe ich hier auch gesagt. Aber ich finde Historizität völlig irrelevant, so lange sie nur ein Impuls bleibt, von dem wir uns nur betätigen lassen wie Roboter und nicht mit ihr kommunizieren und so zu einem verantworteten Leben aus der Wahrheit finden.
Zitat:Das Studium der geschichtlich fassbaren Ereignisse zeichnet ein anderes Bild, als jenes, der mythologischen Überhöhungen.So negativ, wie es hier anzuklingen scheint, kann ich den Mythos nicht sehen. Schließlich ist er ja eine der wichtigsten Formen, in denen heilige Texte uns vorliegen. An diesen Texten haben sich unterschiedlichste Leute zu schaffen gemacht, wie sich mit den Methoden historisch-kritischer Exegese zeigen läßt. Der Text ist das Ergebnis einer Kommunikation der Autoren miteinander, mit ihren Mitmenschen und mit Gott. Diese Texte sind in Wahrheit Dialoge und bereits Teil ihrer eigenen Rezeptionsgeschichte. Mythisch ist ihre Art, ihr Anliegen zur Sprache zu bringen, und das ermöglicht denjenigen, die an den Texten herumgefeilt haben, sehr viel mehr als nur die Korrektur von Beschreibungen historischer Abläufe. Diese Texte sind in höchstem Maß Meinungsmache, also sehr engagiert geschrieben. Deshalb berühren sie uns wahrscheinlich auch mehr als minutiöse Chroniken es tun.
Zitat:Dazu ist es aber auch nötig, die unsinnigen Dinge auszusondern und sich mit jenen, die man wohl (ob es nun angenehm ist oder nicht) als Tatsachen hinnehmen muss, kritisch auseinanderzusetzen.Ich deutete ja bereits an, daß ich das genauso sehe. Um so weniger verstehe ich Deine Polemik.
Gruß
Matthias
