Zitat:Soviel ich weiss, kennt der Islam solche Oberhäupter nicht
Oh doch, urspruenglich hatte man nach Mohammed bei Sunniten den Khalifen als absolut herrschenden Leiter allen islamischen Lebens, beim 4.Khalifen trennten sich die Shiiten und leiteren sich durch Imame, dieses hoerte relativ schnell mit dem "vorletzten" Imam auf, woraufhin man nun annimmt, wenn der diesem nachfolgende komme, werde auch das Ende der Zeiten eingeleitet werden.
Diese alte Trennung koennte damit motiviert gewesen sein, dass Ali, der Schwiegersohn, ein Adoptivkind Mohammeds und auch jung Zeuge der ersten Visionen, einfach gedacht hatte, es sei abstammungsmaessig gleich, wer den Islam leite (also nicht nur in Person des Khalifen, der moeglichst aus der Verwandtschaft zu stammen pflegte, bei allen Koerperschaften ihrer Umgebung ja auch, sondern auch das engere Team, auch Gouverneure etc.) Sie hatten einen begeisterten Perser unter den ersten Gefaehrten der Lehre. Den haette Ali auch fuer sehr geeignet angesehen
- aber die Jemeniten der Hedschas beharrten noch auf dem Sippen-Nachfolge-System, schliesslich wurde Ali 4.Khalif gleich mit Gegen-Khalif Muawia, Gouverneur von Damaskus.
Sie befehdeten einander militaerisch und auch hinterruecks durch Mordanschlaege - daraufhin gingen die unterlegenen Shiiten nach Persien weg und blieben fuer sich eine seitdem kleine und manchmal fast erloschene Gemeinschaft von Muslimen - den Qur'an hatte man aber noch gemeinsam, das Ur-Exemplar hatte der 3.Khalif abgeschlossen. Schon bei der praktischen Deutung wich aber kuenftig die Tradition voneinander ab.
Muawia also erlangte die Mehrheit, und in der Vollmacht des Khalifats verlegte er die Wallfahrtspflicht-einmal-im-Leben aller Muslime nach Damaskus (seiner Gouverneurs-Residenz), anstelle von Mekka - nun in die vorherige Kirche mit dem Grab des Hauptes von Johannes d.Taeufer, (arabisch Prophet Jahjah), die von ihm als Pracht-Moschee ausgestaltet wurde - und anstelle Medina Jerusalem (wohin Mohammed in einer Vision gereist sei, und Khalif Abu Bakr oefter gewesen war).
Erst spaeter wurde Mekka-und-Medina wieder zum Haupt-Wallfahrs-Ziel aller Muslime.
Es gab dann spaeter auch mal eine Phase mit 2 starken Khalifen-Dynastien, von der die eine, in Bagdad, den Mongolen Pflichten schuldete, weil die Gebiete bis ans Meer von Galilaea durch Mongolen unterworfen worden war - die andere in Aegypten nicht, und diese bauten die grosse Hochschule al-Azhar von Kairo auf und aus.
Als im Prinzip immer eine Rechtsprechungs-Religion konzipiert, wofuer nicht jeder Zugehoerige die ganze Lehre selbst zu kennen brauchte und sogar Christen und Juden es unter Umstaenden bleiben konnten, was sie waren, hatte man schliesslich im Sunniten-Islam (der uns bekannteren Art) mehrere zu einander gleich berechtigte Hochschulen, und darueber den Sultan als Regierungs-Exekutive, den Khalifen als letzte Instanz der Legislative, und das wechselte irgendwann so stark, dass der Khalif selbst auch keine Heere mehr anfuehrte, sondern nur gelegentlich vor die Öffentlichkeit kam, nur noch ein Gelehrter mit der Befugnis, Sultane feierlich zu investieren.
Da hatte man dann eine Islam-Phase, in der das rein militaerische Ausbreitungs-Werk in Haenden von "Mameluken" Militär-Fuehrern ganz in den Vordergrund rueckte - dies leiteten im Prinzip immer nur bereits als Kinder geraubte oder gekaufte kampfbegabte einsame Menschen, eine reine in spaeter 2 Zentren kasernierte Maennerkaste, ohne jede Familie, die nur das Heer noch zur Heimat hatten und diese wurden - falls vorher andersglaeubig - dem Islam zwangs-angegliedert.
Deren Aufgaben und Arbeits-Alltag erlaubte nicht immer eine gruendliche religioese Ausbildung, ihre Kindheit in anderer Sprache und Religion gehabt habend, bei den Geraubten war oft auch die ganze Familie erschlagen worden, also niemand mehr da, zu dem sie haetten zurueck-wollen koennen
- schliesslich fuegte man sich dem Faktum, um wenigstens zu leben und falls man genug Kaempfe heil ueberstand, war eine geachtete Position erreichbar, obwohl sie lebenslaenglich im Sklavenstand blieben, aber Sklaven des Reichs.
- Khalif konnten sie allerdings niemals werden.
Theoretisch, theo-logisch, ist das gar nicht vorgegeben, gewoehnliche Menschen koennen entscheiden, sofern sie eine "Buch-Religion" haben, ob sie Muslime werden - historisch galt das meistens fuer die Land-Bevoelkerung
- es wurde darin aber fuer die Herrscher, welche aus diesen Generaelen genommen wurden, als Vorteil gesehn, dass sie unbestechlicher sein wurden, aber sieht man es mal so, dass mancher dieser Eroberer sich religioes genug sein liess am Minimum des Rituals (5 mal am Tage zu beten, beschnitten worden zu sein, Sharia-Gerichte zu installieren, u.a.), und dann auch mal befahl, ganze eroberte Bevoelkerungen vor die Wahl zu stellen, dem Islam beizutreten oder zu sterben - also etwas, was nicht nur im Islam passierte, wenn die militaerische Sicherung Ungelehrten uebertragen wurde, deren Leben aus aneinander gereihten Feldzuegen bestand -
- andere Regenten mit Familien, aus der Region heimisch seiend, waren durch ihre Sippen-Treue ja meist doch irgendwem gegenueber zu Rechtsbeugungen neigbar.
Wie auch immer, der Khalif - sozusagen juristisch besehen, der "Papst" fuer Muslime, deren letzter starb aber ca.1908 - bereits auf "Ruhestand" gesetzt, nachdem die Tuerkei ei Saekular-Staat wurde - ohne Nachfolger
- erst das 20.Jhd. hat einen Islam ohne Khalifen und auf viele Nations-Staaten verteilt - und daher die heutigen Probleme.
mfG WiT :)