03-01-2009, 19:45
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-01-2009, 20:16 von Alanus ab Insulis.)
"Marlene schrieb:Der Staat muss neutral sein bzw. bleiben, was hinsichtlich der Rechtssprechung eine Grundvoraussetzung einer Zivilgesellschaft ist.
Entschuldige bitte Marlene, aber das ist das Märchen vom weltanschaulich neutralen Staat. Den gibt es nicht. Selbst die Neutralität an sich wäre eine spezielle Weltanschauung.
Davon mal ganz abgesehen ist unser Rechtssystem sicherlich nicht neutral, sondern wertend. Es ordnet unsere Gesellschaft, unterscheidet und legt fest, verurteilt und maßregelt.... all das ist nicht neutral, sondern wertend.
Zum Beispiel geht der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz von der Gleichheit aller vor dem Gesetz aus. Dieser Rechtsgrundsatz hat seinen Ursprung in der Aufklärung und nicht zuletzt seine Umsetzung in der Französischen Revolution gefunden, als man am 4. August 1789 die Abschaffung der Feudalherrschaft, der Leibeigenschaft, der Steuerprivilegien von Adel und Klerus, die Gleichheit vor Gericht festsetzte und am 26. August 1789 die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte verlaß.
Diese Erklärungen bestätigen und proklamieren den Wert und die Würde des Menschen und nicht eine allgemeine, wie auch immer zuverstehende Neutralität des Staates. NEIN der Staat muss Partei ergreifen für das Wohl des Menschen und das Wohl der Allgemeinheit. Und die Justiz steht in der Pflicht dieses Recht zu schützen. Die Justiz hat einen Fall nicht neutral zu betrachten, sondern nach Maßgabe des Rechtes!
Insofern ist es Besorgnis erregend, dass offensichtlich diese allgemeinen Rechtsgrundsätze nicht eingehalten werden im Bezug auf diverse Minderheiten. Ich meine, dass es hier ja nicht um die Frage wie sich diese Minderheiten organisieren oder selbstverwalten geht, dafür gibts es spezielle Gesetze, die das Allgemeine verdrängen (lex specialis derogat legi generali). Das Problem ist, dass es zu verschiedenen, parallel existierenden Rechtsbegriffen und -auffassungen kommt. Nämlich einer Auslegung die de facto und nicht de jure einer Minderheit eine, nicht durch das Gesetz gedeckte, Sonderbehandlung zu kommen lässt.
Das diese Problematik unser Rechtsystem schon erreicht hat zeigt sich hier und hier. (Zusatz auf Ekkards Anmerkung hin: Die Verweiße sollen nur die Problematik andeuten, nicht endgültig werten. Die Rechtsmittel, die gegen die Richterin eingelegt wurden zeigen, dass unser Rechtssytem noch auf guten Füßen steht.)
Die Glaubwürdigkeit von Udo Ulfkottes Beiträgen sei hier mal dahin gestellt, ich möchte nur anfügen, dass Wikipedia wohl die falsche Quelle ist um sich kritisch mit einem Journalisten auseinanderzusetzen, gleich welche Behauptungen er aufstellt.
Mfg Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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