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Was ist eigentlich Bewußtsein?
#20
Guten Morgen,

Ich würde gerne ein wenig über das Bewusstsein aus buddhistischer Sicht schreiben, besonders aus sicht des Abhidhamma (höhere Lehre - die dritte Abteilung der Lehrreden des Buddha welche sich besonders und im Detail mit Geist und Geistigen Formationen beschäftigt):

- Bewusstsein (Vinnana, Mano, Citta) = Das, was die Eigenschaft hat, etwas zu erkennen und zu erleben.

- Ein wichtiger Punkt ist, dass Bewusstsein nichts festes ist. Es ist nicht das Bewusstesein, welches sich nicht ändert. Bewusstsein ist Nicht-Ich
Bewusstsein wird in jedem Moment neu definiert und zwar durch die Form des Objektes welches ins Bewusstsein tritt. (Diese Objekte sind die Objekte welche wir durch unsere 6 Sinne wahrnehmen können)
z.B. Durch den Kontakt zwischen Auge (Organ), Blume (Objekt) entsteht das Seh-Bewusstsein. Wir sehen hier, dass das Bewusstsein nur in abhängigkeit entsteht. Und sobald eines der Faktoren vergeht oder sich verändert, verändert sich das Bewusstsein ebenfalls.

- Bewusstsein entsteht niemals alleine. Mit jedem Bewusstsein entstehen sogenannte Geistesfaktoren (cetasika). Sie begleiten jedes Bewusstsein, haben also dieselbe Sinnesgrundlage und das selbe Objekt. Die Cetasika sind die geistigen Eigenschaften, die aufgeteilt werden in heilsame, unheilsame, neutrale.... Jedes Bewusstsein wird von mindestens 7 (den universellen) Geistesfaktoren begleitet. (Kontakt, Gefühl, Wahrnehmung, Wollen, Einspitzigkeit, vitalität und Aufmerksamkeit).Andere Faktoren die nicht immer entstehen sind z.B. Verlangen, Ablehnung, Freude, Großzügigkeit, Geiz, Müdigkeit usw. Es gibt insgesamt 52.

- Wenn also Bewusstsein und Geistige Formationen zusammen auftreten, sprechen wir von einem geistigen Moment.

- Man vergleicht Bewusstsein auch mit klarem Wasser, welches allein nicht erkennbar ist.
Und die geistigen Faktoren werden mit Farben und Schmutz verglichen, die das klare Wasser (Bewusstsein) einfärben oder trüben und so sichtbar und unterscheidbar machen.

Buddhistische Grundregel des Bewusstseins:

1. In einem Moment gibt es immer nur ein Bewusstsein
2. Jedes Bewusstesein muss ein Objekt haben
3. Bewusstsein reiht sich an Bewusstsein, als lückenlose Kette, dem "Bewusstseinsstrom"
4. Funktion des Bewusstseins ist es immer nur sich eines Objektes bewusst zu sein.

Hier ein Versuch, einen Bewusstseinsmoment darzustellen:

1. Ich liege zu hause und schlafe ein wenig, und es klingelt an der Tür.
= (Bhavanga Citta) passiver Geist, Lebenskontinuum
2. Ich wache auf, bin kurz irritiert bis mir klar wird dass es geklingelt hat
= Der passive Geist vibriert, ist aber noch kurz aktiv, und hält dann an
3. Ich gehe zur Tür und mache auf
= Beginn des aktiven Geistes: An einem unserer Sinnestore merkt ein Bewusstsein auf. Unsere Aufmerksamkeit wendet sich diesem betroffenem Sinnestor zu, an dem das Objekt erscheint. Es öffnet sozusagen die Tür. Daher der Name "Türöffner"
4. Ich sehe den Besucher der draussen steht
= Das entsprechende Sinnesbewusstsein tritt auf. Hier kommt auch Kamma (Karma) ins spiel, denn was ich jetzt sehe, höre, rieche.... ist resultat meines vorangegangen Karmas.
5. Ich empfange ihn und bitte ihn herein
= Das ist das empfangende Bewusstsein, welches die gesehenen, gehörten usw. "Daten" aufnimmt.
6. Ich frage nach dem Grund des Besuchs
= Prüfendes Bewusstsein, welches die empfangen Daten checkt.
7. Danach entscheide ich mich z.B. dazu dass der Besucher mir wohl gesonnen ist
= Das entscheidende Bewusstsein beschliesst, was mit den Daten zu tun ist, wie zu reagieren ist. Diese Funktion wird von dem am Geisttor aufmerkendem Bewusstsein wahrgenommen
8. Ich vergnüge mich ein wenig mit dem Besucher, bei einem Kaffee und einem guten Gespräch
= Jetzt folgen 7 sogenannte Impulsivmomente in denen wir das Objekt "geniessen", d.h es mit Genuss oer Aversion erfahren bzw. reagieren.
Genau hier ist es wo wir karmisch heilsam oder unheilsam handeln.
9. Wenn der Besucher gegangen ist halte ich ihn noch kurz in Erinnerung
= Nach dem klaren geniessen des Objekts, folgen noch zwei kleine Bewusstseinsmomente mit dem selben Objekt.

Danach ist der Geist wieder passiv, solange bis ein neues Objekt eintritt.


Ich muss jetzt weg, würde aber später noch mehr schreiben, da dieses Thema eines der Hauptanliegen des Buddhismus ist.

Ich wäre sehr froh zu hören ob diese Darstellung verständlich ist oder nicht so wirklich.

In metta

Phra Kampie Ra Panyo
Ergebt euch nicht der Lässigkeit,
Vertrauet nicht der Sinneslust,
Wer wachsam ist und selbstvertieft,
Erlangt ein hohes, heil´ges Glück
(Buddha, Dhammapada 27)
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Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Karla - 28-09-2008, 22:36
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Karla - 29-09-2008, 01:13
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Petrus - 29-09-2008, 06:57
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Petrus - 29-09-2008, 07:02
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Karla - 01-10-2008, 00:10
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Petrus - 01-10-2008, 08:39
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Karla - 01-10-2008, 14:36
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von gambhirapañño - 15-01-2009, 11:11
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Lux - 15-01-2009, 19:34
RE: Was ist eigentlich Bewußtsein? - von Lux - 16-01-2009, 18:36
RE: Was versteht ihr eigentlich unter "Seele"?? - von atman - 28-09-2008, 22:44
RE: Was versteht ihr eigentlich unter "Seele"?? - von atman - 28-09-2008, 22:49
RE: Was versteht ihr eigentlich unter "Seele"?? - von atman - 29-09-2008, 09:27

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