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Goethe
#8
Zitat:Goethe: "Er sei Prophet und nicht Poet und daher auch sein Koran als göttliches Gesetz und nicht etwa als menschliches Buch, zum Unterricht oder zum Vergnügen, anzusehen."
- ja, Vergnuegen ist sicher etwas Anderes. Sanfter konnte er es kaum ausdruecken, Eckard *g*

Mit Goethe hat man uns in meiner Schulzeit auch regelrecht ueberfuettert, es gab praktisch nichts, was unser Direx in der Schule sagte, wozu er nicht auch bei Goethe etwas Passendes schon gesagt fand.
Moechte nur anmerken, dass man den West-Oestlichen Diwan im Buchhandel und Bibliotheken ganz sicher finden und auch diese Zitate darin finden kann.

Es gab damals eine Freude ueber den Islam in menchen Bereichen, und Goethe trug nicht wenig dazu bei, Muslime nicht mehr so zu daemonisieren, wie man dazu neigte, wenn die nur militaerisch bemerkbar waren, oder wenn man wieder gekidnapte Leute ausloesen musste, wovon "andere Leute" ihren Unterhalt noch immer finanzierten, als es in Europa schon verpoent war.
Auf solche Kontakte reduziert, wie heutzutage Attentate und haesslich bruellende Demos, auf denen man christliche Kreuze, sofern sie europaeische Flaggen zieren, bespukt und zertrampelt, auch mal eine Nonne oder einen Priester im Eifer umbringt, um auszudruecke, dass ein wenig mehr Zartgefuehl fuer das, was andern heilig ist, verlangt werden koennte - kann man sich kaum ausraffen, sich fuer deren eigne Kulturen zuhause, wo mal Friede ist und auch etwas wachsen kann, ehrlich laenger zu interessieren.

Also schon Graf Zinzendorff bei der Belagerung Konstantinopels uebersetzte im 17.Jhd.den Qur'an ins Deutsche, diese Grafen geruendeten dann aber die christl. Brueder-Gemeinden, deren Mentalitaet die haeusliche Froemmigkeit des preussischen Reichs dann praegten - woher noch die heutigen "Jahres-Losungen" stammen.
Und in Latein uebersetzt wurde der Qur'an schon damals, kurz nach seiner Erscheinung als Buch.
- Ich muss direkt mal suchen, was Graf Zinzendorf damals uebersetzt hat.

Der Geheimrat und Minister Joh.Wolfgang v.Goethe (*1749-1832^) war an vielem interessiert, auch Biologie (Entdecker des menschlichen Zwischenkiefer-Knochens hinter der Oberlippe, Formulierer einer Farbenlehre, und vieles - er war begabt und lernte Neues schnell, wenderte sich dann aber bald anderem zu.
Zitat:Es ist eine [b]bekannte Tatsache, dass Goethe eine starke Abneigung gegen das Symbol des Kreuzes empfand. [/b]
- das kann stimmen, ich meine, es auch gelesen zu haben, als er von sich erzaehlte - er definierte sich selbst als einen ausgesprochen "feinnervigen Aestheten":
Einmal schrieb er, nur vielleicht etwas reuig, dass er als gutbuergeliches Kind in Frankfurt panisch zu schreien und zetern pflegte, wenn zufaellig einmal ein schwarz-haariges Kind in seine kleinen Feste geriet - man musste dieses unbedingt wegschicken. Er habe nur blondere Kinder um sich ertragen koennen, weiss aber nicht warum eigentlich.
- Naja, ich hab als Baby bei einer Frau immer so vor Lachen gegroehlt, wenn ich sie sah, dass die Familie sie auch etwas verlegen bat, mich lieber nicht zu besuchen, man fuerchtete, ich koennte von Lachen ersticken ..... aber ich war unter 1 Jahr alt und konnt es auch nicht erklaeren.
- In dem Bereich waere Goethe auch weinend aus der Kapelle gerannt, haette man ihm "Die Kreuzigung, gemalt von Duerer", gezeigt, etwa wie im Isenheimer Altar, und haette sich tagelang nicht beruhigen koennen, um diese Bilder vergessen zu koennen.

Das Jahrtausend seit Karl d.Gr.naeherte sich dem Ende, ueberall wurde nun umstrukturiert und verschieden geplant, wie es nun weitergehn sollte. Sein Freund Herder ("Voelker der Welt!") engagierte sich dafuer, die Voelker nations-bewusst zu machen, jedes sollte seiner Herkunft nachspueren und sich seine Eigenheit pflegen. (Jeder kuenftige Kaiser wuerde 70 Nationen vorweisen muessen, waere doch praktisch, davon viele schon sowieso beieinander zu haben, denk ich mal so fuer mich hin....)

Die grosse Begabung, sich auszudruecken, war aber denoch nicht das, was Goethe zu einem so "ehernen" Schul-Autoren gemacht hat, sondern etwas viel Einfacheres:
er war begabt dazu, sich jeder Art Stoff anzunehmen und auf Deutsch darueber zu schreiben, waehrend die Universitaeten und Hochschulen noch immer alles in Lateinisch zu behandeln pflegten, weshalb Franzosen mit Briten und Deutsche mit Italienern etc jeder Gelehrte mit allen gleich Gelehrten in Gespraech bleiben konnten, auch noch immer in protestantischen Laendern.
Die Hoefe des Adels hingegen sprachen gemeinsam damals nur noch Franzoesisch, teils auch die Fuerstenhaeuser privat, zuhause, denn ein Adliger konnte ja jederzeit in ein anderes Land heiraten oder in Dienste treten. Ein Preussenkoenig konnte manchmal ueberhaupt kein Deutsch.

Immanuel Kant (*1724-1804^) war der erste Universitaetslehrer, der konsequent und immer nur auf Deutsch lehrte, in Koenigsberg, welches mancher fuer eine Residenz fuer in Ungnade gefallene Beamte ansah. Der war 25 Jahre vor Goethe geboren.
Indem sich nun schon abzeichnete, dass es nach dem Kaisertum Karl d.Gr. zur Zeit ausreichen wuerde, innerhalb dieser und anderer Bevoelkerungen der Welt mindestens 6-8 Kaiserreiche zu je mindestens 70 Nationen zu bilden, musste es neue Reichs-Sprachen geben, die bis dahin auch schon funktionieren sollten.
Etwas Aehnliches war auch das, was zuvor John Wycliffe (Wyclif, Wickliffe) (*1328-1384^), Huldreich (Ulrich) Zwingli (*1484-1531^), sowie Martin Luther (*1483-1546^), fuer ihre Nationen tun sollten. Es gab ja schon vorher Bibel-Uebersetzungen ins Deutsche.
Diese war aber, in Verbindung mit einem vom ganzen Volk auswendig zu lernenden Frage-Antworten-Buch in der Heimat-Sprache, Katechismus, eine Sprachbruecke zwischen all dem, was hier lebte und jeweils eigene aus Stammesprachen kommende Dialekte oder Berufs-Sprachen hatte. Die Fleischer und Viehhaendler im Lande haetten mit den Muellern, Maurern, Korbflechtern, Zimmerleuten oder Bauern nicht ueber vieles reden koennen, zumal nicht Norddeutsche mit Mittel- oder Sueddeutschen.

Jetzt erst wurden auch die national-sprachliichen Bibeln wieder gebraucht und textlich revidiert, auch Juden bekamen durch Moses Mendelssohn, den Philosophen-Freund Kants, eine in Deutsch: unser AT in Hochdeutsch in hebraeischen Lettern, um es erstmal Sprechen zu lernen, wodurch ja das vorherige ins Italienische reichende Jiddisch im Deutschen-Bereich ausser Gebrauch kam. Das heutige Jiddisch reicht ins Polnische Umfeld.
Bei aller Liebe zur Bibel - alle Themen der Welt kommen darin aber einfach nicht vor.
Das Kirchen-Lateinische hat im Vatikan eine eigene Mannschaft noetig, auch zur Nachschoepfung von lateinischen Woertern fuer paepstliche Schreiben, Verlautbarungen in Latein, zu Themen wie z.B.Atom-Physik, Gen-Technik, Computer und Internet.
Als im Hl.Land entschieden wurde, Hebraeisch als Sprache der Einwanderer und der Ansaessigen wieder in den Alltag zu bringen, gab es ein Ehepaar Levi, das bei der Hochzeit ein Geluebde ablegte, zuhause nie mehr etwas Anderes als Hebraeisch zu sprechen, und notfalls aus dem Bestand neue Woerter zu improvisieren, das schrieben sie dann auf und legten es einer Sprach-Kommission zur Verbreitung vor.
Es fehlte auch an Moeglichkeiten wie "Wo bitte ist hier das naechste WC?" - oder "oh-menno, wie soll man bei diesem Laerm schlafen?" oder "Hol mir mal eben ein paar Auberginen vom Markt, ach ja, auch noch Clementinen und Sultaninen, wenn's nicht zu teuer ist" - oder: "Was ist schon wieder mit diesem Auspuff passiert? Der knattert ja wie ein Hubschrauber!" zu sagen - und aus Pietaet wurde durch Uebersetzer auch mancher Ausdruck der Soldaten-grob-Sprache in der Koenigszeit - zum Kirchen-Brauch gedacht - nur ziemlich "verfeinert" mitgeteilt. Also *g* bei Levis haette man immerhin schon direkt schimpfen koennen.
Deren Sohn sagte spaeter, dass er als einziges Kind der Welt, das zuhause ausschliesslich Hebraeisch kannte, sich ziemlich extrem-anders und nicht gerade gluecklich empfand. Spaeter ergab es sich durch die 2 Jahre Militaer-Pflicht, dass alle Einwanderer dann auch gleich ihren Sprach-Unterricht am Anfang des Mitlebens bekamen.

Das ist ja erst knapp 100 Jahre her, und Goethe lebte 100 Jahre vor denen, und war derjenige Vielschreiber, von dem damals erwartet wurde, dass er das hinkriegt in Deutsch
- huch, und dann auch noch oftmals poetisch gereimt.
Das gemeinsame Buch Bibel hat ja eben nicht Themen der Biologie, Physik, Anatomie, Elektronik, Chemie, Politik oder Philosophie etc - bis in alle doch dauernd noch neueren Fach-Woerter-Verzweigungen abgehandelt.

Der Geheimrat v.Goethe war sich durchaus im Klaren, meine ich, dass er hier als ein "hoch-qualifizierter Universal-Dillettant" gefordert war, so zu schreiben, als gehoere auch er zu den Experten. Aber er brauchte das jeweils nur in Gang zu setzen, einen Sprachgebrauch vorgebend, in dem konnten dann die anderen alle fortfahren.

- Wenn man das aber etwas pauschal in der Schule uebergeschuettet bekam, und ohne eine derartige innere Vorbereitung, konnte es einen aber auch de-motivieren, etwas zu schreiben: wenn dieser Mann doch schon zu praktisch allem etwas gesagt und noch dazu weitaus eleganter formuliert hatte....
Der andere "Heros" war - fuer jedernfalls uns Ostpreussen - Kant.
Es gab deshalb Zeiten, wo ich jedesmal Rot zu sehen begann, wenn man Goethe oder Kant auch nur zu erwaehnen anhob - geb ich zu. - Wer hat schon hinter sich einen ganzen Staat, der einen promotet und alle zwingt, im Zweifelsfall immer diesem einem zuzuhoeren, hinter sich?

So kam es auch, dass man Goethe damit betraute oder soweit er schon auf den Geschmack gekommen war, dafuer foerderte, mithilfe von Reisen, literarischen Studien und der Moeglichkeit, auch mal Persoenlichkeiten aus dem weiten Osmanen-Reich naeher kennenzulernen, das ja ab dem 17.Jhd.einige Bereiche an das Roemische Reich Deutscher Nation wieder abgeben musste, etwas mehr aus dem Guten und Schoenen jener Kulturen zu erfahren und wohlwollend ins Deutsche zu ueberbringen.

Er lebte zeitgleich zur frz.Revolution, und zu einer Zeit, als Frankreich mit dem kath.Christentum brach und sich eine neu-heidnische Religion ausdachte, seine Stadt war dann auch einige Jahre lang frz.napoleonisch besetzt und damit konfrontiert, dass auch andere dachten, man sollte Religion neu konzipieren.

Das "Erhabene" des Monotheismus eines einzigen pur geistigen G0TTES war in einem europaeischen Zeitalter absolutistischer Fuersten-Macht durchaus anerkennbar, indem er als spaeterer Minister auch nicht meinte, es sei ratsam, sich hoeheren Anordnungen je zu widersetzen - ganz anders als Schiller.
Er selbst war Protestant, aber nicht Theologe, sondern Jurist - und in den Punkten, die er am Islam hervorhebt, seh ich keinen Unterschied zur christl. Tradition.

Der originale Autor Schaikh 'Abdulqadir Al-Murabit ist ja nicht der Ansprechpartner hierbei, sondern die Besucher des Forums.
Von Goethe ist ja bekannt, dass er den "West-oestlichen Diwan" schrieb und schon allein dadurch, das Augenmerk auf die schoene Dichtkunst im Islam-Bereich zu richten, konnte er bei seinem vom Staat gestuetzten Ansehen viel Zuneigung zu Muslimen erzeugen, und auch Anerkennung fuer ihre grossen Werke. Durch die Kriege war das ziemlich verdunkelt gewesen - durch Kriege aber wurde es nun auch wieder einmal bekannt.

mfG WiT - Fortsetzung folgt :)
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Goethe - von BINAVEXADE - 26-01-2009, 00:42
RE: Goethe - von Ekkard - 26-01-2009, 13:45
RE: Goethe - von miriam - 26-01-2009, 21:43
RE: Goethe - von BINAVEXADE - 26-01-2009, 21:54
RE: Goethe - von miriam - 26-01-2009, 22:04
RE: Goethe - von BINAVEXADE - 26-01-2009, 22:15
RE: Goethe - von miriam - 26-01-2009, 23:08
RE: Goethe - von WiTaimre - 31-01-2009, 00:15
RE: Goethe - von miriam - 31-01-2009, 15:04
RE: Goethe - von Thoddy - 31-01-2009, 15:05
RE: Goethe - von harsha - 31-01-2009, 23:52
RE: Goethe - von WiTaimre - 01-02-2009, 03:35
RE: Goethe - von miriam - 01-02-2009, 23:55
RE: Goethe - von miriam - 04-02-2009, 16:26
RE: Goethe - von WiTaimre - 05-02-2009, 06:09
RE: Goethe - von Marlene - 05-02-2009, 09:07
RE: Goethe - von Der-Einsiedler - 05-02-2009, 09:58
RE: Goethe - von miriam - 05-02-2009, 19:17
RE: Goethe - von miriam - 05-02-2009, 19:27
RE: Goethe - von Marlene - 05-02-2009, 22:29
RE: Goethe - von Der-Einsiedler - 05-02-2009, 23:14
RE: Goethe - von Marlene - 06-02-2009, 08:47
RE: Goethe - von Der-Einsiedler - 06-02-2009, 10:58
RE: Goethe - von miriam - 07-02-2009, 19:59
RE: Goethe - von Marlene - 09-02-2009, 13:47

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