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Sünde und Vergebung in den Religionen
#44
Hi allerseits :)
Zitat:miriam: Ist Himmel und Hölle nicht eine Offenbarung Gottes, irgendwann im Alten Testament?
- nein, im AT, also juedisch biblisch, gibt es nur den Begriff Scheol im Sinne von "Unterwelt", wohin die Toten gehn. Volksglaube stellt sich das aber von alterher abgestuft vor, ob das sehr unangenehm sei, die Guten "schlafen in den Frieden hinein", und nachts stehn alle auf und beten zusammen mit allen Engeln G0TT an - und von der Welt moechten sie Ruhe am Grab.
Etwas spaeter bildet sich der Gedanke vom "Gan Eden" - eine Art Land, "Garten der Zeit / der Bezeugung" bedeutet da generell Sesshaftigkeit mit etwas Landwirtschaft, und unsere Legenden vermuten, es sei nicht viel anders als hier, nur jede Konfession sei unter sich, und alle erwartet der Juengste Tag aller gemeinsam, und dann werde erst entschieden, wer in die "Welt, die kommt", uebernommen werden kann.
Zur Zeit der Talmudisten (ca.2.-5.Jhd.ndZ) ist man damit so weit, dass man annahm, dass maximal 4 Menschen der Judenschaft nicht bei den andern sein werden, aber vielleicht koenne man mittels des Juengsten Tages auch diese noch als nicht wirklich so boese erfahren, also dass fuer eine bleibende Entfernung keiner uebrigbleiben "muss".
Es wird auch geglaubt und gelehrt, dass jede andere Konfession dieselben Chancen vor G0TT haben wird.

Eine Hoelle im Sinne von Feuerpfuhl und derartigen Qualen ist fuer Juden kein Bild - das kam ins Aegyptische auch als Fremdkoerper rein, irgendwie von der Region Iran-Irak her, ich meine, zur Zeit der Amenophis-Herrscher und durch ein neues Buch der Welt-Umreisung ("Totenbuch"), das ausserdem ploetzlich vor G*ttern "wimmelt", von denen man vorher in Aegypten noch nie etwas hoerte. Ab da kommt erst eine Polarisierung vor, wie es im Grab von Ramses I bildlich angedeutet ist - er bringt dem "Dunklen" Herrn im Jenseits pflichtbedingt Textilien dar, aber zum "Lichten" Herrn kommt er freudig mit der ganzen Familie - diese Maechte drehn einander den Ruecken zu. Ramses I regierte nur kurz, lebte aber lange und war der Kanzler und ein Vormund des Tut-Ench-Amun der Restaurations-Religion nach Ech-n-Aton.
Letzterer wird oft falsch gedeutet, denn er fuehrte etwas ein, was die an sich sehr religioes frommen Aegypter zutiefst entsetzt hatte, sein *Aton ("Macht" bezogen auf ein einziges Blitz-Erlebnis an einem See) durfte nur vom Koenigshaus verehrt werden, alle anderen Kulte durften gar nichts und wurden enteignet, und soweit erreichbar wurden sogar Graeber geoeffnet und geschaendet und sogar aus den Namen der Toten die drin enthaltenen Namen ihrer Glaubens-Patrone ("G*tter") herausgekratzt - eins der groessten denkbaren Verbrechen gegen die Ehrung der Eltern und Vorfahren. Der *Aton-Kult war keineswegs eine Verbesserung in Richtung auf Monotheismus, sondern eine raffgierige Diktatur mit landfremder Lehre, an der dies beraubte Volk gar nicht teilnehmen durfte.

Ramses I, der als Kanzler Pa-Ramses hiess, wurde deshalb so geliebt, weil er versuchte, dem Volk seinen Glauben wieder zu ermoeglichen. Zu der Zeit des Ech-n-Aton ist Volk Israel vermutlich schon laengst in Israel gewesen und war da gar nicht mehr dabei.

Vor dem Gebot am Sinai waeren wir als "auch-Hebraeer" (weil auch andere noch-Wandervoelker so hiessen) im Lande Aegypten doch gar nicht aufgefallen, es war nicht so, wie sich das Hollywood so etwas evangelikal-ruehrend vorstellt - uns im Besonderen stand dort ein eigener G*tt zu, wie jedem Beruf oder Stand oder Nachkommen-Bund, haetten wir Bilder genutzt, um unsere Dinge zu schildern, haetten wir keine anderen gebraucht, denn Aegyptens Bilder sind fest abgemachte Kalligrafien und jedes ist eine Silbe oder ein Wort /Begriff der Sprache. Wie gesagt, mit *Ptah von UNU oder *RE ("ist mein Hirte") waeren wir schon zufrieden gewesen.
In Alt-Aegypten ging es viel weniger "heidnisch bizarr" zu, niemand musste da alles anbeten, sondern jeder das Eigene unter der Schirmherrschaft des *Horus-Throns. Alle Herrscher in ihrem Nacheinander bilden den Verein *Horus, und wenn sie sterben, kommen sie alle gleichzeitig in den Verein des *Osiris, so ungefaehr.

Vieles was man heute vom damaligen Aegypten denkt, ist aus uebereilten Folgerungen der Aegyptologen und Assyrologen des 19.Jhds entstanden, deren Beduerfnis nach religioesen Alternativen, die man der Wissenschaft "verdanken koennen" sollte, reicherte die Welt vermutlich erst mit seinerzeit gar nicht so empfundenen Massen von G*ttern an.

Also in diesen spaeten "Totenbuechern" Aegyptens wird im Grunde nur geschildert, wie der Seher-Prophet an der Seite von *RE einmal in riesigen Zeitabstaenden alle Welten bereist, von denen man in Aegypten inzwischen erfahren hatte, dass es sie gibt - es sind Erd-Bereiche, Laender, gemeint, in "himmlischer" Entsprechung, dass jedes Land Hier ein paralleles Dort im erschaubaren Jenseits bedeutet.
Dabei werden naemlich sodann Rechte von existierenden Koerperschaften, versorgt zu werden, oder Pflichten seitens derer, neu angeordnet. Das ist nicht etwa diese taeglich gedachte Runde des Himmelskoerpers Sonne mal ueber mal unter der Erdscheibe entlang. Da geht es um in Jahrtausenden gemessene Zeiten, wann diese besondere Reise je wieder stattfinde.

Zur Weiterentwicklung im hellenistisch und neo-aegyptisch beeinflussten Christentum darf man nicht die juedische Lehre fragen, auch wenn im NT mitunter eine Formulierung vorkommt, so sind doch diese Lehren schon mit jeglicher Gewalt und Ueberredung seit rund 300 Jahren ins Hl.Land gepresst worden. Die juedische Lehre begrenzt sich ja deshalb auf Texte, welche in Hebraeisch verbreitet waren und laesst weg, was nach dem 4.Jhd.vdZ duurchaus auch gute und fromme juedische Buecher waren. Deren Problem aus Sicht der prophetisch-pharisaeischen Lehrhaus-Linie, welche allein das blieb, was heute Judentum ist, war vermutlich, dass mit der griechischen Sprache unweigerlich auch hellenisch-philosophische Weltbilder untrennbar verknuepft sind, Griechisch blieb ja Reichssprache Roms noch rund 4-500 Jahre lang. Da ist eine Septuaginta nur eine Inhaltsangabe, und zu simpel festlegend, was eine Aussage der Thorah an Spielbreite hatte. Man konnte im Richteramt nicht daraus lernen, was fuer Juden an Geboten zu halten moeglich ist. Dazu brauchte man unbedingt den Urtext, soweit er genormt in Hebraeisch vorlag, und von den Propheten und Schriften dass sie beim Zitieren auch ganz klar sprachlich etwas Bestimmtes zitieren, was in Uebersetzungen immer verschwimmt.
Man sieht ja auch, wie bereits in den Apostel-Briefen ganz andere Dinge fuer relevanter gehalten werden, obgleich z.B.Paulus noch bei Patriarch Gamaliel studierte - dieser arbeitete mit einem Uebersetzer, der Satz fuer Satz nochmal in Griechisch weitergab, fuer alle Hoerer, denen Hebraeisch nicht mehr oder noch niemals gelaeufig war.

Paulus schrieb ja vermutlich die fruehesten Texte des Ur-Christentums, und mir faellt keine Stelle ein, in der er z.B.auf die Thematik Himmel-und-Hoelle eingegangen waere. Man erwartete, als Glaeubiger, dass die Gemeinschaft vor G0TT nach dem Tod einander nicht aus den Augen verlieren wird, also Existenz, Gericht und Suehne, und Versoehnung, fuer Christen werde Jesus auffuellen, was einem Einnzelnen dann etwa noch fehlte.
Es wird aber kein Wischi-waschi-jeder-kommt-mit sein, denn es gibt auch sehr strenge Verweise, auf welche Suenden hin man damit nicht zu rechnen braucht, etwa Unzucht, Goetzendienst, gewissenloser Umgang mit Leben wie Mord, oder wie in einer Szene mit Simon-Petrus, jemand der die Gemeinde beluegt, dass er alles, was er besitzt, mit der Gemeinschaft teile, und das gar nicht noetig haette, denn es wurde ja gar nicht verlangt, sondern nur halt gelobt, wenn es jemand tat. - Also es gibt auch die Leute, mit denen dies fruehen Christen keine Gemeinschaft ueber den Tod hinaus zu haben erwarteten, selbst wenn manche davon am Leben der Gemeinde teilnahmen (z.B.in Korinth). - Die letzte Entscheidung darueber wird aber auch von ihnen nicht vor dem Juengsten Gericht erwartet, und sie bleibt bei G0TT, Der allein alles ueber jeden weiss.

Bebildert und geschildert wird erst deutlich spaeter im Christentum, wie es zugehe, in Himmel und Hoelle, da ist aber auch die Mehrheit der Beteiligten jeder juedischen Erinnerung fern aufgewachsen, es ist schon ganz deren Neuer Weg. Das war zeittypisch, wie auch den klein-asiatische Boom an Apokalypsen-Literatur, und daher auch als solches in der neueren Theologie wieder entbehrlich.

Dante zum Beispiel, das ist kein Theologe, kein Lehrer des Christentums, auch sein Buch hat eine juedische Parallele etwas zuvor - das war auch zeittypische Literatur, Poesie, die politische Kritik in Bilder der Strafungen umsetzt. Renaissance halt, die wieder Hellenisches auf´s Tapet bringt. Es faellt eher daran auf, dass ihm der "Himmel" bemerkenswert langweilig aus der Feder fliesst.

Das ist ja wohl der deutlichste Hinweis darauf, dass er kein Prophet war... *g*

mfG WiT :)
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RE: Sünde und Vergebung in den Religionen - von Marlene - 21-02-2009, 10:09
RE: Sünde und Vergebung in den Religionen - von jam - 21-02-2009, 13:15
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RE: Sünde und Vergebung in den Religionen - von jam - 01-03-2009, 01:33
RE: Sünde und Vergebung in den Religionen - von Marlene - 01-03-2009, 10:40
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RE: Sünde und Vergebung in den Religionen - von t.logemann - 02-03-2009, 15:37
RE: Sünde und Vergebung in den Religionen - von WiTaimre - 04-03-2009, 21:54

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