02-04-2009, 20:45
(02-04-2009, 15:43)Sonne schrieb: Petronius, du hast auch nicht erfahren, dass die Erde eine Kugel ist. Und trotzdem glaubst du, was andere dir darüber sagen. Wenn man es nicht anders kenn aus seinem Umfeld, weil alle dieser Tradition folgen, dann glaubt man eben auch an Gott bzw. die runde Erde. Erlernter Glaube ist meines Erachtens nach also nicht weniger Glauben.Sonne, kann es sein, dass du
Glaube(1) im weltanschaulichen Sinn als ein Vertrauen in Konventionen und
Glaube(2) im Sinne des für wahr Haltens von Tatsachenbehauptungen
durcheinander bringst?
Beides lässt sich recht einfach unterscheiden:
Glaube(1) ist subjektiv erfahrbar, indem ich am Leben einer Gesellschaft teilnehme, anderen zuhöre und dabei Regeln dessen, was man tut und was nicht erlerne. Im Prinzip handelt es sich um Konventionen einer Gesellschaft.
Glaube(2) ist im Prinzip objektiv, d. h. durch Versuch und Irrtum von jeder Person zu bestätigen oder zu widerlegen.
Einen bestimmten empirischen Sachverhalt nicht zu kennen und deshalb darauf zu vertrauen, dass andere schon korrekt darüber berichten, hat nichts mit dem hier gemeinten Glaubensverständnis im weltanschaulichen Sinne zu tun.
Empirische Sachverhalte können im Prinzip nachgeprüft werden, was bei Werturteilen nicht sinnvoll ist. Glaubensinhalte (im weitesten Sinne eine Sammlung von Werturteilen) geben die Prinzipien vor, nach denen die Gesellschaft leben kann. Erst die Wirkungsgeschichte zeigt, ob diese Sammlung ihr Ziel erreicht oder modifiziert werden muss (eine Frage der Angemessenheit und nicht von "nachprüfbar").
(02-04-2009, 15:43)Sonne schrieb: Erlernter Glaube ist meines Erachtens nach also nicht weniger Glauben.Aller (religiöser) Glaube ist angelernt, auch dann, wenn uns gewisse Archetypen (nach C. G. Jung urtümliche Verhaltensmuster, gefühlsmäßig ausgelöst) angeboren sind. Wie man weiß, sind diese ambivalent, können also durch Lernen modifiziert werden.
Insofern halte ich "an gar nichts glauben" auch nicht für möglich. Denn "Glauben an gar nichts" bedeutet, außerhalb der Gemeinschaft zu leben, in der Einöde, jedes anderen Menschen Feind.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard