29-05-2009, 00:23
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 29-05-2009, 00:41 von Alanus ab Insulis.)
Petronius schrieb:warum du aber daraus den schluß ziehst, daß jeman, der "immer auch kulturschaffend und vermögend ist", deshalb als "homo religiosus" zu gelten habe, geht aus deinem statement nicht hervor
Aus meine Stellungnahmen geht dies sehr wohl hervor. Meine These ist, das Religion ein immanenter Teil einer jeden Kultur ist. Dies ist auch ein geschichtliches Faktum. Jede menschliche Kultur hat Religion hervorgebracht, seien es Hochkulturen oder Stammeskulturen, Naturvölker oder Imperien. Die Tatsache das Religion Bestandteil einer jeden Kultur war und ist, lässt durchaus den Schluss ziehen, dass der Mensch als kulturschaffendes Wesen sich immer auch religiös entfaltet. Dies gilt sowohl für die sozialen Strukturen, als auch für die persönliche Entwicklung.
Petronius schrieb:das dürfte davon abhängen, wie du "religiöse züge" definierst. in ihrer engstirnigkeit z.b. können atheisten gläubigen durchaus in nichts nachstehen
Engstirnigkeit ist wohl eher ein Phänomen mangelnden Wissens oder mangelnder Erziehung/Bildung oder einfach nur eine unausstehliche Charaktereigenschaft.
Viel mehr meine ich diejenigen religösen Züge, die ich sowohl bei atheistischen Einzelpersonen, als auch bei sogenannten atheistisch-humanistischen Vereinigungen immer wieder feststelle. Ein missionarisches Sendungsbewusstsein was die eigene Überzeugung angeht, indem man nicht nur die persönliche Überzeugung hat "für mich gibt es keinen Gott", sondern viel mehr der Atheismus in die Welt verkündet wird (s. Busplakationen in England, Spanien usw.). Denselben Hang zur apodiktischen Wahrheit wie die monotheistischen Religionen bzgl. Glaubensfragen z.B. der Existenz Gottes (nämlich der Nichtexistenz). Das allgemein konstiutierende Credo des Atheismus: "Nein, ich glaube nicht..." Der Bekenntnischarakter dieser Bewegung entspricht geistesgeschichtlich wunderbar der westlichen Konfessionalisierung, auch wenn es sich hier um ein nicht-theistisches Gegen-Bekenntnis handelt.
Es gibt insgesamt viele religionssoziologische oder religionstypologische Merkmale, die die atheistische Bewegung/Bekenntnis trotz aller Heterogenität aufweißt.
Petronius schrieb:Presbyter schrieb:Zumal der Transzendenzbezug, den du oben genannt hast, ebenfalls schon eine Besonderheit des Menschen ist. Er beginnt dort, wo der Mensch sich selbst reflektiert und über die Grenzen seines eigenen Körpers sich in ein Verhältnis zu Natur, sich selbst und zu Anderen setzt (Exteriorität d. Geistes nennt das die Philosophie). In sofern ist auch der a-theistische Mensch nicht frei von Transzendenzbezügen, nur setzt er diese nicht in Bezug zu einem Gott.
auch hier würde ich gerne wissen, was du eigentlich unter "transzendenz" verstehst. die natur und die anderen sind doch nicht transzendent
Vorsicht ich habe hier von Transzendenzbezügen gesprochen.
Transzendenz meint in der Tat, das Transzendete als sinnlich-empirisch Überschreitendes. Das heißt Dinge wie Gott, Welt, Seele, diejenigen Dinge die klassischer Weise Gegenstand der Metaphysik sind.
Transzendieren oder Transzendenzbezüge kann der Mensch auch zu empirisch Fassbaren, aber doch Abstrahiertem herstellen. Das meint zum Beispiel Exteriorität des Geistes. Wenn du dich selbst in Bezug zu deiner Umwelt siehst und reflektierst, dann transzendierst du einerseits die sinnliche Wahrnehmung deines eigenen Körpers und abstrahierst deine Umgebung zu einem Ganzen, das du Natur nennst. Schließlich erfährt man sinnlich niemals Natur, sondern immer nur diesen Kaktus oder diese Katze oder jene Luftbewegung. Das Insgesamt das wir Natur nennen ist schon wieder eine Abstraktion unseres Geistes. Indem der Mensch sich nun in Beziehung zu sich selbst, zu seiner Umgebung (z.B. Natur) und zu anderen Personen setzen kann, transzendiert/überschreitet er die Grenzen seiner sinnlichen Empirie ( z.B.: Liebe zu einem Menschen ist ja nicht die Berührung eines Menschen, sondern das die eigene Person überschreitende Gefühl eines Menschen und der Ausdruck dessen auf die Liebende Person hin).
Das meint also nicht einen Bezug auf das Transzendente. Es zeigt aber deutlich, dass Transzendierungen, d.h. Überschreitungen des Eigenen, ein normaler Vorgang bzw. nichts Unnormales für den Menschen ist.
Für den Gläubigen gibts es auf dieser Ebene nur eine Dimension mehr. Nämlich das er sich nicht nur auf sich selbst, andere und seine Umgebung hin reflektiert und transzendiert, sondern eben auch auf eine göttliche Person.
Ich hoffe ich hab mich weitesgehend verständlich ausgedrückt. Auf Fachbegriffe habe ich weitesgehend verzichtet.
Soweit Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)