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Neues von der Kopftuchfront
#2
29.10.2003 05:50
"Kopftuchgesetz" auf dem Weg
Schavan-Entwurf von CDU-Fraktion einstimmig gebilligt - FDP legt Streit bei
Kultusministerin Schavan (CDU) legt ein "Kopftuchgesetz" vor. SPD und Grüne monieren Verfahrensfehler. Die FDP gab sich nach einiger Kritik an Schavans "Überrumplungstaktik" überzeugt. Die CDU-Fraktion stimmte dem Entwurf einstimmig zu. Die Novelle soll sicherstellen, dass Lehrkräfte "keine politischen, religiösen oder weltanschaulichen Bekundungen" abgeben.
Stuttgart
VON GABRIELE RENZ


Stuttgart - Die Lösung des "schwierigen Auftrags" beginnt mit einer atmosphärischen Unstimmigkeit: Annette Schavan reagiert als erste Länderministerin Deutschlands auf das Karlsruher Kopftuch-Urteil. Und drei von vier Parlamentsfraktionen fühlen sich überrumpelt. Weshalb am Tag der Gesetzesvorlage weniger über die Haltung des Staates zu religiösen Symbolen als über das Vorgehen der Unionsfrau gestritten wurde: Der Entwurf war Tischvorlage in den Sitzungen, am Vorabend hatte er das Justizministerium erreicht.

Die CDU-Fraktion hatte an Schavans Novelle nichts auszusetzen. Ihre Haltung war nach dem Motto: Hauptsache, man kann das Kopftuch verbieten.

Verfassungsrechtler Paul Kirchhof hat den Entwurf geprüft, eine Arbeitsgruppe ihn beraten. Die "Zusammenarbeit" mit dem durchaus mit Fachpersonal ausgestatteten Justizministerium hingegen kam nicht zustande. Die Liberalen vermuteten Absicht. Denn Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) hatte gefordert, die Schulaufsichtsbehörden als letzte Instanz den Einzelfall entscheiden zu lassen und den Staat zu "strikter Neutralität" zu verpflichten. Die FDP-Fraktion aber war derart durch Schavans "nicht gerade freundlichen Stil" vergrätzt, dass sie fast schon aus Prinzip die CDU-Novelle abgelehnt hätte.

Doch nach der Sitzung, in der Schavan den Liberalen die Details erläutert hatte, eitel Einigkeit. Die Ministerinnen traten gemeinsam vor die Medien. Werwigk-Hertneck lobte überschwänglich: "Hervorragend, was hier ausgedrückt worden ist". Schavans Entwurf habe "Bedenken zerstreut". "Es musste nicht soweit kommen, ein Gesetz zur strikten Neutralität zu machen."

Schavan erinnerte daran, dass letztlich alle einig seien in der Ablehnung des Kopftuchs in der Schule: "Wir wollen ein Gesetz, das es Lehrkräften verbietet, in den Schulen Symbole wie das Kopftuch zu tragen", sagt Schavan. Durch die Novelle des Schulgesetzes soll nun Lehrkräften in Baden-Württemberg "alle Bekundungen untersagt werden, die die Neutralität des Landes oder den Schulfrieden gefährden oder stören" oder Verfassungswerte missachten könnten. Ausdrücklich verweist der Gesetzentwurf auf das Bekenntnis des Landes zu christlichen Grundwerten. Erziehung "in Ehrfurcht vor Gott" und "im Geiste der christlichen Nächstenliebe" (Artikel 12 und 16) ist in der Landesverfassung explizit festgeschrieben. Die "äußere Bekundung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte" entspreche dem Erziehungsauftrag der Landesverfassung, argumentiert Schavan deshalb.

Durch die Gesetzesänderung solle insbesondere ein "äußeres Verhalten" unzulässig werden, das den Eindruck erwecken könne, die betreffende Lehrkraft träte "gegen Menschenwürde, Gleichberechtigung, Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung" auf. Ein Kopftuch sei nicht allein religiöses Symbol, begründet Schavan. Es sei auch "politisches Zeichen und Symbol kultureller Abgrenzung". Auch sei das Kopftuch "Teil der Unterdrückungsgeschichte der Frau" und daher nicht vergleichbar mit den Gleichberechtigungsforderungen aus Grundgesetz und Landesverfassung. Aktive Religionsfreiheit müsse dort ihre Grenzen finden, wo religiöse Symbole für politische Aussagen instrumentalisiert würden. Dies sei "beim Kopftuch eindeutig der Fall".

Die SPD-Opposition kritisierte, in dieser "ganz, ganz schwierigen Debatte" nicht einbezogen worden zu sein. Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann bemängelt eine "bewusste Bevorzugung der christlichen Religion". Den ursprünglichen Konsens gelte es zu erhalten, beteuert hingegen Schavan. Sie hat "Gespräche" angeboten. Auch mit der Opposition.

http://www.suedkurier.de
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Neues von der Kopftuchfront - von Aysha - 29-10-2003, 12:00
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