(27-10-2009, 18:34)VolkersList schrieb: Sicher weißt Du, daß Du mit diesen Fragen, woher Übermut, Neid, Hass usw. Gottes kommen, mir mitten ins Herz und auch ins Herz des Christianentums triffst.
Wenn du "mit ins Herz treffen" "zum darüber Nachdenken" meinst, dann war das auch meine Absicht. Nicht jedoch deine Gefühle zu verletzen. Aber ich denke das war bestimmt nicht der Fall. Das war ja kein persönlicher Angriff auf dich.
(27-10-2009, 18:34)VolkersList schrieb: Ich mach mich jetzt mal auf den schwierigen Weg und versuche eine Erklärung oder besser eine Hilfe, daß wir begreifen lernen, was die Natur mit uns vor hat. Als erstes halte ich fest, daß nur ein geringer Teil der Menschen Verbrecher, also der Irrtum Gottes sind.Aber was machen wir mit den Übermütigen, die ein Flugzeug zum Absturz bringen (z.B. 269 Tote in Queensland bei New York ) oder mit denen, die absichtlich durch Neid und Hass angetrieben, Unheil anrichten.
Verbrechen werden durch äussere Umstände begünstigt. Die Frage ist, wieso diese Umstände, wie Elend, Not, Armut, Hass, Eroberungsgelüste, Neid etc. überhaupt existieren.
(27-10-2009, 18:34)VolkersList schrieb: Ich stelle mich mal auf die Seite der Antilope, deren Angst vor dem Löwen sie davor bewahrt, von ihm gefressen zu werden. Handelt Gott böse, wenn die Antilope vom Löwen gefressen wird ? Ich glaube nicht. Was ist Deine Meinung ? Ich als Christianer glaube, daß Gott es völlig in Ordnung findet, wenn in der außermenschlichen Natur getötet wird. Aber dann taucht der Mensch auf. Und schon hört sich die Geschichte ganz anders an. Der Mensch tötet nicht, er mordet. Wir Menschen haben nicht nur ein anderes Wort, sondern auch etwas in der Natur Einmaliges. Wir Menschen haben ein Gewissen. Wenn die Natur weiß, daß sie tötet, dann mordet sie. Dieser unfassbar gigantische Erkenntnisapparat kann nicht mehr töten ohne zu morden.
Meiner Meinung nach begehst du hier leider einen schweren Denkfehler. Töten ist nicht = Morden. Der Löwe begeht kein Verbrechen wenn er die Antilope jagt. Er jagt sie, um sie zu fressen. Er MUSS sie jagen, um zu überleben. Genauso begeht der Mensch kein Verbrechen, wenn er eine Kuh schlachtet um sie zu essen.
Ganz anders verhält es sich, wenn ein Mensch einen anderen Menschen aus niederen Beweggründen tötet. Weil er sich bereichern will, oder aus Hass. Das ist etwas ganz anderes.
(27-10-2009, 18:34)VolkersList schrieb: In der außermenschlichen Natur kommt es sehr selten vor, daß Tiere ihre eigenen Artgenossen töten. Zum Beispiel ein Löwe frißt die Jungen, die von einem anderen Löwen stammen, um die Löwin schwängern zu können. Das kommt in der Natur sehr selten vor.In der menschlichen Natur aber tötet der Mensch seine Artgenossen fast täglich, oder genauer, er ermordet sie, da er weiß oder wissen müßte , was er tut. Warum läßt Gott das zu ? Das Christianentum kann es nur mit dem Wort "Irrtum" erklären. Deswegen ist der Satz, "Gott kann sich irren" ein zentrales Glaubensbekenntnis des Christianentums .
Wenn man an Gott glaubt, und zugeben kann, dass er sich wohl geirrt hat, statt darauf rumzupochen, dass Mord und Totschlag in irgend einer Form notwendig sind, dann ist das schonmal ein grosser Schritt Richtung Vernunft.
Die Frage hier ist: Wieso ist es denn ausgerechnet das Abbild Gottes, das "höchste Geschöpf", das gerade so grausam seine eigene Spezies meuchelt? Die vermeintlich niederen Tiere, über die wir ja Herr sein sollen, die sind bei weitem nicht so mörderisch drauf. Der Mensch ist ja speziell erfinderisch, wenn es darum geht Wege zu finden seine Artgenossen zu töten. Krieg hat schon immer in der Geschichte der Menschheit eine wichtige - wenn nicht die wichtigste - Rolle in der Entwicklung von Kulturen gespielt.
Wie sieht das denn das Christianentum?
(27-10-2009, 18:34)VolkersList schrieb: Eine wirkliche Erklärung ist es nicht. Hört an dieser Stelle unsere Erkenntnisfähigkeit auf ? Ich mache einen neuen Versuch. Die Natur tötet nach einem Beuteschema. Es gibt Bären, die keinen Menschen angreifen oder töten, weil er nicht in ihr Beuteschema passt. Der Mensch frißt Tiere, indem er zum Schlachter geht und sich nichts dabei denkt, wenn er ein Kotelett kauft. Tiere sind weitgehend aus dem Beuteschema des Menschen verschwunden.
Sind sie nicht, wir essen sie jeden Tag. Wir organisierne sie nur anders. Wie Ameisen, wo manche Futter suchen, und andere den Nachwuchs betreuen oder Krieg führen.
(27-10-2009, 18:34)VolkersList schrieb: Aber wir sind nicht soweit von den Tieren entfernt , wie wir denken mögen. Es sind nur 4 Millionen Jahre. Für uns Menschen eine unfassbar lange Zeit, aber für die Natur nur ein Wimpernschlag. Wir sind ohne Zweifel Menschen, aber wir tragen schwere Reste tierischer Instinkte, Gefühle, Leidenschaften, Süchte usw. als archaische tierische Verhaltensweisen in uns.
Ich persönlich bin der Ansicht, dass es nicht nur "Reste" davon sind. Aber du hast grundsätzlich Recht, wenn du sagst, dass wir zwar schon auch, aber doch nicht so sehr wie (andere) Tiere von Instikten geprägt sind. Wir haben die Fähigkeit gegen unseren Instinkt zu handeln.
(27-10-2009, 18:34)VolkersList schrieb: Wir versuchen das zu unterdrücken, zu leugnen, zu verdrängen, aber das klappt nicht.Ein ganze Wissenschaft befasst sich mit diesem Problem: Die Psychologie. Vielleicht verlangt das übrig gebliebene Resttier in uns nach einem Beuteschema. Das könnte dann der andersartige, oder schlimmer, der anders denkende Mensch sein. Aufgrund der Kompliziertheit unseres Erkenntnisapparates wären dann Neid und Hass eine menschliche Vorstufe des Tötens, das die außermenschliche Natur ohne schlechtes Gewissen akzeptiert, nicht aber die menschliche Natur.Ein bezeichnendes Licht auf diesen Sachverhalt wirft die These 321 des Christianentums:" Wer glaubt, daß Sprache wie gedruckt lügen kann, aber andererseits auch verräterische Spuren der Wahrheit hinterläßt und wer noch dazu das Wort "Gewissen" mit " Geh zu deinem Wissen" übersetzt, der hat Gott begriffen."
Dieses Thema, lieber Romero, wird uns lange erhalten bleiben.
Dein Volker
Könntest du mir die These 321 in anderen Worten erklären? Ich glaube so ganz habe ich nicht verstanden, was die Kernaussage wäre.
Danke für deinen ausführlichen Beitrag zu diesem Gespräch.