(06-01-2010, 15:50)Dornbusch schrieb: Hallo d.n.
Ich denke, daß du hier zwei Fragestellungen vorschnell zu einer zusammenführst
1. Hat die Bibel eine Sonderstellung?
2. Müßte sie auf den Index?
Zum ersten Punkt würde ich sagen Ja. Zum einen gehört sie zur Weltliteratur (im wahrsten Sinne des Wortes) und zum zweiten ist sie eine religiöse Tendenzschrift, und hat von daher im Rechtstaat eine Sonderstellung ebenso wie die dazugehörigen Religionen.
Zum zweiten Punkt. Der entsprechende Antrag (dein Link) wurde von den zuständigen Stellen abgelehnt. Offenbar ist die Bundesregierung und die Rechtsprechung nicht willens, sich in die Reihe jener Regime einzuordnen, die die Bibel tatsächlich indizierten oder verbieten.
Die Deutungshoheit über Bibel liegt bei den Religionen, denen sie gehört. Und diese Religionen lehnen jede Verherrlichung von Gewalt ab.
jetzt werden nicht nur äpfel mit birnen durcheinander geworfen, jetzt haben wir den ganzen obstsalat
also erst mal: die bibel hat faktisch keinerlei sonderstellung, weil andere bücher mit ähnlich expliziter gewaltdarstellung auch nicht indiziert sind, und ein ausdrücklicher aufruf zur gewalt bzw. eine ausdrückliche gutheißung von straftaten nicht stattfindet
so viel zum gesunden menschenverstand, und jetzt zur juristerei:
das mit "weltliteratur" und "tendenzschrift" ist natürlich kein argument, weil geltendes recht nicht so einfach mit der berufung darauf ausgehebelt werden kann. aufruf zu straftaten wäre auch dann aufruf zu straftaten und damit selbst strafbar (§111 stgb), wenn sie in einem tendenzbetrieb erfolgt
religionen haben keine sonderstellung, die ihnen von vornherein erlauben würde, sich geltendem recht zu entziehen. tendenzbetriebe haben das recht, ihre protagonisten auf eine bestimmte weltanschauung zu verpflichten - mehr auch nicht. und das hat bestimmte folgen im betriebsverfassungsrecht (nur dort gibt es den begriff des "tendenzbetriebs" überhaupt), nicht aber z.b. im straf- oder jugendschutzrecht
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)

