09-02-2010, 20:14
Zitat: Das Christianentum hat für mich, abgesehen von einigen Anregungen zur weiteren Diskussion wenig Attraktivität. Mir erscheint ein Gott, der nunmehr wieder konkrete Eigenschaften erhält, als ein Rückschritt gegenüber meiner persönlichen Entwicklung.
Lieber Ekkard,
das Zentrum des Christianentums sind nicht die 361 Thesen, sondern die 1000 Gottesgeschenke. Die Thesen sind nur die Praelogien, die zum eigentlichen Glauben führen können, indem man die Geschenke Gottes sucht und anwendet, was zudem der Sinn des Lebens ist.
Du schreibst, daß für Dich Gott keine konkreten persönlichen Eigenschaften hat. Sollte er welche haben, erscheint Dir das als Rückschritt.
Diese Deine Feststellung liegt mir wie ein Stein im Magen.
Es reisst mich hin und her. Ich weiß, daß wir mit den abrahamitischen Religionen die vermenschlichten Götter der Griechen und Römer weit hinter uns gelassen haben.
Jezt kommt das heerensche Christianentum und gräbt das Überwundene wieder aus.
Ich weiß und fühle, daß das stimmt und gleichzeitig, daß das nicht stimmt.
Warum kann ich es nicht erklären ?
Wenn Gott in jedem Kleinstlebewesen, in jeder Pflanze, in jedem Tier wohnt, dann schaffen wir den Sprung, der uns als Rückschritt erscheint ziemlich ohne Probleme.
Wenn Gott aber im Menschen ( wie in jedem Lebewesen) wohnt, scheint es gefährlich zu werden.
Warum ?
Kommen wir dann unserem Schöpfer und uns selbst zu nahe ?
Psychoanalyse ist mir seit je unheimlich, weil sie zuweilen den Menschen so auseinander nimmt, daß sie ihn nicht wieder zusammen flicken kann.
Ist das heerensche Christianentum eine gefährliche religiöse Selbstananlyse ?
Laufen wir Gefahr, daß wir im Kreise laufen, wenn wir davon ausgehen, daß Gott in uns wohnt ?
Ist es normal und anerkannt zu sagen, in Jesus Christus hat Gott gewohnt, aber ist es Blasphemie zu sagen, daß Gott in 6,8 Milliarden Menschen wohnt ?
Hinter welchem Dornenbusch steckt das Geheimnis der Wohnung Gottes ?
Muß Gott seine Wohnung im Menschen räumen, um glaubhaft zu werden ?
Wohnt Gott doch nicht persönlich in jedem Lebewesen, sondern nur seine göttlichen Gesetze ?
Und welche sind das ?
Sind die menschlichen Gipfelerlebnisse der Liebe, aber auch die furchtbaren Konflikte der Menschen untereinander schon der Lebenskampf Gottes mit sich selbst ?
Warum will der Christianer keinen Himmel, der nicht auf Erden ist, warum will er keinen Gott, der irgendwo und nirgends über ihm schwebt, warum will er keinen Gott, der nur die Liebe kennt und mit Hass nichts oder wenig zu tun haben will, warum will er keinen moralin sauberen Alleskönner, warum will er keinen, der sich von Sünde reiner gewaschen hat als Schnee, warum kann er die Moralapostel aller Kirchen nicht mehr ertragen ?
Muß Gott, wenn er als Partner in uns wohnt, konkrete Eigenschaften haben ? Wer sagt das ?
Ist Gott unser Schatten, dem wir nicht entfliehen können ? Aber Schatten ist das falsche Wort, dann schon lieber Lichtschatten.
Leider muß ich hier abbrechen.
Danke, lieber Ekkard.
Volker

