Hallo Bion :)
- ich sprach vom noch nicht "kodifizierten" Recht des Kaiserreichs Rom.
Roemer, welche vom Lernen des XII-Tafelrechts erzaehlten, hatten das noch in der Republik als Schulstoff - auch Lesen und Schreiben wurde gleich damit trainiert, das man auf Wachstafeln es komplett abzuschreiben erlernte, ausserdem auswendig lernte und drittens dann Schrift zu lesen daran uebte, bis man dies mit jedem anderen Text dann auch koennte. Das war schon ungefaehr die gesamte Schule fuer Buerger.
So aehnlich war es uebrigens auch in Keilschrift aus Sumer / Akkad / Assur gehandhabt worden, ohne dass das die Roemer direkt wissen konnten. Die in Keilschrift erwaehnten zusaetzlich, dass man dauernd geschlagen wurde, dabei, fuer zu spaet Kommen und fuer alles Moegliche - bis zum Abschluss dieses Grundunterrichts.
- und 1 Exemplar in Bronze war aufgeschrieben fuer jeden einsehbar, an den Rostra des Forum Romanum aufgestellt. Der Roemer, der das am meisten schilderte, erzaehlt, dass es mit dem Augustusreich aufhoerte und nun immer weniger was galt. Frag mich nicht, welcher roem.Schriftsteller das berichtete, ich erinnere mich nur an die Sache selbst, weil ich in der Schule den Altag eines Roemers zu rekonstruieren die Aufgabe hatte.
Der 2.Papst war Pedro de Luna, das begann ca.1378.
Nachdem die Paepste wieder in Rom residierten, war der, der zurueckgezogen war, bald gestorben, nun hatten sie aber grad sehr wenige Kardinaele da und die Roemer umzingelten sehr unwirsch ihr Konklave, damit sie ja nicht wieder einen Franzosen waehlen sollten. Um lebend rauszukommen, waehlten sie rasch den Erzbischof von Bari, also aus Italien wen, zum Papst, und huldigten ihm unter den Augen voll bewaffneter Roemer.
- Dann konnten sie wieder gehn, wohin sie wollten, eilten nach Genua, setzten sich dort nochmal zusammen, in Freiheit und waehlten mit Bedacht und Ruhe einen geistlich sehr ordentlichen Mann - Bischof Robert Gf.v.Genf, und wollten die erste Wahl wegen Zwangs annulieren.
- Leider befanden die Juristen, dass das leider nicht ginge, irgendwie hatte noch keiner bedacht, dass jemand das Enklave so unter Druck setzen konnte, um zu entscheiden, dass erzwungene Wahl ungueltig sei. Der in Rom eingesetzte trat nicht vom Amt zurueck und wurde irgendwie panisch ihnen gegenueber, und versuchte, sie hinrichten zu lassen - da verschanzten sie sich mit dem zweiten - den die Juristen fuer exakt genauso gueltig gewaehlt erklaerten, in Avignon.
Das war nun neu - nicht "Gegenpapst", was schon vorkam, sondern 2 wirklich gueltige Paepste, und keiner fuehlte sich befugt, freiwillig zurueckzutreten - und als der in Avignon, militaerisch belagert, starb, waehlten die dortigen Kardinaele schnell den sanften gelehrten Bischof Pedro de Luna zum Nachfolger. Der rettete sich spaeter dort weg in die Gegend von Sevilla.
Der war das mit dem laengsten Religionen-Disput jener Zeiten, von dem ich sprach.
Das Ganze wurde verschlimmert durch einen 3.Versuch, ein Konzil einen Papst waehlen und die 2 abzusetzen, war eine super Versammlung - aber von keinem Papst einberufen, und so gab es nun juristisch besehn 3 gueltig gewaehlte Paepste parallel.
- Da kam der (gegen)-Koenig Sigismund auf die Idee, einen Mann von zweifelhafter Taetigkeit durch Simonie zu kaufen, mal kurz als 3.Papst zu konkurrieren, als der starb, damit einer gueltig genug war, ein richtiges Konzil einzuberufen, das alle 3 absetzen und einen ganz anderen waehlen koennte.
Das geschah 1414-1418 und war endlich juristisch ok.
Auch Pedro de Luna wurde 1415 abgesetzt, aber die Spanier vereinten gerade 4 Kronen zu einer und behandelten seine Residenz in Sevilla als "ihren" Papstsitz, gewissermassen "bei Bedarf", und auch als der gestorben war, wurde noch einer nachgewaehlt, aber das war zu offensichtlich unwirksam, weil erst er ein regelrechter "Gegenpapst" geworden waere, und der gab es dann bald auf.
Darum z.B.ignorierte der spanische Gross-Inquisitor Torquemada die wiederholten Verbote des Papstes in Rom, Juden so zu bedraengen - obgleich ein Bruder von ihm im Kardinalskollegium beim Papst zu Rom sass, wenn ich mich richtig erinnere.
- Wie er das tat, gefiel auch dem "Zweit-Papst" Pedro de Luna nicht - der scheint ihm aber unwichtig gewesen zu sein (ich glaub, der Mann war sich allein genug "Papst") - irgendwann im Alter erreichte ihn aber auch das "Echo" kirchlicherseits und er lebte noch lange in sowas wie Einzelhaft und konnte Busse tun, aber nichts mehr uneschehen machen, Sitten und Respekt hatte er in einigen Punkten zu gruendlich verdorben.
- Dem Koenigshof gefiel naemlich das enteignete Eigentum, das er damit dem Hof zufliessen liess, dass zwangsgetaufte Juden in dem Moment der Inquisition unterstanden, die sonst nicht das geringste mit ihnen zu schaffen gehabt haetten, und diese konnte man dann fuer "Haeresie" belangen
- es waren damals im Grunde nur 2 dermassen entgleiste Geistliche, aber sie brachten unendliches Elend ueber die Judenschaft und letztlich auch den Verfall der spanischen Macht und Faehigkeiten, auf Jahrhunderte.
Das Problem dieser gueltigen Mehr-paepstigkeit war juristisch sehr gross, weil praktisch alle Christen-Menschen automatisch im Bann waren, also nicht im Besitz der buergerlichen Ehrenrechte, egal, zu welchem Papst sie sich zaehlten, sie waren bei dem andern im Bann. und darueber gab es leider schon Paragraphen, was alles einen Bann ausloeste.
Es gab Ansaetze, den Klerus bis hin zum Dorfpastor zu verdoppeln - aber niemand fuehlte sich wohl dabei, unsicher darueber, was die religioese Wirkung davon sein wuerde. Die Mehrheit Europas scheint sich dann nach Rom orientiert zu haben, egal wer Papst sei, sogar die Franzosen.
Die Gerichts-Entscheide aller Gerichte und Notare, die keine alten Frei-Stuehle waren, konnte jeder leicht anfechten, daher boomten die Freigerichte damals in notariellen Angelegenheiten, aus irgendeinem Grund waren die Freistuehle, die unter freiem Himmal zu tagen hatten, aus vorkarolingischer Zeit her, noch nicht voll mit dem Kaiser- oder Papst-Problem so betroffen. Auch nicht die muendlichen Gerichte der Hanse.
Man kann sich kaum vorstellen, wie schnell damals die Welt ohne eine gesicherte Rechtsprechung verwahrloste - ich las mal, so bis ca.1400 waren über 90 Prozent der Menschen obdachlos und irrten durch die Lande. Normale Geschichtsbuecher sehn ja meist nicht so auf die Rolle des alltaeglichen Rechts-Zweifel-Schlichtens oder der Rolle von Gesetzen im Hintergrund.
In diesem Fall sah man auch, was passieren konnte, wenn man vom Rechtsgefuehl her meinte, etwas "Selbstverstaendliches" (wie: dass ein erzwungener Wahl-oder Rechts-Akt nicht in Kraft treten koenne) nicht aufschreiben oder wenigstens von dazu befugten Koerperschaften entschieden haben zu muessen.
Das war z.B. fuer Juden auch so brisant, nach 70ndZ, als nun voll unterworfene Provinz, die seit der Perserzeit auf einem Hohepriester-Staats-Modell fundiert war (was in Aegypten mehrere waren) - aus diesem "Priester-Aristokraten"-Bestand heraus ein autonomes Erb-Koenigreich erkaempft zu haben, von Republik Rom, die ihnen dabei half, anerkannt, von derselben Republik durch Pompeius zu einer ersten Pflicht-Abhaengigkeit gebracht, von derselben Republik einen Nicht-Priester als Koenig aufgezwungen zu kriegen (Herodes) - dessen Soehne dann unter dem Kaiser nur noch 4-Teilfuersten waren, die man halt noch Koenig nennen konnte
- und nun hatten grad radikale Splitter-Gruppen aus der politischen Priesterschaft sich (anscheinend überreizt wegen der endgueltigen Tempel-Beraubung 66ndZ durch einen Prokurator) den 4-Jaehrigen Krieg mit Rom eingehandelt - und die Schliessung des Heiligtums.
In dem Belagerungs-Wahnsinn waren sowohl der Hohepriester als auch der Lehrhaus-Patriarch ums Leben gekommen, der oberste Rechts-Entscheider, "Nassi" genannt Hochschul-Rektor, und Leiter des Richter-Kollegiums "Aw Beth Din" genannt
- ein unter Herodes vererblich gemachter Kleinfuersten-Rang, in Personal-Union beider Aufgaben, was er wohl ohnehin diktator-maessig bei Bedarf "topte".
Zu unterscheiden ist, dass man seitens Rom zwar das Kultus-Zentrum wegen Aufstands platt-machte und kuenftig die religioese Kopfsteuer an das Heiligtum fuer Jupiter erhob, aber es nicht gegen die juedische Religion, Nation, "Rasse" oder Rechtsprechung ausdehnte.
Die aus Jerusalem entkommenen Rechts-Kapazitaeten um Johanan b.Zaqaj konnten schon waehrend des Kriegs an der Kueste anfangen, ueber einen neuen Rechts-Gebilde-Zustand nachzudenken, indem sie in Jawne schon wieder Schule halten, Recht fuer's Volk entscheiden und Richter ausbilden konnten
- ich hab das nicht abwertend gemeint, wenn ich von "losen Edikt-Sammlungen" und vom Beauftragen der vor Ort existenten eroberten Rechtsprechung sprach. Darin waren die praktischen Roemer offensichtlich einsame Spitze, dass das anscheinend irgendwie auch vor sich hin funktionerte.
Aber als ich mich mal tiefer informierte, wie man eigentlich an den Justinianischen Codex gekommen ist, also was nun ein "kodifiziertes Recht" ist, auf das man sich reichsweit berufen konnte - das ist schon ein Unterschied an Rechtssicherheit, warum sie es haben wollten.
Etwas Vergleichbares - meine ich - hatte der Codex Hamurabi im fruehen Altertum erstellt, von dem zweifellos eine gute Portion in die Bibel und das juedische Recht einging. Es wird ja dazu berichtet, dass der Schwiegervater von Moses dies einbrachte, nachdem sie auf dem Wege waren, ein Volk zu sein - noch ohne bestimmte Vorstellungen, was wir am Sinai wollten oder sollten. Urspruenglich ging ja es um 3 Tage dort Beten des ganzen Nachkommen-Volkes "plus den Rindern".
Ich suche noch eine gute Quelle, um genauer zu erfahren, wie es eigentlich in Aegypten juristisch funktionierte, denn das muss schon vor dem Alten Reich eine Aufgabe der Schreiber-Kaste gewesen sein (als sie noch nichtmal schrieben). Die paar hundert Jahre dort begann man ja auch um UNU (Heliopolis) zu einem "Kanzler" Josef gehoerig. Da war die Hochschule fuer aegyptischen Prophetismus - auch eine Rechtsschule mit eigenem Ober-Priestertum.
Also in Jawne leitete erst der alte Johannan den Rekonstruktions-Versuch und sie sammelten Alte wie ihn, die sich noch so nah wie moeglich an die Zeit unter Hillel d.A. erinnern konnten
- jeden bezeugbaren alten eigenen Rechtsbrauch, jede Erzaehlung von vorher, soweit sie nicht in der Hl.Schrift stand - und ueberhaupt, auch Entscheidungen, was denn nun die eigensten Hl.Schriften waren (es waren noch unklar, wie man Hohelied und Koheleth einstufen sollte).
Der Sohn des letzten Patriarchen war auch davongekommen, aber erst 20j - Gamaliel b.Simon II nachher, aber erst nach 10 Jahren zum Vorsitz der Versammlungen berufen. Anfangs klappte das nicht so mit ihm, er schloss zuviele Leute vom Mitstudieren aus und stellte auch mal sehr geachtete Richter fuer "Disziplinlosigkeit" (ihm nicht zustimmen zu koennen, ob etwas rechtlich so ueberliefert war) bloss, und schliesslich setzte die Versammlung ihn ab und waehle einen sehr jungen Gelehrten, man sagt, einen 17-Jaehrigen, zum Vorsitz.
Nachher bat der abgekanzelte alte Gelehrte darum, ihn als Nassi wieder auf en Vorsitz zurueckzubitten, und sie machten es dann wohl wieder so wie frueher: 2 Haeupter - 3 Wochen der erbliche Nassi, 1 Woche der junge, "Aw Beth Din", und regelten, dass man sich in dieser Schule und Situation bei Rechtsentscheiden der Mehrheit und Erinnerung, was war, zu fuegen habe und keiner noch so guten Einzelmeinung - andernfalls man aus ihnen verbannt wuerde.
Letzteres passierte auch prompt 2 Koryphaeen, der eine erklaerte es seinem Sohn: seine Erkenntnis fusste auf einem bereits gehabten Rechtsentscheid mit Mehrheit - von frueher. Das war sein Bestes Wissen. Der Sohn solle sich aber der jetzigen Mehrheit fuegen und nicht der Ansicht des Vaters einfach treu bleiben, denn der Sohn habe die nur von 1 Menschen gehoert.
- Im Uebrigen: in den Bann gesetzt zu werden, tat keinen Abbruch dem gegenueber, was sie bis dahin entschieden hatten. Es war nur ein Faktum und nicht unehrenhaft. Aegypter haben zeitweise Leute auch rueckwirkend geloescht.
Im uebrigen wurde dies sofort nach Gamliel's Tod neu durchdacht und insoweit geaendert, dass man nur fuer etwas den Bann bekommen soll, was wirklich gegen die Lehre selbst gerichtete Aeusserungen sind. Und das Aussperren von Lernwilligen hatte man schon vor seiner Rueckberufung in den Vorsitz beendet. - Er hatte soviel Besorgnis gezeigt, die Institution muesste sich mit abweichend meinenden Schuelern abplagen. Das war schon lange kein Problem.
Mehr noch: nach ihm liess man sich recht viel Zeit damit, einen neuen Nassi oder ueberhaupt Versammlungs-Vorsteher zu waehlen und tagte auch an mehreren Orten, und zeitweise nur wegen einiger Rechts-Entscheide, die eine Versammlung beraten musste, falls es da kompliziertere Widersprueche gab. Dazu rief man die Leute eben aktuell nach irgendwohin zusammen, wer konnte, kam. Keiner war ja hauptberuflich Rechts-Gelehrter, sondern jeder schlug sich mit irgendwelchen anderen Berufen durch. Das empfahl und praktizierte ja auch schon Hillel d.A. so.
Es ist immer wieder schwer zu erklaeren - Judentum ist eine Religion, der Recht und Gesetz heilig sind, weil Gerechtigkeit jedem Menschen zusteht, ob er juedisch ist oder nicht, ob arm und ohne Einfluss oder reich und mit, und ein "Paragraph" darin ist auch, sich Recht und Gesetz anderer ebenso interessiert zu fuegen, solange die es uns gestatten, dieses unser Recht zu pflegen und zwar um unseres G0TTES willen.
Unser Recht ist, wie es ist, und wenn wir dies oder das nicht praktizieren koennen, lernen wir es trotzdem weiter, fuer den Fall, dass es wieder in unsere Moeglichkeiten kommt, z.B. alle Gesetze des Opfer-Heiligtums, alles an Land-Arbeits-Geboten, auch wenn man kein Land hatte, alles, was Maenner angeht, auch wenn man eine Frau ist.
Um das ueber die Jahrtausende weiter zu moegen, so als Volk dazu, hat es eben diese Auslegungs-und Predigt-Varianten gegeben und gibt immer weitere. - Es kommt ja auch nur darauf an, unter was fuer staatlichen Lebensbedingungen man einander dazu animieren muss oder moechte.
Ein Phaenomen, das wir seit den 1990er Jahren wieder erleben, ist, dass jemand, der nichts mehr gelehrt bekam, aber wieder auf Gemeinden mit Lernmaterial kommt, sich sehr dafuer begeistern kann, es einfach wieder mal zu halten, was da alles geboten wurde.
Es lernt sich wirklich charmanter als ein BGB oder StGB.
nochmals Pessach Schalom
mfG WiTaimre :)
- ich sprach vom noch nicht "kodifizierten" Recht des Kaiserreichs Rom.
Roemer, welche vom Lernen des XII-Tafelrechts erzaehlten, hatten das noch in der Republik als Schulstoff - auch Lesen und Schreiben wurde gleich damit trainiert, das man auf Wachstafeln es komplett abzuschreiben erlernte, ausserdem auswendig lernte und drittens dann Schrift zu lesen daran uebte, bis man dies mit jedem anderen Text dann auch koennte. Das war schon ungefaehr die gesamte Schule fuer Buerger.
So aehnlich war es uebrigens auch in Keilschrift aus Sumer / Akkad / Assur gehandhabt worden, ohne dass das die Roemer direkt wissen konnten. Die in Keilschrift erwaehnten zusaetzlich, dass man dauernd geschlagen wurde, dabei, fuer zu spaet Kommen und fuer alles Moegliche - bis zum Abschluss dieses Grundunterrichts.
- und 1 Exemplar in Bronze war aufgeschrieben fuer jeden einsehbar, an den Rostra des Forum Romanum aufgestellt. Der Roemer, der das am meisten schilderte, erzaehlt, dass es mit dem Augustusreich aufhoerte und nun immer weniger was galt. Frag mich nicht, welcher roem.Schriftsteller das berichtete, ich erinnere mich nur an die Sache selbst, weil ich in der Schule den Altag eines Roemers zu rekonstruieren die Aufgabe hatte.
Der 2.Papst war Pedro de Luna, das begann ca.1378.
Nachdem die Paepste wieder in Rom residierten, war der, der zurueckgezogen war, bald gestorben, nun hatten sie aber grad sehr wenige Kardinaele da und die Roemer umzingelten sehr unwirsch ihr Konklave, damit sie ja nicht wieder einen Franzosen waehlen sollten. Um lebend rauszukommen, waehlten sie rasch den Erzbischof von Bari, also aus Italien wen, zum Papst, und huldigten ihm unter den Augen voll bewaffneter Roemer.
- Dann konnten sie wieder gehn, wohin sie wollten, eilten nach Genua, setzten sich dort nochmal zusammen, in Freiheit und waehlten mit Bedacht und Ruhe einen geistlich sehr ordentlichen Mann - Bischof Robert Gf.v.Genf, und wollten die erste Wahl wegen Zwangs annulieren.
- Leider befanden die Juristen, dass das leider nicht ginge, irgendwie hatte noch keiner bedacht, dass jemand das Enklave so unter Druck setzen konnte, um zu entscheiden, dass erzwungene Wahl ungueltig sei. Der in Rom eingesetzte trat nicht vom Amt zurueck und wurde irgendwie panisch ihnen gegenueber, und versuchte, sie hinrichten zu lassen - da verschanzten sie sich mit dem zweiten - den die Juristen fuer exakt genauso gueltig gewaehlt erklaerten, in Avignon.
Das war nun neu - nicht "Gegenpapst", was schon vorkam, sondern 2 wirklich gueltige Paepste, und keiner fuehlte sich befugt, freiwillig zurueckzutreten - und als der in Avignon, militaerisch belagert, starb, waehlten die dortigen Kardinaele schnell den sanften gelehrten Bischof Pedro de Luna zum Nachfolger. Der rettete sich spaeter dort weg in die Gegend von Sevilla.
Der war das mit dem laengsten Religionen-Disput jener Zeiten, von dem ich sprach.
Das Ganze wurde verschlimmert durch einen 3.Versuch, ein Konzil einen Papst waehlen und die 2 abzusetzen, war eine super Versammlung - aber von keinem Papst einberufen, und so gab es nun juristisch besehn 3 gueltig gewaehlte Paepste parallel.
- Da kam der (gegen)-Koenig Sigismund auf die Idee, einen Mann von zweifelhafter Taetigkeit durch Simonie zu kaufen, mal kurz als 3.Papst zu konkurrieren, als der starb, damit einer gueltig genug war, ein richtiges Konzil einzuberufen, das alle 3 absetzen und einen ganz anderen waehlen koennte.
Das geschah 1414-1418 und war endlich juristisch ok.
Auch Pedro de Luna wurde 1415 abgesetzt, aber die Spanier vereinten gerade 4 Kronen zu einer und behandelten seine Residenz in Sevilla als "ihren" Papstsitz, gewissermassen "bei Bedarf", und auch als der gestorben war, wurde noch einer nachgewaehlt, aber das war zu offensichtlich unwirksam, weil erst er ein regelrechter "Gegenpapst" geworden waere, und der gab es dann bald auf.
Darum z.B.ignorierte der spanische Gross-Inquisitor Torquemada die wiederholten Verbote des Papstes in Rom, Juden so zu bedraengen - obgleich ein Bruder von ihm im Kardinalskollegium beim Papst zu Rom sass, wenn ich mich richtig erinnere.
- Wie er das tat, gefiel auch dem "Zweit-Papst" Pedro de Luna nicht - der scheint ihm aber unwichtig gewesen zu sein (ich glaub, der Mann war sich allein genug "Papst") - irgendwann im Alter erreichte ihn aber auch das "Echo" kirchlicherseits und er lebte noch lange in sowas wie Einzelhaft und konnte Busse tun, aber nichts mehr uneschehen machen, Sitten und Respekt hatte er in einigen Punkten zu gruendlich verdorben.
- Dem Koenigshof gefiel naemlich das enteignete Eigentum, das er damit dem Hof zufliessen liess, dass zwangsgetaufte Juden in dem Moment der Inquisition unterstanden, die sonst nicht das geringste mit ihnen zu schaffen gehabt haetten, und diese konnte man dann fuer "Haeresie" belangen
- es waren damals im Grunde nur 2 dermassen entgleiste Geistliche, aber sie brachten unendliches Elend ueber die Judenschaft und letztlich auch den Verfall der spanischen Macht und Faehigkeiten, auf Jahrhunderte.
Das Problem dieser gueltigen Mehr-paepstigkeit war juristisch sehr gross, weil praktisch alle Christen-Menschen automatisch im Bann waren, also nicht im Besitz der buergerlichen Ehrenrechte, egal, zu welchem Papst sie sich zaehlten, sie waren bei dem andern im Bann. und darueber gab es leider schon Paragraphen, was alles einen Bann ausloeste.
Es gab Ansaetze, den Klerus bis hin zum Dorfpastor zu verdoppeln - aber niemand fuehlte sich wohl dabei, unsicher darueber, was die religioese Wirkung davon sein wuerde. Die Mehrheit Europas scheint sich dann nach Rom orientiert zu haben, egal wer Papst sei, sogar die Franzosen.
Die Gerichts-Entscheide aller Gerichte und Notare, die keine alten Frei-Stuehle waren, konnte jeder leicht anfechten, daher boomten die Freigerichte damals in notariellen Angelegenheiten, aus irgendeinem Grund waren die Freistuehle, die unter freiem Himmal zu tagen hatten, aus vorkarolingischer Zeit her, noch nicht voll mit dem Kaiser- oder Papst-Problem so betroffen. Auch nicht die muendlichen Gerichte der Hanse.
Man kann sich kaum vorstellen, wie schnell damals die Welt ohne eine gesicherte Rechtsprechung verwahrloste - ich las mal, so bis ca.1400 waren über 90 Prozent der Menschen obdachlos und irrten durch die Lande. Normale Geschichtsbuecher sehn ja meist nicht so auf die Rolle des alltaeglichen Rechts-Zweifel-Schlichtens oder der Rolle von Gesetzen im Hintergrund.
In diesem Fall sah man auch, was passieren konnte, wenn man vom Rechtsgefuehl her meinte, etwas "Selbstverstaendliches" (wie: dass ein erzwungener Wahl-oder Rechts-Akt nicht in Kraft treten koenne) nicht aufschreiben oder wenigstens von dazu befugten Koerperschaften entschieden haben zu muessen.
Das war z.B. fuer Juden auch so brisant, nach 70ndZ, als nun voll unterworfene Provinz, die seit der Perserzeit auf einem Hohepriester-Staats-Modell fundiert war (was in Aegypten mehrere waren) - aus diesem "Priester-Aristokraten"-Bestand heraus ein autonomes Erb-Koenigreich erkaempft zu haben, von Republik Rom, die ihnen dabei half, anerkannt, von derselben Republik durch Pompeius zu einer ersten Pflicht-Abhaengigkeit gebracht, von derselben Republik einen Nicht-Priester als Koenig aufgezwungen zu kriegen (Herodes) - dessen Soehne dann unter dem Kaiser nur noch 4-Teilfuersten waren, die man halt noch Koenig nennen konnte
- und nun hatten grad radikale Splitter-Gruppen aus der politischen Priesterschaft sich (anscheinend überreizt wegen der endgueltigen Tempel-Beraubung 66ndZ durch einen Prokurator) den 4-Jaehrigen Krieg mit Rom eingehandelt - und die Schliessung des Heiligtums.
In dem Belagerungs-Wahnsinn waren sowohl der Hohepriester als auch der Lehrhaus-Patriarch ums Leben gekommen, der oberste Rechts-Entscheider, "Nassi" genannt Hochschul-Rektor, und Leiter des Richter-Kollegiums "Aw Beth Din" genannt
- ein unter Herodes vererblich gemachter Kleinfuersten-Rang, in Personal-Union beider Aufgaben, was er wohl ohnehin diktator-maessig bei Bedarf "topte".
Zu unterscheiden ist, dass man seitens Rom zwar das Kultus-Zentrum wegen Aufstands platt-machte und kuenftig die religioese Kopfsteuer an das Heiligtum fuer Jupiter erhob, aber es nicht gegen die juedische Religion, Nation, "Rasse" oder Rechtsprechung ausdehnte.
Die aus Jerusalem entkommenen Rechts-Kapazitaeten um Johanan b.Zaqaj konnten schon waehrend des Kriegs an der Kueste anfangen, ueber einen neuen Rechts-Gebilde-Zustand nachzudenken, indem sie in Jawne schon wieder Schule halten, Recht fuer's Volk entscheiden und Richter ausbilden konnten
- ich hab das nicht abwertend gemeint, wenn ich von "losen Edikt-Sammlungen" und vom Beauftragen der vor Ort existenten eroberten Rechtsprechung sprach. Darin waren die praktischen Roemer offensichtlich einsame Spitze, dass das anscheinend irgendwie auch vor sich hin funktionerte.
Aber als ich mich mal tiefer informierte, wie man eigentlich an den Justinianischen Codex gekommen ist, also was nun ein "kodifiziertes Recht" ist, auf das man sich reichsweit berufen konnte - das ist schon ein Unterschied an Rechtssicherheit, warum sie es haben wollten.
Etwas Vergleichbares - meine ich - hatte der Codex Hamurabi im fruehen Altertum erstellt, von dem zweifellos eine gute Portion in die Bibel und das juedische Recht einging. Es wird ja dazu berichtet, dass der Schwiegervater von Moses dies einbrachte, nachdem sie auf dem Wege waren, ein Volk zu sein - noch ohne bestimmte Vorstellungen, was wir am Sinai wollten oder sollten. Urspruenglich ging ja es um 3 Tage dort Beten des ganzen Nachkommen-Volkes "plus den Rindern".
Ich suche noch eine gute Quelle, um genauer zu erfahren, wie es eigentlich in Aegypten juristisch funktionierte, denn das muss schon vor dem Alten Reich eine Aufgabe der Schreiber-Kaste gewesen sein (als sie noch nichtmal schrieben). Die paar hundert Jahre dort begann man ja auch um UNU (Heliopolis) zu einem "Kanzler" Josef gehoerig. Da war die Hochschule fuer aegyptischen Prophetismus - auch eine Rechtsschule mit eigenem Ober-Priestertum.
Also in Jawne leitete erst der alte Johannan den Rekonstruktions-Versuch und sie sammelten Alte wie ihn, die sich noch so nah wie moeglich an die Zeit unter Hillel d.A. erinnern konnten
- jeden bezeugbaren alten eigenen Rechtsbrauch, jede Erzaehlung von vorher, soweit sie nicht in der Hl.Schrift stand - und ueberhaupt, auch Entscheidungen, was denn nun die eigensten Hl.Schriften waren (es waren noch unklar, wie man Hohelied und Koheleth einstufen sollte).
Der Sohn des letzten Patriarchen war auch davongekommen, aber erst 20j - Gamaliel b.Simon II nachher, aber erst nach 10 Jahren zum Vorsitz der Versammlungen berufen. Anfangs klappte das nicht so mit ihm, er schloss zuviele Leute vom Mitstudieren aus und stellte auch mal sehr geachtete Richter fuer "Disziplinlosigkeit" (ihm nicht zustimmen zu koennen, ob etwas rechtlich so ueberliefert war) bloss, und schliesslich setzte die Versammlung ihn ab und waehle einen sehr jungen Gelehrten, man sagt, einen 17-Jaehrigen, zum Vorsitz.
Nachher bat der abgekanzelte alte Gelehrte darum, ihn als Nassi wieder auf en Vorsitz zurueckzubitten, und sie machten es dann wohl wieder so wie frueher: 2 Haeupter - 3 Wochen der erbliche Nassi, 1 Woche der junge, "Aw Beth Din", und regelten, dass man sich in dieser Schule und Situation bei Rechtsentscheiden der Mehrheit und Erinnerung, was war, zu fuegen habe und keiner noch so guten Einzelmeinung - andernfalls man aus ihnen verbannt wuerde.
Letzteres passierte auch prompt 2 Koryphaeen, der eine erklaerte es seinem Sohn: seine Erkenntnis fusste auf einem bereits gehabten Rechtsentscheid mit Mehrheit - von frueher. Das war sein Bestes Wissen. Der Sohn solle sich aber der jetzigen Mehrheit fuegen und nicht der Ansicht des Vaters einfach treu bleiben, denn der Sohn habe die nur von 1 Menschen gehoert.
- Im Uebrigen: in den Bann gesetzt zu werden, tat keinen Abbruch dem gegenueber, was sie bis dahin entschieden hatten. Es war nur ein Faktum und nicht unehrenhaft. Aegypter haben zeitweise Leute auch rueckwirkend geloescht.
Im uebrigen wurde dies sofort nach Gamliel's Tod neu durchdacht und insoweit geaendert, dass man nur fuer etwas den Bann bekommen soll, was wirklich gegen die Lehre selbst gerichtete Aeusserungen sind. Und das Aussperren von Lernwilligen hatte man schon vor seiner Rueckberufung in den Vorsitz beendet. - Er hatte soviel Besorgnis gezeigt, die Institution muesste sich mit abweichend meinenden Schuelern abplagen. Das war schon lange kein Problem.
Mehr noch: nach ihm liess man sich recht viel Zeit damit, einen neuen Nassi oder ueberhaupt Versammlungs-Vorsteher zu waehlen und tagte auch an mehreren Orten, und zeitweise nur wegen einiger Rechts-Entscheide, die eine Versammlung beraten musste, falls es da kompliziertere Widersprueche gab. Dazu rief man die Leute eben aktuell nach irgendwohin zusammen, wer konnte, kam. Keiner war ja hauptberuflich Rechts-Gelehrter, sondern jeder schlug sich mit irgendwelchen anderen Berufen durch. Das empfahl und praktizierte ja auch schon Hillel d.A. so.
Es ist immer wieder schwer zu erklaeren - Judentum ist eine Religion, der Recht und Gesetz heilig sind, weil Gerechtigkeit jedem Menschen zusteht, ob er juedisch ist oder nicht, ob arm und ohne Einfluss oder reich und mit, und ein "Paragraph" darin ist auch, sich Recht und Gesetz anderer ebenso interessiert zu fuegen, solange die es uns gestatten, dieses unser Recht zu pflegen und zwar um unseres G0TTES willen.
Unser Recht ist, wie es ist, und wenn wir dies oder das nicht praktizieren koennen, lernen wir es trotzdem weiter, fuer den Fall, dass es wieder in unsere Moeglichkeiten kommt, z.B. alle Gesetze des Opfer-Heiligtums, alles an Land-Arbeits-Geboten, auch wenn man kein Land hatte, alles, was Maenner angeht, auch wenn man eine Frau ist.
Um das ueber die Jahrtausende weiter zu moegen, so als Volk dazu, hat es eben diese Auslegungs-und Predigt-Varianten gegeben und gibt immer weitere. - Es kommt ja auch nur darauf an, unter was fuer staatlichen Lebensbedingungen man einander dazu animieren muss oder moechte.
Ein Phaenomen, das wir seit den 1990er Jahren wieder erleben, ist, dass jemand, der nichts mehr gelehrt bekam, aber wieder auf Gemeinden mit Lernmaterial kommt, sich sehr dafuer begeistern kann, es einfach wieder mal zu halten, was da alles geboten wurde.
Es lernt sich wirklich charmanter als ein BGB oder StGB.
nochmals Pessach Schalom
mfG WiTaimre :)

