(16-10-2010, 19:39)t.logemann schrieb: Was ist denn ein Fakt? Wer legt die Rahmenbedingungen für einen Fakt fest, sind diese allgemein anerkannt und vor allem - sind sie frei von jeglicher Manipulation? …- wie verhält es sich aber, wenn "einer" aus den ihm zur Verfügung stehenden Informationsquellen ein Bild erstellt, das ein "anderer" in das Reich der Märchen oder Lüge verschiebt, weil ihm erstens die Quellen nicht zur Verfügung stehen und ihm zweitens der eigene intellektuelle Zugang zu diesen Quellen verwehrt ist, …Fakt oder Tatsache ist nicht ein Bild, eine Ansicht oder Modell, sondern etwas Messbares (in einem weiten Sinne. Es kann auch anfassbar, fassbar oder definiert sein - Kategorie C -). Fakten sind so z. B. auch anerkannte, historische Gegebenheiten, Feststellungen aus der Semantik (sprachliche Regeln), Spielregeln und gesellschaftliche Grundregeln.
Zunächst zu „Bildern“, die sich aus (historischen) Quellen ergeben, die jemand anderes nicht überprüfen kann. Dieser Andere „verschiebt“, wie du sagst, die „Bilder“ (Vorstellungen, Modelle) ins Reich der Lüge (sagen wir es mal so hart).
Was hier genau geschieht, ist Folgendes:
Der Sender verkauft sein „Bild“, das streng genommen eine mehr oder minder wahrscheinliche Hypothese (Annahme) ist, als verbindlich oder zutreffend. Das ist genau mein Fall 2a).
Meiner privaten Meinung nach besteht die Lüge darin, dass das „Bild“ (aus deinem Beispiel) als „wahr verkauft“ wird, obwohl es hypothetischen Charakter hat. Das haben alle historischen Modelle oder "Bilder" so an sich. Es ist daher immer gut, solche „Bilder“ als Bild (ohne Anführungszeichen!), Meinung, eigene Ansicht, Vermutung zu beschreiben. Noch besser ist es, wissenschaftliche Minderheitsmeinungen zum gleichen „Bild“ zu erwähnen, dann ist die „Faktenlage“ klar erkennbar und kann nicht als Märchen oder Lüge hingestellt werden.
(16-10-2010, 19:39)t.logemann schrieb: Für beide Personen ist der eigene informelle Zugang Fakt - und trotzdem können beide Personen den Zugang des jeweils "anderen" nicht als Fakt akzeptieren; einer bezeichnet deswegen den anderen versteckt als "Lügner".Nein, diese Ansicht halte ich für nicht korrekt. Unter Historikern gibt es diesen Fall häufig. Die eigentlichen Fakten sind nicht die „Bilder“ (Ansichten, Hypothesen, Modelle), sondern Schriftrollenschnipsel, Bruchstücke von Sarkophagen, Tonscherben, Feuerungsreste, Isotopenzusammensetzungen, Gasreste, Pollen usw. Die modellhaften Abläufe, die Feiern, die Zeremonien, die Ansichten der früheren Völker, ihre Religion gehören zur großen semantischen Gruppe der Mutmaßungen – und sind weder wahr noch falsch, sondern bestenfalls wahrscheinlich, eher nur plausibel.
Ich persönlich bleibe solchen „Bildern“ gegenüber immer skeptisch, würde aber von „Lüge“ nur dann sprechen, wenn sie als Fakt angegeben werden. Das sind sie definitiv nicht.
Zurück zu „anerkannten Fakten“! Ja, es gibt historische Modelle, die mehr sind als Hypothesen. Dagegen eigene Theorien zu stellen, bedarf mehr als einfach nur irgendeiner anderen Hypothese! Selbstverständlich kann ein anerkanntes historisches Modell fehlerhaft sein. Um diese Fehler aber aufzudecken, bedarf es „neuerer Funde“, genauerer Übersetzungen, neuerer physikalischer oder chemischer Methoden usw.
Die Lüge besteht auch nicht in den Aussagen des Modells („Bildes"), sondern in dessen allgemein verbindlicher Verwendung. Das geschieht leider immer wieder, entspricht aber nicht der wissenschaftlichen Methode, bei der die Redlichkeit verlangt, dass Modelle ("Bilder") die derzeit beste Zusammenschau aller prüfbaren Fakten darstellt und mehr nicht!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard