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Organisation des NS Staats
#8
Dazu zwei Beiträge. Vielleicht kannst Du damit was anfangen.

Von den Anfängen des NS-Regimes (bis zum Reichstagsbrand)

In der NS-Terminologie galt der 30.1.1933 als das Datum der "Machtergreifung".

Das ist irreführend. Die passenderen Bezeichnungen für diesen Tag findet man in der neueren Literatur auch mit "Machtübergabe", "Auslieferung des Staates" u.a. wiedergegeben.

Die eigentliche "Machtergreifung" fand in den Wochen und Monaten nach dem 30.1.1933 statt. In diesen Wochen und Monaten wurde als prozesshaftes Ganzes die NS-Herrschaft mit äußerster Zielstrebigkeit etabliert. Pseudolegale Maßnahmen der Regierung wurden durch terroristischen Druck der Kampfverbände der Partei unterstützt. Die letzten noch vorhandenen Fundamente des demokratischen Verfassungsstaats wurden in kürzester Zeit zerschlagen.

Der Aufbau der "neuen (nationalsozialistischen) Ordnung" ging weniger rasch über die Bühne. Ein wesentlicher Grund dafür ist in dem Umstand zu suchen, dass die Verbände und Kampfgruppen der Partei - abgesehen von der mit nahezu religiöser Verehrung ihres "von der Vorsehung" auserwählten Führers und der Hoffnung auf ein möglichst rasches Fortkommen in der Hierarchie und damit verbundenen ertrag- und einflussreichen Positionen im Apparat - vorerst kaum deckungsgleiche ideologische Ausrichtungen hatten. Dazu waren die Konzepte, die anfangs kollaborierenden nationalkonservativen Elemente ganz auf nationalsozialistische Linie zu bringen, nicht erfolgreich.

Am 4.2.1933 wurde die - noch von der "Regierung Papen" (unter dem Eindruck des Berliner Verkehrsstreiks) entworfene, dann aber zurückgehaltene - "Notverordnung zum Schutze des deutschen Volkes" (Schubladenverordnung) verlautbart. Mit dieser Verordnung war u.a. die Vollmacht zur Einschränkung der "Versammlungs- und Pressefreiheit" gegeben.

Da die Nationalsozialisten in einigen kleineren Ländern - etwas später aber auch in Preußen - die Polizei in der Hand hatten, erwiesen sich die dehnbaren Begriffe der Notverordnung als hervorragendes Werkzeug, eine Willkürherrschaft einzurichten.

Von den meisten demokratisch-republikanisch gesinnten Beamten war der Polizei- und Verwaltungsapparat schon seit Juli 1932 (Preußenschlag) gesäubert worden. Nunmehr wurden auch die letzten Spitzenbeamten, die den Sozialdemokraten, dem Zentrum oder der Staatspartei nahestanden, abgelöst. Die Nationalsozialisten mussten zwar vorläufig noch auf die Nationalkonservativen Rücksicht nehmen, die Schüsselpositionen aber wurden mit treuen Gefolgsleuten besetzt. Leute wie der Berliner SS-Gruppenführer Kurt Deluege (als Chef der Berliner Polizei) erwiesen sich später als besonders nützlich und durchschlagskräftig.

Göring ging als geschäftsführender preußischer Innenminister gegen die politischen Gegner besonders scharf vor. Vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten hatten ständig mit schikanösen Hausdurchsuchungen, Zeitungsbeschlagnahmen, Versammlungsverboten und durch von der Polizei geduldete Übergriffe der SA- und SS-Schlägertrupps zu leiden.

Zwar saßen im Leipziger Reichsgericht noch ein paar aufrechte Juristen, die einige besonders grob rechtswidrige Erlässe wieder aufhoben, doch ließ sich Göring dadurch nicht beirren und verordnete der Polizei am 17.2.1933 einen Schießerlass, um gegen staatsfeindliche Organisationen rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.

Am 27.2.1933 stand das Berliner Reichstagsgebäude in Brand.

Ein holländischer Kommunist, Marinus van der Lubbe, wurde verhaftet und gestand, den Reichstag in Brand gesteckt zu haben.

Die preußische Polizei reagierte noch in derselben Nacht.

Kommunisten wurden (mit Hilfe bereits vorbereiteter Listen) verhaftet, ihre Zeitungen wurden unbefristet verboten, sozialdemokratische Zeitungen vorläufig auf die nächsten 14 Tage.

Flugblätter mit der Aufforderung "zerstampft den Kommunismus, zerschmettert die Sozialdemokratie" wurden sofort in Umlauf gebracht.

Hindenburg unterzeichnete schon am nächsten Tag eine von der Regierung vorgelegte Notverordnung zum Schutze von Volk und Staat (Reichstagsbrandverordnung), die wichtigsten Grundrechte der Weimarer Verfassung (Freiheit der Person, Recht auf Meinungsäußerung, Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit, etc.) wurden außer Kraft gesetzt.

Das war der entscheidende Schritt des (damals noch nicht allmächtigen) Hitler-Regimes in Richtung Diktatur.

Der Politikwissenschafter Ernst Fraenkel nannte die Reichstagsbrandverordnung "Constitutional Charter" (Verfassungsurkunde) des Dritten Reichs.

Der behördlichen Willkür waren nun kaum Grenzen gesetzt. Polizei und, was noch schlimmer war, die SA/SS-Hilfspolizei konnten mit "vorbeugenden Maßnahmen" politisch unliebsame Personen in "Schutzhaft" nehmen und das Vorgehen in diesem Zusammenhang jeder rechtsstaatlichen Kontrolle entziehen.

Bis Mitte März wurden alleine in Preußen etwa 10000 Personen verhaftet.
MfG B.
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Organisation des NS Staats - von Schmettermotte - 09-11-2010, 12:28
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