21-12-2010, 08:50
seltsame frage, wird jetzt so mancher meinen - zumal in einem diskussionsforum zu religionen gestellt. dennoch: immer wieder mal wird, mehr oder weniger durch die blume, nahegelegt, bestimmte religiöse aspekte dürften nicht diskutiert werden, oder bestimmte menschen dürften sich nicht zu religiösen dingen äußern
versuchen wir das mal aufzudröseln
fürs erste möchte ich unterscheiden zwischen glauben als persönlicher überzeugung und religion als sozusagen organisiertem glauben. sowie präzisieren, daß mit diskussion ein austausch auch verschiedener sichtweisen, meinungen und argumente gemeint ist
der persönliche glaube, wenn als solcher vorgebracht, steht imho außerhalb der diskussion. er kann bloß interessiert zur kenntnis genommen werden
wenn etwa gesagt wird: ich empfinde gott/das göttliche, wenn ich in der natur bin (schmettermotte?), wenn ich mich meditativ versenke (zafira?), wen ich die gemeinschaft mit anderen in gesellschaftlicher verantwortung lebe (ekkard?) - dann sind das beschreibungen der eigenen persönlichkeit bzw. eines aspekts dieser persönlichkeit. man muß sie nicht nachempfinden können, man darf auch nachfragen, wie das konkret abläuft (also interesse daran zeigen, es nachvollziehen wollen) - man kann es aber nicht kritisieren oder gar widerlegen
diese persönliche (glaubens)haltung kritisieren oder diksutieren zu wollen, ist etwa so sinnvoll, wie darüber zu streiten, ob nun die beatles oder die rolling stones die größten waren. oder der wahre modelleisenbahnfan trix oder märklin haben muß
anders wird die sache, wenn ein über das subjektiv persönliche hinausgehender überpersönlicher, intersubjektiv gültiger anspruch erhoben wird. indem etwa von sich auf andere geschlossen wird (weil ich das so empfinde, ist das auch so, und wer anders empfindet, der ist im unrecht oder macht zumindest was falsch), oder indem man sich auf den qua religion strukturierten glauben beruft:
"es steht geschrieben, daß... also ist das so"
solche ansprüche könen, ja müssen vielleicht sogar, selbstverständlich diskutiert werden. indem etwa entgegengehalten wird: ich sehe das aber ganz anders, nämlich so und so - vielleicht auch: ich sehe das anders, weil...
oder auch: wenn da geschrieben steht, daß..., und aber auch geschrieben steht, daß... (oder: und aber klar ersichtlich ist, daß... - z.b. durch realen befund) - dann ist das widersprüchlich und kann nicht sein, oder es folgt eben nicht b aus a
und dann kann und wird diskutiert werden. jeder wird seine argumente und begründungen vortragen, und sie werden gegeneinander abgeglichen werden. wobei man sich natürlich an die regeln eines vernünftigen diskurses zu halten hat, d.h.: argumente sind gültig, wenn sie den üblichen kriterien an rationale logik entsprechen
leider wird gerade von letzterem nicht selten abgewichen. gültig sein soll dann, was transzendente autorität besitzt (unabhängig vom eigentlichen aussagewert, weil "glaubenswahrheit"). sich zu wort melden und mitreden dürfen sollen dann nur diejenigen, die a priori schon auf einer bestimmten linie liegen, bestimmte axiome akzeptieren ("der nicht gläubige kann das das sowieso nicht verstehen und darf sich daher auch nicht eine meinung oder gar wertung zu religiösen fragen anmaßen")
(ein sonderfall sind diejenigen, die die eigene meinung selbstverständlich als "wahrheit" bzw. "richtig" betrachten, was auch gar nicht erst weiter belegt werden muß, sondern schlicht zu akzeptieren ist)
aus einer solchen "argumentativen" haltung resultieren dann sehr schnell ins persönliche gehende wertungen. argumente und begründungen werden dann nicht mehr an der sache festgemacht, sondern an der person. sei es per pauschalisierender verallgemeinerung (atheisten/gläubige sind halt so), sei es durch pathologisierung (der argumentiert ja nur deshalb so, weil er aufgrund traumatisierung/sozialer/psychischer manipulation nicht anders kann) oder schlichter emotionalisierung (du bist doch nur dagegen, weil du mich/atheisten/gläubige einfach nicht leiden kannst)
das sind imho die fallstricke einer (nicht nur, aber anscheinend insbesondere der) religiösen diskussion. dennoch möchte ich meine frage
kann man über religion diskutieren?
beantworten mit:
man kann
man soll dabei nur sorgfältig vorgehen - vielleicht auch, sich der genannten fallstricke bewußt sein und sie zu vermeiden suchen
versuchen wir das mal aufzudröseln
fürs erste möchte ich unterscheiden zwischen glauben als persönlicher überzeugung und religion als sozusagen organisiertem glauben. sowie präzisieren, daß mit diskussion ein austausch auch verschiedener sichtweisen, meinungen und argumente gemeint ist
der persönliche glaube, wenn als solcher vorgebracht, steht imho außerhalb der diskussion. er kann bloß interessiert zur kenntnis genommen werden
wenn etwa gesagt wird: ich empfinde gott/das göttliche, wenn ich in der natur bin (schmettermotte?), wenn ich mich meditativ versenke (zafira?), wen ich die gemeinschaft mit anderen in gesellschaftlicher verantwortung lebe (ekkard?) - dann sind das beschreibungen der eigenen persönlichkeit bzw. eines aspekts dieser persönlichkeit. man muß sie nicht nachempfinden können, man darf auch nachfragen, wie das konkret abläuft (also interesse daran zeigen, es nachvollziehen wollen) - man kann es aber nicht kritisieren oder gar widerlegen
diese persönliche (glaubens)haltung kritisieren oder diksutieren zu wollen, ist etwa so sinnvoll, wie darüber zu streiten, ob nun die beatles oder die rolling stones die größten waren. oder der wahre modelleisenbahnfan trix oder märklin haben muß
anders wird die sache, wenn ein über das subjektiv persönliche hinausgehender überpersönlicher, intersubjektiv gültiger anspruch erhoben wird. indem etwa von sich auf andere geschlossen wird (weil ich das so empfinde, ist das auch so, und wer anders empfindet, der ist im unrecht oder macht zumindest was falsch), oder indem man sich auf den qua religion strukturierten glauben beruft:
"es steht geschrieben, daß... also ist das so"
solche ansprüche könen, ja müssen vielleicht sogar, selbstverständlich diskutiert werden. indem etwa entgegengehalten wird: ich sehe das aber ganz anders, nämlich so und so - vielleicht auch: ich sehe das anders, weil...
oder auch: wenn da geschrieben steht, daß..., und aber auch geschrieben steht, daß... (oder: und aber klar ersichtlich ist, daß... - z.b. durch realen befund) - dann ist das widersprüchlich und kann nicht sein, oder es folgt eben nicht b aus a
und dann kann und wird diskutiert werden. jeder wird seine argumente und begründungen vortragen, und sie werden gegeneinander abgeglichen werden. wobei man sich natürlich an die regeln eines vernünftigen diskurses zu halten hat, d.h.: argumente sind gültig, wenn sie den üblichen kriterien an rationale logik entsprechen
leider wird gerade von letzterem nicht selten abgewichen. gültig sein soll dann, was transzendente autorität besitzt (unabhängig vom eigentlichen aussagewert, weil "glaubenswahrheit"). sich zu wort melden und mitreden dürfen sollen dann nur diejenigen, die a priori schon auf einer bestimmten linie liegen, bestimmte axiome akzeptieren ("der nicht gläubige kann das das sowieso nicht verstehen und darf sich daher auch nicht eine meinung oder gar wertung zu religiösen fragen anmaßen")
(ein sonderfall sind diejenigen, die die eigene meinung selbstverständlich als "wahrheit" bzw. "richtig" betrachten, was auch gar nicht erst weiter belegt werden muß, sondern schlicht zu akzeptieren ist)
aus einer solchen "argumentativen" haltung resultieren dann sehr schnell ins persönliche gehende wertungen. argumente und begründungen werden dann nicht mehr an der sache festgemacht, sondern an der person. sei es per pauschalisierender verallgemeinerung (atheisten/gläubige sind halt so), sei es durch pathologisierung (der argumentiert ja nur deshalb so, weil er aufgrund traumatisierung/sozialer/psychischer manipulation nicht anders kann) oder schlichter emotionalisierung (du bist doch nur dagegen, weil du mich/atheisten/gläubige einfach nicht leiden kannst)
das sind imho die fallstricke einer (nicht nur, aber anscheinend insbesondere der) religiösen diskussion. dennoch möchte ich meine frage
kann man über religion diskutieren?
beantworten mit:
man kann
man soll dabei nur sorgfältig vorgehen - vielleicht auch, sich der genannten fallstricke bewußt sein und sie zu vermeiden suchen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)

