25-12-2010, 15:42
(23-12-2010, 14:21)qilin schrieb:(23-12-2010, 08:54)t.logemann schrieb: [...]
'Die Beurteilung eine Textes nach Sachaussage' ist natürlich vom Verständnis des Einzelnen abhängig - darum kann man sich darüber ja austauschen. "Gott ist allmächtig" ist z.B. eine Sachaussage - was jemand mit 'Gott' und 'allmächtig' meint, ist vermutlich schnell abgeklärt - die Diskussion fängt damit aber erst an...
Hallo qilin,
ich denke auch, dieser Dein Ansatz führt weiter:
"Gott ist allmächtig" kann als Sachaussage genommen werden.
Im Kommunikationsquadrat oben ist so etwas nicht eingebaut, weil es da gar nicht um philosophische oder religiöse Dinge geht, aber es kann so wie Du sagst wohl erweitert werden.
Obwohll ich persönlich den Begriff "Sachverhalt" vorziehen würde. Das würde dann allerdings mit Wittgensteins Tractatus kollidieren, in dem Sachverhalte, die theoretisch gar nicht überprüft werden können, keine Sachverhalte sind.
"Der Kölner Dom ist 37 km hoch" wäre dann ein Sachverhalt - Sachen verhalten sich zueinander -, obwohl die Aussage falsch ist.
Die Höhe des Domes ist aber nachmessbar, darum ist auch die Angabe der falschen Höhe ein ausgedrückter Sachverhalt.
(Dieses Beispiel habe ich aus Wikipedia, ich paraphrasiere es jetzt aus dem Kopf, bitte um Nachsicht, wenn ich die Quelle jetzt nicht suche).
Nach Wittgensteins Traktat wäre die Aussage "Gott ist allmächtig" kein Sachverhalt. Denn er kann nicht überprüft werden.
Ich führe diesen Gedanken weiter unten noch ein wenig weiter, obwohl es in diesem Thread - erst mal - nicht um diese strenge Formulierung geht, meine ich.
Hier in diesem Thread kann "Gott ist allmächtig" als Sachaussage gewertet werden, weil es ja darum geht, in solchen Formulierungen die Sachebene von der Beziehungsebene, von der Ebene der Selbstaussage und der Appellebene zu trennen.
Hier in dem Thread - geht man vom Kommuniationsquadrat aus - werden die verschiebenen Ebenen der Mitteilung unterschieden:
User X will mitteilen: "Gott ist allmächtig".
Das kann im Kontext genervt klingen, weil jemand das partout nicht verstehen will und er das endlich akzeptieren solle, ansonsten es ihm schlecht ergehe. Das nur als Beispiel. ->
Das wäre die Appellebene - nimm meine Aussge als richtg an - und die Beziehungsebene - ich weiß es besser als du, ich hab es dir schon hundertmal gesagt, kapier es endlich.
Die Sachaussage - "Gott ist allmächtig" ist also nicht das Einzige, was man mitteilen will, sondern auch dies, dass man dies zu glauben habe und dass der andere offenbar schwer von kapeh ist.
Die Aussage des Kommunkationsquadrats ist also keineswegs, dass man sich nur auf die Sachaussage beschränken solle, sondern genau umgekehrt: dass es nicht möglich ist, sich nur auf diese zu beschränken. Jede Information läuft auf mehreren Ebenen ab.
Das heißt: in dem Moment, wo Kommunkation eintritt, wo ein Ich sich an ein Du wendet, laufen mehrschichtige Prozesse ab. Das sei nicht verhinderbar.
So, und jetzt komme ich zu dem anderen Punkt, den ich erst mal ausgelassen hatte:
Karla schrieb:Nach Wittgensteins Traktat wäre die Aussage "Gott ist allmächtig" kein Sachverhalt. Denn er kann nicht überprüft werden.
und
(23-12-2010, 14:21)qilin schrieb: "Gott ist allmächtig" ist z.B. eine Sachaussage - was jemand mit 'Gott' und 'allmächtig' meint, ist vermutlich schnell abgeklärt - die Diskussion fängt damit aber erst an...
MIr geht es erst mal darum, dass "Gott" und "allmächtig" eben gerade nicht schnell geklärt werden kann. Nicht einmal das "ist" ist schnell geklärt. Alle drei Begriffe - vor allem der erste und der letzte - sind hier im Forum noch nie geklärt worden.
Und das liegt eben daran, dass sie nicht intersubjektiv definiert werden können. Und was "Gott ist" bedeutet - im semantischen Sinn - ist auch nicht geklärt worden.
Es gibt hochinteressante sprachliche Untersuchungen - in der Nachfolge von Wittgenstein, z.B. Rudolf Carnap ("Scheinprobleme in der Philosophie") -, die aufzeigen, dass Alltagssprache und Grammatik in obigem Satz z.B. äußerst unpräzise angewandt werden. Also mit der Sprache eine Aussage treffen, die Nonsens ist.
Es gibt aber inzwischen noch interessantere sprachphilosophische Arbeiten, die aufzeigen, welche semantischen Aussagen in einem Begriff wie "Gott" oder "existieren" mitgemeint sind.
Begriffe sind dann, wie ich immer meine, "Kürzel" für einen Riesenkompex von Wahrgenommem und Erkannten.
Soll die Aussage also verstanden werden, kann man nicht über den Wahrheitsgehalt des Wortes diskutieren, sondern über den Wahrheitsgehalt des Wahrgenommenen und Erkannten, das mit einem Begriff nur zusammengefasst ist.
Kommunikation steht oder fällt also auch damit, dass man nicht auf die Begriffe an sich reagiert, sondern auf das, was der Einzelne mit dem jeweiligen Begriff zusammenfasst.